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Schöne Neue Welt

Schöne Neue Welt

Titel: Schöne Neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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etwa.
    -135-

    »Ach, Magnesiumsalze und solche Sachen. Alkohol, damit Deltas und Epsilons klein und unterentwickelt bleiben,
    Kalziumkarbonat für die Knochen und alles solches Zeug.«
    »Und wie macht man Chemikalien? Woher kommen sie?«
    »Ja, das weiß ich nicht. Sie kommen jedenfalls aus Fla schen.
    Und wenn die leer sind, läßt man sie im Chemikalienlager wieder auffüllen. Ich glaube, die Leute dort stellen sie her, oder sie lassen sie aus der Fabrik kommen. Ich weiß es nicht, mit Chemie habe ich mich nie befaßt. Ich war bei den Embryos beschäftigt.«
    So ging es auch mit allen anderen Fragen. Nie schien Filme eine Antwort zu wissen. Die Greise des Pueblo wuß ten viel bestimmtere Antworten.
    »Die Samenkörner der Menschen und aller Geschöpfe, das
    Samenkorn der Sonne und das Samenkorn der Erde und das
    Samenkorn des Himmels hat Awonawilona aus dem Nebel des
    Werdens erschaffen. Vier Schöße hat die Welt, und in den untersten Schoß legte er die Samenkörner.
    Und da begannen sie langsam zu wachsen...«
    Eines Tages (er schätzte, daß es bald nach seinem zwölften Geburtstag gewesen sein mußte) fand er beim
    Nachhausekommen auf dem Boden des Schlafraums ein Buch,
    das er nie zuvor gesehen hatte. Es war ein dickes Buch, das sehr alt aussah. Mäuse hatten den Einband angefressen, und einige Seiten waren lose und verknittert. Er hob es auf und las den Titel: »William Shakespeares Sämtliche Werke«.
    Filine lag auf dem Bett und schlürfte aus einer Tasse das greuliche, stinkende Mescal. »Pope hat es gebracht«, sagte sie.
    Ihre Stimme war bewegt und rauh und fremd. »Es lag in einer Truhe im Antilopenkiwa. Dort soll es schon Jahrhunderte
    gelegen haben. Das wird wohl stimmen, denn ich habe es mir angesehen, und es scheint mir lauter Unsinn zu sein.
    Unzivilisiert! Aber gut genug für deine Leseübungen.« Sie nahm
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    noch einen Schluck, stellte die Tasse neben das Bett auf den Boden, drehte sich auf die andere Seite, rülpste ein paarmal und schlief ein.
    »- zu leben Im Schoß und Brodem eines eklen Bettes, Gebrüht in Fäulnis, buhlend und sich paarend Über dem garst'gen Nest -
    «Die seltsamen Worte rollten durch sein Hirn, grollend wie sprechender Donner; wie die Trommeln bei den Sommertänzen, wenn sie hätten reden können; wie die Männer beim
    Erntegesang; schön, ach schön, daß man weinen mußte; wie Mitsima, der Greis, wenn er seine Zaubersprüche über den Federn, geschnitzten Stöcken, Knochen und Steinen sagte -
    kiathla tsilu silokwe silokwe silokwe. Kiai silu, silu, tsithl -, nur viel eindrucksvoller als Mitsimas Zaubersprüche, weil sie mehr bedeuteten, sich an ihn selbst richteten; wunderbare, nur halb verständliche Worte, ein schrecklich schöner Zauberspruch über Filine, die schnarchend dalag, die leere Tasse neben dem Bett auf dem Lehmboden; ein Zauberspruch über Filine und Pope...
    Filine und Pope...
    Er haßte Pope immer mehr. Daß einer lächeln kann und doch ein Schurke sei! Fühlloser, falscher, geiler, schnöder Bube! Was hieß das eigentlich? Er begriff es nur halb. Aber die Zauberkraft der Worte war groß und grollte weiter in seinem Kopf. Fast schien es, als hätte er Pope nie zuvor gehaßt; ihn nie wirklich gehaßt, weil ihm die Worte gefehlt hatten, um auszusprechen, wie sehr er ihn haßte. Aber nun gebot er über diese Worte, die Trommeln, Gesang und Zaubersprüchen glichen. Diese Worte und die über alle Maßen seltsame Geschichte, der sie
    entnommen waren - er konnte sie sich freilich nicht
    zusammenreimen, aber sie war dennoch wundervoll, ganz
    wundervoll -, gaben ihm einen Grund für seinen Haß gegen Pope, machten seinen Haß wirklicher; machten sogar Pope wirklicher.
    Eines Tages kehrte er vom Spielen heim und sah durch die offenstehende Tür, wie die beiden im Bett schliefen die weiße
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    Filine, und neben ihr der fast schwarze Pope, der einen Arm unter ihre Schultern, die andere dunkle Hand auf ihre Brust gelegt hatte. Einer seiner langen Zöpfe lag über ihrem Hals wie eine sie würgende schwarze Schlange.
    Popes Kürbisflasche und eine Tasse standen neben dem Bett.
    Filine schnarchte. Sein Herz schien verschwunden zu sein und nichts als ein Loch an seiner Stelle gelassen zu haben. Er fühlte sich leer. Leer, kalt, fast krank und schwindlig. Halt suchend, lehnte er sich an die Mauer. Fühlloser, falscher, geiler -.
    Wie Trommeln, wie der Bittgesang um den Mais, wie
    Zaubersprüche kehrten die Worte in seinem Kopf immer wieder.
    Sein Frösteln

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