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Schöne Neue Welt

Schöne Neue Welt

Titel: Schöne Neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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Aufsichtsrat zu.
    »Aber diesen Preis müssen wir eben für die Stabilität
    bezahlen. Man muß zwischen dem Glück und dem wählen, was die Leute hohe Kunst zu nennen pflegten. Wir haben die hohe Kunst geopfert. Dafür haben wir Fühlfilme und die Duftorgel.«
    »Aber die haben doch gar keine tiefere Bedeutung.«
    »Sie bedeuten, was sie sind: angenehme Empfindunge n für das Publikum.«
    »Aber diese Filme - sie sind ›erzählt von einem
    Schwachkopf‹.«
    Der WAR lachte. »Sie sind nicht eben höflich gegen Ihren Freund, Herrn Holmes-Watson. Einer unserer hervorragendsten Gefühlsingenieure...«
    »Aber er hat trotzdem recht«, sagte Helmholtz düster.
    »Denn es ist wirklich idiotisch. Schreiben, wenn man nichts zu sagen hat...«
    -222-

    »Stimmt. Aber gerade dazu gehört die allergrößte Begabung.
    Kraftwagen werden aus der kleinstmöglichen Menge Stahl
    erzeugt, Kunstwerke aus fast nichts als bloßem Gefühl.«
    Der Wilde schüttelte den Kopf. »Mir kommt das alles so
    grauenhaft vor.«
    »Kein Wunder. Wirkliches Gefühl sieht immer
    rechtjämmerlich aus, verglichen mit den Überkompensationen für Unglück. Und Beständigkeit bietet natürlich bei weitem kein so packendes Schauspiel wie Unbeständigkeit.
    Zufriedenheit hat nichts vom Ruhmesglanz eines tapferen
    Kampfes gegen Ungemach, nichts vom malerischen Reiz eines Ringens mit der Versuchung oder eines völligen
    Zusammenbruchs wegen Leidenschaft oder Zweifel. Glück ist niemals erhaben.«
    »Vermutlich nicht«, sagte der Wilde nach einer Pause.
    »Aber muß es etwas so Gräßliches geben wie diese
    Dutzendlinge?« Er fuhr sich mit der Hand über die Augen, als suchte er aus seiner Erinnerung das Bild der langen Reihen einheitlicher Zwerge vor den laufenden Bändern, der
    schlangestehenden Dutzendlingsherden vor dem
    Einschienenbahnhof, der Menschenmaden, die über Filines Sterbelager gekrochen waren, und des endlos vervielfältigten Gesichts seiner Angreifer zu verscheuchen. Er betrachtete seine verbundene Hand und schauderte. »Gräßlich!«
    »Aber äußerst nützlich! Sie mögen, wie ich merke, unsere Bokanowskygruppen nicht. Doch ich versichere Ihnen, sie sind die Grundlage des ganzen Gebäudes. Sie sind das Gyroskop, welches die Rakete des Weltstaats auf ihrem unendlichen Flug im Gleichgewicht hält.« Die tiefe Stimme drang ins Mark, die Gebärde der Hand umschrieb das ganze All und den
    unwiderstehlichen Ansturm der Rakete. Mustafa Mannesmanns Redekunst kam fast der synthetischen gleich.
    -223-

    »Ich habe mir schon den Kopf zerbrochen«, sagte der Wilde,
    »wozu ihr diese Gruppen überhaupt habt. Ihr könnt doch in euren Flaschen züchten, was ihr wollt. Warum macht ihr nicht lauter Alpha-Doppelplusse, wenn ihr schon einmal dabei seid?«
    Der WAR lachte. »Weil wir uns nicht die Kehle abschneiden lassen wollen«, antwortete er. »Wir glauben an Glück und Beständigkeit. Eine Gesellschaft aus lauter Alphas muß einfach zu Unbeständigkeit und Unglück führen.
    Stellen Sie sich eine Fabrikbelegschaft aus lauter Alphas vor, das heißt aus lauter verschiedenen,
    unabhängigen
    Persönlichkeiten mit erstklassiger Abstammung und einer
    Normung, die ihnen, in gewissen Grenzen, gestattet,
    Willensfreiheit zu entfalten und Verantwortung auf sich zu nehmen. Stellen Sie sich das vor!« wiederholte er.
    Der Wilde versuchte, es sich vorzustellen, doch ohne viel Erfolg.
    »Es wäre absurd. Ein Mensch, der als Alpha entkorkt und genormt ist, würde wahnsinnig werden, wenn er die Arbeit eines Epsilon-Halbidioten verrichten müßte; er würde wahnsinnig werden oder alles kurz und klein schlagen. Alphas können der menschlichen Gemeinschaft perfekt eingefügt werden, aber nur, wenn man ihnen Alpha-Arbeit überträgt. Nur ein Epsilon kann die Opfer eines Epsilons bringen, aus dem einfachen Grund, daß sie für ihn keine Opfer bedeuten, sondern der Weg des
    geringsten Widerstands sind. Seine Normung hat Schienen vor ihn hingelegt, auf denen er laufen muß. Er kann nicht anders, es ist ihm vorbestimmt. Auch nach der Entkorkung befindet er sich noch immer in einer Flasche, einer unsichtbaren Flasche infantiler und embryonaler Fixationen. Wir alle«, setzte der Aufsichtsrat gedankenvoll hinzu, »gehen natürlich in einer Flasche durchs Leben. Aber wenn wir Alphas sind, dann sind unsere Flaschen sozusagen unermeßlich groß. Wir würden bitter leiden, wenn wir auf engeren Raum beschränkt wären. Man
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    kann nicht Champagnerol der hohen Kasten in Flaschen der

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