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Schöne neue Welt

Schöne neue Welt

Titel: Schöne neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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gewaltiger Baß aus allen Goldtrompeten. »Ford, Ford, Ford -« Neunmal. Sigmund hastete zum Aufzug.
    Die große Halle für Fordtagsfeiern und andere Massenvereinigungssingereien lag im Erdgeschoß. Darüber befanden sich, je hundert in einem Stockwerk, die siebentausend Räume, die von den Eintrachtsgruppen alle vierzehn Tage für ihre Andachten benutzt wurden. Sigmund fuhr in den zweiunddreißigsten Stock hinunter und lief über den Korridor; vor Zimmer 3210 zögerte er einen Augenblick, dann, als er sich gefaßt hatte, öffnete er die Tür und trat ein.
    Ford sei Dank, er war nicht der letzte! Drei von den zwölf Stühlen um den kreisrunden Tisch standen noch leer. Möglichst unauffällig schlüpfte er auf den nächsten Platz, bereit, jeden noch später Kommenden mit Stirnrunzeln zu empfangen.
    Das Mädchen zu seiner Linken wandte sich ihm zu. »Was haben Sie heute nachmittag gespielt? Hindernis oder Elektromagnetisches?«
    Sigmund blickte auf. Allmächtiger Ford, es war Morgana Rothschild! Errötend gestand er: keines von beiden.
    Erstaunt starrte ihn Morgana an. Es herrschte beklommenes Schweigen zwischen ihnen. Dann kehrte sie ihm abrupt den Rücken zu und wandte sich an den sportlicheren Mann auf ihrer anderen Seite.
    »Ein schöner Anfang für eine Eintrachtsandacht«, dachte Sigmund todunglücklich; er sah voraus, daß es ihm wieder einmal nicht gelingen würde, die höchste Ekstase zu erreichen. Wenn er sich nur Zeit gelassen hätte, in Ruhe einen Platz zu wählen, statt sich auf den nächstbesten Stuhl zu drücken! Er hätte jetzt zwischen Monisma Haeckel und Drahtleite Diesel sitzen können. Statt dessen hatte er sich blindlings neben Morgana niedergelassen, neben Morgana - großer Ford! Ihre schwarzen Augenbrauen, oder vielmehr: ihre Braue, denn sie vereinigten sich über der Nase - großer Ford! Und noch dazu saß Marlene Deterding ihm zur Rechten. Marlenes Brauen waren nicht zusammengewachsen, aber sie war übermäßig pneumatisch.
    Monisma und Drahtleite dagegen waren einwandfrei.
    Üppig, blond, nicht zu groß... Und jetzt setzte sich der klobige Lümmel, Bosch Kawaguchi, zwischen sie!
    Als letzte kam Sarojini Engels.
    »Sie kommen zu spät!« rief der Vorsänger der Gruppe ihr tadelnd zu. »Daß mir das nicht wieder vorkommt.«
    Sarojini entschuldigte sich und glitt auf ihren Platz zwischen Bernard Bokanowsky und Valentino Bakunin. Die Gruppe war jetzt vollzählig, der Eintrachtskreis geschlossen und ohne Fehl. Mann, Frau, Mann, ein endlos wechselnder Ring um den Tisch. Zwölf Menschen, bereit, eins zu werden, zu verschmelzen, ihre zwölf Einzeldasein an ein größeres Sein zu verlieren.
    Der Vorsänger erhob sich, schlug ein T und drehte die synthetische Musik an: leise, endlose Trommelschläge und ein Orchester - Aus- und Einbläser und Über- und Unterstreicher -, das schallend die kurze, unentrinnbare Melodie der ersten Eintrachtshymne immer von neuem wiederholte. Wieder und wieder - nicht mehr das Trommelfell fing den pochenden Rhythmus auf, sondern das Zwerchfell. Das Drängen und Schmachten der Harmonien erregten nicht das Gemüt, sondern die Eingeweide, den Unterleib. Abermals schlug der Vorsänger ein T und setzte sich. Die Andacht hatte begonnen. Die diesem Zweck geweihten Somatabletten wurden in die Mitte des Tisches gelegt. Der Eintrachtskelch, gefüllt mit Erdbeereiscremesoma, ging von Hand zu Hand, und zwölfmal wurde mit dem Spruch »Ich trinke auf meine Auflösung« daraus getrunken. Dann sang man zu synthetischer Orchesterbegleitung die erste Eintrachtshymne: Ford, wir sind zwölf, o mach uns eins Wie Tropfen im Gemeinschaftsquell; Laß laufen uns im Strom des Seins Schnell wie dein 12-PS-Modell!
    Zwölf inbrünstige Strophen. Der Kelch machte zum zweitenmal die Runde. »Ich trinke auf das Größere Sein« lautete jetzt der Spruch. Alle tranken. Unermüdlich spielte die Musik. Die Trommeln dröhnten. Das Aufschreien und Aufeinanderprallen der Harmonien wurde zur Besessenheit in den hinschmelzenden Eingeweiden. Man stimmte die zweite Eintrachtshymne an: Komm, Größres Sein, du Trost der Massen, Und schmilz uns Zwölf zu Einem hin; Wenn unser Einzelsein wir lassen, Ist es des Größern Seins Beginn.
    Abermals zwölf Strophen. Unterdessen begann das Soma seine Wirkung zu tun. Die Augen glänzten, die Wangen glühten, das inwendige Leuchten einer alles umfassenden Güte offenbarte sich auf jedem Gesicht durch ein glückseliges, einladendes Lächeln. Sogar Sigmund fühlte sich ein wenig

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