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Schöne neue Welt

Schöne neue Welt

Titel: Schöne neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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Zivilisation. Dies kommt zweifellos zum einen daher, daß er von ihnen bereits gehört hat, und zwar durch diese Filine, seine M...r.«
    Mustafa Mannesmann runzelte die Stirn. »Hält mich der Schafskopf für so prüde, daß ich das Wort nicht voll ausgeschrieben zu sehen vertrage?«
    »- zum anderen daher, daß sich sein Interesse auf etwas konzentriert, das er ›die Seele‹ nennt und hartnäckig als etwas vom Körper ganz Unabhängiges betrachtet. Demgegenüber versuchte ich geltend zu machen -«
    Der Aufsichtsrat übersprang die nächsten Sätze und wollte auf der Suche nach interessanten Tatsachen eben umblättern, als sein Blick auf eine Reihe höchst ungewöhnlicher Bemerkungen fiel.
    »- wenngleich ich gestehen muß«, las er, »daß ich, ebenso wie der Wilde, zivilisierte Infantilität auch zu bequem finde oder, wie er das ausdrückt, zu billig. Ich gestatte mir, diese Gelegenheit zu ergreifen, um Eure Fordschaft darauf aufmerksam zu machen -«
    Mustafa Mannesmanns Ärger ging fast sogleich in Heiterkeit über. Der Gedanke, daß dieser Mensch ihm - ihm!
    - eine feierliche Predigt über die Gesellschaftsordnung hielt, war wirklich zu grotesk. Der Kerl mußte verrückt geworden sein. »Ich sollte ihm eine Lektion erteilen«, sagte er sich, aber dann warf er laut lachend den Kopf zurück. Vorläufig jedenfalls wurde die Lektion nicht erteilt.
    Sie besuchten eine kleine Fabrik, einen Ableger des Elektromaterial- Trusts, die Beleuchtungsanlagen für Helikopter herstellte. Schon auf dem Dach wurden sie, dank der Zauberwirkung eines Empfehlungsrundschreibens des Aufsichtsrats, vom Ersten Ingenieur und dem Personalleiter empfangen. Sie begaben sich in die Fertigungshallen.
    »Jeder Arbeitsgang«, erläuterte der Personalleiter, »wird, wenn irgend möglich, von einer einzigen Bokanowskygruppe besorgt.«
    So war es in der Tat. Dreiundachtzig fast nasenlose, schwarze, rundschädelige Deltas standen an den Kaltpressen. Die sechsundfünfzig vierspindeligen Drehbänke wurden von sechsundfünfzig adlernasigen, rothaarigen Gammas bedient. Hundertsieben auf Hitze genormte Epsilon-Senegalesen arbeiteten in der Gießerei. Dreiunddreißig weibliche Deltas, langschädelig, flachsblond und enggebaut, keine mehr als zehn Millimeter größer oder kleiner als ein Meter neunundsechzig, fertigten Schrauben an. Im Montageraum wurden die Dynamos von zwei Gruppen gamma-plus Zwergen zusammengesetzt. Die beiden niedrigen Arbeitstische standen einander gegenüber; zwischen ihnen kroch das Förderband mit den einzelnen Bestandteilen; siebenundvierzig Blondhaarige standen siebenundvierzig Schwarzhaarigen gegenüber. Siebenundvierzig Stumpfnasen gegenüber siebenundvierzig Hakennasen, siebenundvierzig fliehende ge genüber siebenundvierzig vorspringenden Kinnladen. Die zusammengesetzten Anlagen wurden von achtzehn identischen gammagrünen Mädchen mit Lockenköpfen überprüft, von vierunddreißig O-beinigen deltaminus Linkshändern in Kisten verpackt und auf die wartenden Güterwagen und Lastautos von dreiundsechzig blauäugigen, blonden, sommersprossigen Epsilon-Halbidioten verladen.
    »Schöne neue Welt -« Ein boshafter Streich seines Gedächtnisses brachte dem Wilden gerade in diesem Augenblick Mirandas Worte in Erinnerung. »O schöne neue Welt, die solche Bürger trägt!«
    »Ich kann versichern«, schloß der Personalleiter beim Verlassen des Betriebs, »daß wir kaum jemals Schwierigkeiten mit unseren Arbeitern haben. Wir finden immer -«Der Wilde war plötzlich auf und davon gestürmt. Hinter einem Lorbeerbusch erbrach er sich so heftig, als wäre der ganze Erdball nichts als ein in ein Luftloch geratener Hubschrauber.
    »Der Wilde«, schrieb Sigmund, »lehnt Soma ab und scheint sehr beunruhigt zu sein, weil diese Filine, seine M... r, dauernd auf Urlaub ist. Es verdient Beachtung, daß der Wilde seine M...r trotz ihrer Senilität und der ungemeinen Widerlichkeit ihrer Erscheinung häufig besucht und offenbar sehr an ihr hängt. Ein interessantes Beispiel dafür, wie frühe Normung die natürlichen Triebe einzudämmen und sogar in entgegengesetzte Bahnen zu lenken vermag (in diesem Fall den Trieb, unangenehmen Dingen auszuweichen).«
    In Pforta stiegen sie auf dem Dach der Oberschule aus. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schulhofs schimmerte das zweiundfünfzig Stockwerke hohe Fürstenhaus weiß in der Sonne. Hochauf ragten die ehrwürdigen Bauten des Klosters zur Linken und der Vereinigungssinghalle zur Rechten, beide aus

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