Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
darum gehe, für die kommende Revolution ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Weißen und Schwarzen zu entwickeln, aber dann hätte sie Lunke und der hinterhältigen Michelle unter die Augen treten müssen. Nein, diesen Plan musste sie verwerfen.
Als die äußere Tür geöffnet wurde, drückte sie sich noch weiter zur Wand und tat so, als würde sie schlafen. Dörthe zeigte den Männern offenbar den ganzen Hof. Sie erwähnte auch Deng, ihren Schweinehirten, und fragte, ob es vielleicht besser sei, zur Sicherheit die ganze Nacht das Licht im Stall brennen zu lassen.
»Nein«, erwiderte der Schnauzbart. »Wir schlagen da eher eine Kombination aus Alarmanlage und Kameraüberwachung vor. Sehr ausgeklügelt und professionell.«
Dann mischte sich zum ersten Mal auch der Blonde ein. Er hatte eine recht piepsige Stimme. Wenn es ganz brenzlig werde, könne er auch nachts Wache schieben, meinte er.
Kim spürte, wie sie beinahe unter sich gemacht hätte. Nur das nicht! Aber dann waren Dörthe und die Männer schon wieder aus dem Stall verschwunden.
Als sie sich umwandte, fiel ihr Blick auf etwas, das sie erst im zweiten Moment erschreckte. Auf dem Stuhl vor dem Gatter entdeckte sie das kleine schwarze Buch, in dem Deng stets las, wenn er seine Arbeit getan hatte. Aufgeschlagen, als wäre er nur kurz weggegangen, lag es da, ein weißes Blatt ragte heraus. Noch nie hatte sie dieses Buch schon einmal irgendwo liegen sehen; entweder hielt Deng es in den Händen, oder es befand sich in seinem Rucksack. All die seltsamen Dinge, von denen er redete, schien er aus diesem Buch zu haben.
Kim erhob sich und steckte ihren Rüssel durch das Gatter. Es war traurig, das Buch so einsam und gedankenlos abgelegt zu sehen. Wo nur war Deng? Vielleicht schlich er um Sabeth herum – ja, bestimmt tat er das. Kim lief zur Tür und spähte auf die Wiese. Die Dämmerung brach herein, und die anderen machten Anstalten, in den Stall zu trotten. Sabeth stand rauchend vor dem Haus und blickte zum Himmel, während Dörthe die beiden Männer verabschiedete, die einen Moment später in einen großen schweren Wagen stiegen. Immerhin, sie fuhren weg, ohne größeren Schaden angerichtet zu haben. Kim hätte Erleichterung spüren müssen, aber ihre Unruhe blieb. Von Deng war nichts zu sehen.
Che lief dem kleinen Trupp voraus, er grinste Kim an. »Wir sollten gleich einmal über die Einzelheiten sprechen – wie wir den Schwarzen klarmachen, dass sie als Erste in den Kampf ziehen müssen.«
Kim gähnte übertrieben laut. Ihr Kopf schmerzte noch heftiger. Um Deng musste sie sich später kümmern. »Ja«, sagte sie, »aber zuerst muss ich noch ein wenig schlafen.«
13
Noch im Schlaf wurde sie von all den Wörtern verfolgt, mit denen Che um sich warf: Er wollte Truppen aufmarschieren lassen, Flanken schützen, Verteidigungsdämme errichten und Deserteure verfolgen lassen … Was musste in seinem Kopf für ein kriegerisches Durcheinander herrschen, dachte Kim im Halbschlummer, aber vielleicht lag es auch daran, dass er nicht lieben konnte, vielleicht wäre alles anders, wenn er und sie ein Paar geworden wären …
Unruhig wälzte sie sich im Stroh. Der Schmerz an ihrer Augenbraue hatte kaum nachgelassen, und auf einmal störten sie die Geräusche im Stall. Beinahe war es, als wären sie alle im Schlaf ganz andere Wesen. Cecile quiekte und träumte vom Fliegen, Brunst murmelte etwas von seinem Vater, den er vermisste, und Doktor Pik bewegte seine Hinterläufe, als stolzierte er noch durch eine Manege und müsse sich unentwegt vor einem Publikum verneigen. Und sie selbst? Lunke tauchte vor ihren geschlossenen Augen auf – sie spürte seine Nähe, seinen Geruch, und gleichzeitig hatte sie das Gefühl, ihn verloren zu haben.
Als sie das Geräusch eines Motors hörte, schrak Kim plötzlich auf und rannte neugierig aus dem Stall. Es war noch früher Morgen. Sie fröstelte, obwohl die Sonne schon über den Horizont gekrochen war. Von einem Auto war nichts mehr zu sehen. Noch müde trabte sie zu den Zinkwannen, um etwas zu saufen, und da bemerkte sie es: Direkt neben der Wanne lag ein Berg von hellem, wunderbar duftendem Brot. Kim blickte sich um. Hatte Deng ihnen schon so früh diese Köstlichkeit gebracht? Sie konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Manchmal schlief er in einer winzigen Kammer hinter dem Atelier, in dem einige von Munks Bildern hingen, aber meistens verschwand er über Nacht irgendwo im Dorf.
Argwöhnisch fuhr Kim mit ihrem Rüssel über das Brot.
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