Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
wie sie …
Genug!, rief ihre Mutter Paula in ihrem Kopf. Du bist selbst schuld. Hättest du dich besser verteidigt, wäre das nicht passiert.
Auf einmal fiel ihr Deng ein. Wo war der Chinese eigentlich abgeblieben? Warum hatte er sie nicht gerettet? Kim hielt ihren Rüssel in den Wind, ob sie ihn irgendwo riechen konnte. Nein, er schien nicht in der Nähe zu sein. Dann jedoch bemerkte sie etwas anderes. Dörthe hatte Besuch bekommen. Mit einem großen Mann, der einen buschigen schwarzen Bart hatte, und einem kleineren, blonden, der sich stets ein wenig hinter dem größeren hielt, spazierte sie über den Hof und gestikulierte, als würde sie etwas erklären.
Kim spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Sie schüttelte den Kopf, um die Schmerzen zu vertreiben. Was sie da sah, konnte einfach nicht sein. Ihre Augen arbeiteten nicht mehr richtig, sondern spielten ihr einen Streich. Langsam drehte sie sich um. Cecile und Che starrten zu ihr herüber, während Doktor Pik unter seinem Apfelbaum schlief und Brunst sich auf seiner immerwährenden Futtersuche befand. Kein Zweifel, ihre Augen funktionierten. Sie sah alles klar und deutlich vor sich.
Plötzlich vernahm sie Dörthes Stimme. »Ich bin auch um die Sicherheit meiner Schweine besorgt, die ich vor dem Schlachthaus gerettet habe«, sagte sie, während sie mit ihren zwei Begleitern auf das Gatter zuschritt. »Ich bin Vegetarierin, aber mein Großvater war Metzger. Ich bin mit dem Geruch von toten Schweinen aufgewachsen. Irgendwie möchte ich wenigstens diesen fünf Schweinen hier ein glückliches Leben bescheren …« Sie sprach immer weiter, der große Schnauzbart neben ihr nickte eifrig.
Kim verengte die Augen; sie täuschte sich nicht – er war es gewesen, der das abgesägte Bein an die Tür gehämmert und ihr das andere mit einem hämischen Grinsen vor die Klauen geworfen hatte. Wie konnte sich Dörthe ausgerechnet mit so einem widerwärtigen Kerl einlassen? Vor Entrüstung brachte Kim nur einen harmlosen Quieker zustande, den nicht einmal Cecile beachtete.
»Liebe gnädige Frau«, ergriff nun der Schnauzbärtige das Wort, »Sie haben eine gute Wahl getroffen. Meine Detektei ist unter anderem auf Objektschutz und Objektüberwachung spezialisiert. Wir werden die geeigneten Mittel ergreifen. Ihren Schweinen wird keine Borste gekrümmt werden. Das können ich und mein Mitarbeiter Herr Kotter Ihnen garantieren.«
Der Blonde hinter dem Schnauzbärtigen neigte leicht den Kopf.
»Worin sehen Sie denn die größte Gefährdung für das Objekt, Gnädigste?«, fuhr der Schnauzbart fort.
»Vielen Dank für Ihre beruhigenden Worte, Herr Melker.« Dörthe lächelte und berührte den Schnauzbart vertraulich am Arm. »Es gibt da einen Makler, der im Auftrag einer Immobiliengesellschaft den Hof erwerben will. Ihm traue ich alles zu. Der Terror hat schon eingesetzt. Flugzeuge rasen über das Haus hinweg, und jemand hat eine Sauklaue an meiner Haustür angebracht.« Sie seufzte, während die beiden Männer kurz auflachten und sich einen, wie Kim fand, böswilligen Blick zuwarfen.
»Solche Typen kennen wir«, erklärte Melker und wagte es nun sogar, Dörthe den Arm um die Schulter zu legen. »Wir können Ihnen da ein ausgeklügeltes Sicherheitspaket vorschlagen. Ist nicht ganz billig, aber höchst wirkungsvoll.« Er lachte wieder, und Kim spürte, wie ihr übel wurde und ihre Kopfschmerzen zunahmen. Sie musste weg hier! Wenn nun die Leute, die ihnen Drohungen an die Tür nagelten, sie bewachen sollten, dann stand fest, dass ihr Leben nicht mehr viel wert war.
Kim grunzte, aber mehr aus Verzweiflung, denn aus der Hoffnung heraus, Dörthe irgendwie warnen zu können. Die Herrin des Hofes beachtete sie auch gar nicht; lediglich der Schnauzbart blickte zu ihr herüber und verengte die Augen. Mordlust, las Kim darin, blanke Mordlust und das Vergnügen daran, sie weiter zu erschrecken.
Im Stall legte sie sich in die hinterste Ecke, obwohl es noch heller Tag war. Sie musste nachdenken, bei ihren heftigen Kopfschmerzen kein leichtes Unterfangen. Sollte sie den anderen von dem Schnauzbart und dem Blonden erzählen – davon, dass sie möglicherweise in höchster Gefahr schwebten? Aber vielleicht würde ihnen ja gar nichts geschehen. Doch da sah sie wieder das abgesägte Bein vor sich, das ihr vor die Füße geflogen war. Vielleicht wäre es gut, wenn sie alle in den Wald verschwinden würden, um für eine Weile mit den Schwarzen zu leben. Che könnte sie erzählen, dass es
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