Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
hätte ihre Mutter Paula bestimmt gelacht. Liebe ist nichts für Schweine, hätte sie gesagt. Und wenn Lunke wirklich einen Schwur ablegte, würde das für sie bedeuten, dass sie dann bis ans Ende ihrer Tage bei ihm bleiben musste?
»Es ist nicht gut, zu viele Gedanken mit sich herumzuschleppen«, erklärte Doktor Pik gewichtig und blickte sie wieder an. Dann trottete er zu den Zinkwannen hinüber, als hätte er schon zu viel gesagt.
Verdammt, wollte sie ihm nachrufen, jetzt bin ich nur noch verwirrter.
Lunke oder nicht – musste sie sich wahrhaftig entscheiden?
Ihre Übelkeit, die sie kurz vergessen hatte, kehrte zurück, und da sah sie ihn, einen schwarzen Schatten am Durchschlupf. War Lunke also doch aufgetaucht, so als hätte er ihre dunklen Gedanken gespürt.
Langsam und wie zufällig trabte Kim zum jenseitigen Winkel ihrer Wiese, aber da war Lunke schon wieder verschwunden. Sie musste lächeln; er wollte sie herauslocken, sich ein wenig wichtig tun. Sie sah sich um. Wie immer hatte Che sie im Blick, obwohl er geschäftig tat, so als würde er den Boden nach ein paar letzten saftigen Grashalmen absuchen. Die anderen beachteten sie nicht weiter. Schnell schlüpfte sie durch das Loch im Zaun und trabte in den Wald.
Lunke, wollte sie rufen, ich habe dich durchschaut … Wir müssen vielleicht doch über gewisse Dinge sprechen.
Plötzlich trat ein schmächtiger Schatten in den Weg. Schnaubend baute sich Michelle vor ihr auf.
»Na, Kim«, sagte sie und wackelte aufreizend mit den Ohren, »wollen wir uns mal unterhalten? Nur du und ich?« Sie schnaubte, nein, es war ein höhnisches Lachen, erkannte Kim. Sogleich stieg Wut in ihr auf, die sie mühsam zu unterdrücken versuchte.
»Unterhalten?«, zischte Kim. »Wieso unterhalten?«
Michelle lächelte überlegen. »Ob es vielleicht nicht besser ist, wenn du eine Weile nicht in den Wald kommst … Bis sich gewisse Dinge geklärt haben …« Dann kicherte sie hässlich.
Kim spürte einen Impuls, der sie zugleich erschreckte: Am liebsten hätte sie sich auf Michelle gestürzt und ihr das Grinsen ausgetrieben.
»Oder«, die widerwärtige Bache hob arrogant ihren Rüssel, »wir tragen unseren kleinen Streit auf der Lichtung aus … ganz allein, nur du und ich … Um zu sehen, wer von uns beiden die Stärkere ist.«
Kim schnaufte. Das ist doch alles unter meinem Niveau, wollte sie sagen, aber es stimmte nicht. Sie wollte sich mit Michelle prügeln, wollte ihre Kräfte messen und es der schwarzen Lady richtig zeigen.
»Ach nein«, fuhr Michelle grinsend fort und stieß Kim einen Schwall heißen Atem ins Gesicht, »ich vergaß, dass ihr Hausschweine von Natur aus feige seid. Ihr haltet keinen Stress aus und liegt am liebsten faul in der Sonne … Deshalb braucht ihr auch die Menschen, weil ihr sonst gar nicht existieren könntet …«
»Gehen wir!« Kim stieß Michelle heftig mit dem Rüssel an, so dass die Bache abrupt verstummte. »Regeln wir das sofort, nur du und ich, dann haben wir es hinter uns!«
Da sie den Weg kannte und Michelle nicht die Führung überlassen wollte, lief sie voraus. Gegen alle Vernunft, weil sie ihre Kräfte besser für den Kampf geschont hätte, rannte sie, so schnell sie konnte – Michelle sollte sie nicht überholen. Atemlos kam Kim auf der Wiese an und blickte sich verstohlen um. War Lunke vielleicht in der Nähe? Sollte das eine Prüfung sein, ob sie sich etwas aus ihm machte? He, Lunke, wollte sie schon rufen, sieh her, was ich für dich tue! Doch nichts war von ihm zu sehen. Auch von den anderen Schwarzen ließ sich keiner blicken.
Michelle schien der Lauf nichts ausgemacht zu haben. Breitbeinig, und ohne außer Atem zu sein, baute sie sich vor Kim auf. »Du kannst es dir noch überlegen«, sagte sie. »Wenn du jetzt erklärst, dass du aufhörst, Lunke zu belästigen, lasse ich dich ohne eine Abreibung gehen!«
Lunke belästigen – nie im Leben hatte sie Lunke belästigt.
»Du hast ein ziemlich hässliches, freches Maul«, entgegnete Kim. »Ist an der Zeit, dass es dir jemand stopft. Wir Hausschweine lernen früh, Respekt vor anderen zu haben, aber wir verstehen es auch zu kämpfen.« Plötzlich fiel jede Furcht von ihr ab. Ja, wenn Michelle Ärger wollte, konnte sie ihn haben – obwohl Kim bisher noch nie einen handfesten Kampf hatte bestreiten müssen.
Michelle grinste, allerdings nicht mehr ganz so überheblich. Sie stieß unvermittelt ihren Kopf vor, doch mit diesem plumpen Manöver hatte Kim gerechnet, sie wich zur
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