Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
Seite aus und ging ihrerseits sofort zum Angriff über. Mit einer schnellen Bewegung erwischte sie Michelle am Ohr und biss zu. Die hässliche Bache quiekte vor Schmerz auf, und Kim wusste, dass sie nun am Zug bleiben musste, um den Kampf frühzeitig zu beenden, doch da sah sie ihn aus den Augenwinkeln: Deng – er lief am anderen Ende der Lichtung entlang. Was tat er da? Und wer stand bei dem Ast, wo das Gewehr versteckt gewesen war? Eine dunkle Gestalt näherte sich Deng. Sie sprachen miteinander. Deng verbeugte sich, wie er es immer tat, doch irgendwie wirkte er angespannt …
Michelle biss ihr in die rechte Flanke. Wäre Kim nicht so beschäftigt gewesen, Deng im Auge zu behalten, hätte sie wohl aufgeschrien vor Schmerzen. Sie sollte sich wehren, sagte sie sich, Michelle nun ihrerseits einen Schlag verpassen, doch ihre Aufmerksamkeit war ganz auf Deng und sein Gegenüber gerichtet. Hatte die Gestalt das Gewehr wieder ausgraben wollen, und Deng hatte ihr aufgelauert, um herauszufinden, wer sie war?
Halt, Michelle, hätte Kim am liebsten gerufen, ich habe etwas Besseres zu tun, als mich mit dir zu prügeln, aber da traf eine Klaue sie über dem rechten Auge. Ein wilder heftiger Schmerz durchzuckte sie, dann gaben die Beine unter ihr nach, als gehörten sie nicht mehr zu ihr. Kim rang nach Atem und sah Michelles überheblich grinsendes Gesicht über ihr.
Dir werde ich es zeigen, wollte sie der widerlichen Bache zurufen, aber da sank sie in die schwärzeste Nacht.
12
Was hatte Deng einmal zu Dörthe gesagt, als sie tieftraurig am Zaun stand, weil ihr Kind keinen Vater hatte? »Wenn du die Nacht erwartest, wird auch ein nächster Morgen kommen.«
Ja, diesen Satz sprach Kim vor sich hin, während sie zur Wiese zurückschlich, aber viel nutzte er nicht. Der Kopf tat ihr weh. Sie war am Ende, traurig, verzweifelt, im wahrsten Sinne des Wortes niedergeschlagen … Ach, noch nie war sie so gedemütigt worden wie von dieser widerwärtigen Michelle. Aber wie hatte sie auch so dumm sein können, Deng zu beobachten, während sie sich mitten in einem Kampf befand? Michelle hatte sich alle Zeit nehmen können, um ordentlich zuzutreten. Kims rechtes Auge war so zugeschwollen, dass sie kaum etwas erkennen konnte. Wahrscheinlich hatte die Wunde über ihrer Braue sogar geblutet, doch da sie eine Weile ohnmächtig gewesen war, hatte sie es nicht so richtig mitbekommen. Und Michelle, die feige Bache, hatte sich natürlich aus dem Staub gemacht. Vermutlich war sie geradewegs zu Lunke gelaufen und hatte ihm von ihrem grandiosen Sieg berichtet …
Zu den Schmerzen und dem Gefühl der Niederlage kam noch die Scham. Gleich morgen, sagte Kim sich, würde sie auf Wanderschaft gehen. Irgendwohin, ganz egal, und mit Lunke würde sie nie wieder ein Wort reden. Er war ein Lügner, ein Verräter, Betrüger … Wie konnte er überhaupt in Erwägung ziehen, sich mit einem derart hinterhältigen Wesen wie Michelle einzulassen?
»Hallo! Kim ist wieder da!«, quiekte Cecile, als Kim auf die Wiese schlich. Das Minischwein hoppelte vergnügt auf sie zu und hielt dann plötzlich inne. »Oh! Was ist denn mit dir passiert?« Plötzlich klang ihre Stimme kläglich.
Che kam hinter der Kleinen hergetrabt. »Kim«, sagte er gewichtig und räusperte sich verlegen. »Stimmt etwas nicht?«, fragte er fast zartfühlend, während er sie musterte. »Hat dich ein Auto angefahren?«
Kim blickte ihn an und kam sich jammervoll vor, was sie noch ärgerlicher machte. »So ähnlich«, entgegnete sie mit zitternder Stimme. »Nicht der Rede wert!«
Sie wollte sich an Che vorbeidrücken, doch das Protestschwein trat ihr in den Weg. »Wir haben in deiner Abwesenheit einen höchst bedeutsamen Entschluss gefasst«, erklärte er. »Wir haben dich zur Botschafterin ernannt – du sollst uns bei den wilden Schwarzen vertreten und ihnen unsere Mitteilungen überbringen!« So mitfühlend, wie er es wohl vermochte, entblößte er seine Zähne und lächelte sie an, doch Kim hatte keinen Blick dafür.
»Vergiss es!«, sagte sie nur und trabte in Richtung Stall davon.
»Aber der Kampf ist nah!«, rief Che ihr hinterher.
Kampf! Vom Kämpfen hatte sie genug. Rache, dachte Kim, Rachepläne musste sie entwerfen, wie sie Michelle alles heimzahlen konnte. Vielleicht sollte sie Che und die anderen anstiften, irgendwo im Wald ein Loch zu graben, in dem sie Michelle gefangen nehmen konnte – oder sie trieb die Bache auf die Straße, geradewegs vor ein riesiges Auto, und sah zu,
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