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Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Blum
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einen Berg von Blumen, den die Menschen hier erst kürzlich aufgeschichtet hatten. Übermütig grinste er zu ihr herüber.
    »Schmecken wirklich köstlich!«, grunzte er und schob seinen Rüssel gleich wieder in die Blumen.
    Kim verzog missmutig den Rüssel. Sollte sie ihn warnen? Sollte sie ihm sagen, dass er besser an Rocky und ihre Abmachung dachte, wenn er keine Tracht Prügel riskieren wollte? Nein, Lunke war ein Lügner und Betrüger – er hatte sie belogen, um mit ihr eine Nacht verbringen zu können. Sollte er sehen, wie er mit Rocky und Michelle zurechtkam.
    »Ich habe keinen Hunger!«, rief sie Lunke zu und wandte sich beleidigt ab. Einen unfreundlichen und eindeutigen Abschiedsgruß verkniff sie sich jedoch, obwohl sie sicher war, dass sie ihn erst einmal nicht mehr wiedersehen wollte.
    An der steinernen Figur holte Lunke sie ein. Zärtlich stieß er sie in die Flanke. »Begreife doch, dass ich alles nur für uns getan habe«, sagte er leise. »Damit wir endlich zusammenkommen, du und ich …« Seine braunen Augen musterten sie fragend.
    »Nun ja …« Kim suchte nach Worten. Vielleicht sollte sie doch nicht ganz so streng mit ihm sein. Auch sie hatte schließlich Fehler gemacht … Plötzlich hörte sie es: Trotz der frühen Stunde waren sie nicht allein auf dem Friedhof. Eine menschliche Stimme hatte sich ganz in ihrer Nähe erhoben. Jemand sprach zu einem anderen. Sofort war ihre Neugier geweckt. An Lunke vorbei lief sie vorsichtig auf einen dunklen Pfad, der hinter der Figur mit den Flügeln entlangführte.
    Niemand war zu sehen, doch die Stimme klang auf einmal lauter und klarer. »Hast geglaubt, du könntest mich bloßstellen und fertigmachen, was?«, sagte ein Mann. Er lachte tief und hasserfüllt. »Das haben schon manche vor dir gedacht, aber gelungen ist es keinem. Und warum auch? Was habe ich dir schon getan, kleiner, dummer Jan? Ich habe dich damals nach dem Baden abgetrocknet, habe mich ein Minütchen neben dich gelegt. Na gut, wir waren nackt, aber was war denn schon dabei?« Er lachte wieder. »Den meisten Jungen hat es gefallen. Und dir doch auch, oder nicht? Aber dieser anonyme Brief neulich … der hat mich richtig wütend gemacht.« Der Mann schnaubte verächtlich. »›Der zweite Februar war der Tag, an dem sich mein Leben verändert hat.‹ – Damit hattest du dich verraten. Da wusste ich, dass der Brief von dir war und es um dich ging, um deinen Eintritt ins Kinderheim. Ich habe mir immer alles aufgeschrieben.«
    Kim schlich leise näher. Durch zwei Büsche war ein Schatten zu sehen, eine schwarz gekleidete Gestalt mit grauen Haaren. Husemann, der Pfarrer, stand da. Kim schob ihren Kopf vor und beobachtete, wie er an seiner Hose herumfingerte. Er zog etwas hervor, ein dünnes, bleiches Stück Fleisch, und schlug Wasser ab. Es plätscherte ein paar Momente lang. Dann lachte Husemann wieder hasserfüllt.
    »Ja«, sagte er, mit Blick auf die schwarze Erde vor sich, aus der ein Kreuz ragte. »Da guckst du, was, Jan? Hier stehe ich und pisse auf dein Grab.«
    Kim spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Warum tat Husemann das? Warum redete er so voller Hass mit dem toten Jan, der da irgendwo tief in der Erde lag?
    Dann, während Husemann mit einem Seufzer das bleiche Stück Fleisch wieder in seiner Hose verstaute, fiel es ihr auf. Die Knöpfe an seiner schwarzen Jacke – silberne, runde, ordentlich aneinandergereihte Dinger. Keiner der Knöpfe fehlte, doch war sich Kim plötzlich sicher, dass der tote Jan genau so einen Knopf in der Hand gehalten hatte. Später hatte Deng diesen Knopf an sich genommen, und nun – wo, verdammt, befand sich der Knopf nun? Sie konnte sich nur vage erinnern, dass sie ihn erst verschluckt und dann irgendwo in Sicherheit gebracht hatte, nachdem Cecile ihn gefunden hatte.
    »Was tust du hier?« Lunke drückte sich kauend neben sie. »Gibt’s hier etwas zu fressen?«
    »Nein«, erwiderte Kim, noch ganz aufgeregt über ihre Entdeckung. »Sei leise – hier ist nichts zu fressen.«
    Sie ließ Husemann nicht aus den Augen. Nachdem er seine Hose wieder geschlossen hatte, malte er mit ernster Miene ein Zeichen in die Luft. »Ich komme wieder, Jan«, sagte er, »morgen, übermorgen … immer wenn mir danach ist, werde ich kommen und auf dein Grab pinkeln. So, und nun muss ich meine Sonntagspredigt vorbereiten.« Er zog sein schwarzes Gewand mit den silbernen Knöpfen glatt, nickte grinsend dem Holzkreuz vor sich zu und stapfte ohne jede Eile davon.

27
    Wo war

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