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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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hier, siehst du, zwei. Das Landmädchen.“
    Hubsi setzte sich interessiert neben uns, um nichts zu verpassen. Felder zog den Balken noch ein bisschen weiter. „Alles klar, hier haben wir's. Drei. Der Religionsreisevertreter.“ Das Mädchen lag auf dem Rücken, der Mann hielt ihre Beine in die Höhe. Das Mädchen hatte angefangen zu stöhnen.
    „ Schönesding!“
    Das Stöhnen irritierte mich.
    Felder zog den Balken weiter. Der Typ nahm sie von hinten. „Vier. Das Hündchen.“
    Und wieder weiter. Der Junge versprühte seinen Schmand auf ihrem Gesicht. Sie leckte sich die Lippen. „Aha, und fünf. Die Endstation. Siehst du, Mann? Alles da: Die fünf Stellungen des Porn. Wie aus dem Lehrbuch.“
    Ich sah.
    Felder wandte sich wieder mir zu. „Du solltest also eine gute Figur machen, wenn andere Leute in dein Schlafzimmer gucken können. Das wird von dir erwartet, wenn du dazu gehören willst. Das gehört zum guten Ton. Alles klar?“
    Gott sei Dank war das Stöhnen vorbei.
    „ Und was in der Richtigen Welt passiert – das brauche ich dir ja nicht zu erzählen - ist in ein paar Jahren sowieso hier bei uns. Das heißt, die Deutschen haben echt ein schönes Stück Arbeit vor sich.“
    Inzwischen war es fast dunkel geworden. Die komischen Dinge in Felders Zimmer warfen lange Schatten an die Wände. Nun erschienen sie finster und enorm, als wären sie zum Leben erwacht. Zu einem Leben jedoch, dass mir unheimlich war. Nicht interessant und nicht spannend, einfach nur unheimlich.
    Ich weiß nicht genau warum, aber ich war noch nie gut im Abschied nehmen. Selbst wenn es nur ein kurzer war. In solchen Momenten sind die Leute ja so sensibel. Ich glaube, ich fühle mich unter Druck gesetzt, weil ich etwas sagen muss, wie das Zusammensein war. Am besten was, das sich glaubwürdig anhört. Und weil ich Traurigkeit zeigen muss, dass wir schon wieder scheiden müssen. Aber auch wieder nicht zu viel. Das wäre ja peinlich.
    Trotzdem wusste ich, ich muss erst mal dort raus.
    Ich sagte nur kurz: „Mann, schwer in Ordnung. Lass uns das bald wieder machen.“ Ich machte eine vage Handbewegung in Richtung des Rechners. Was Felder darauf sagte, hörte ich schon nicht mehr.
    Ich winkte noch einmal kurz und machte flink die Tür hinter mir zu. Auf dem Gang holte ich einmal tief Luft, als wäre ich einer großen Gefahr entronnen. Und machte dann schnell meine Zimmertür hinter mir zu.
    In der Nacht habe ich geträumt: Ein paar Indianer blasen erst meinen Kopf auf und ziehen mir dann die Haut vom Schädel. Ich sitze gelöst daneben und nehme trotz Kopflosigkeit alles mit großem Interesse zur Kenntnis. Dann beschweren drei von ihnen die Hautblase mit Steinen. Es passt eine ganze Menge rein, muss ich sagen, und waschen sie in einem Bach. Als sie sie wieder auf meinen Hals stecken wollen, wache ich auf. Danach habe ich nicht mehr gut geschlafen.
     

* 12 *
     
    Lange Hölle Tegel: 6:12 Wecken
    6:20 Anwesenheit und Lebendkontrolle. Das ist Amtsdeutsch für: Sind die Bastarde noch am Leben, wenn wir morgens aufschließen?
    6:27 Versorgungszeit. Oh mein Gott, das kannst du selber fressen!
    6:52 Ausrücken in die Betriebe. In der Kolonne mit dreißig Leuten über die Piste. So nennen wir die Straße, wo wir alle langlaufen, wenn wir zur Arbeit gehen oder von dort kommen. Das ist unser Korso. Hier sieht man und wird gesehen. Das ist das bisschen gesellschaftliche Leben, das uns geblieben ist.
    7:00 Studierzeit in der Schule, Fernstudium bei der Uni Hagen.
    11:30 Einrücken aus den Betrieben und Einschluss.
    11:33 Bestandsfeststellung. Die zählen uns schon wieder!
    11:42 Versorgungszeit. Ich sag doch, friss den Dreck selber!
    12:00 Ausrücken zur Arbeit. Wieder über die Piste, wieder hinter deinem Wärter her.
    12:10 Wieder Studieren in der Schule, kannste auch in deiner Zelle. Dann kommste aber nicht raus.
    15:00 Einrücken aus den Betrieben und Einschluss. Geschafft für heute.
    15:05 Bestandsfeststellung. Wieder zählen! Wieder nicht mehr geworden! Kannste nix machen!
    15:10 Freistunde. Ha! Glotzen sowieso alle fern.
    16:45 Bestandsfeststellung. Hihi, der kann nicht bis zwölf zählen!
    17:15 Versorgungszeit. Zeig mal, nee, also das kannste nu wirklich selber fressen!
    17:45 Freizeit. Juchee, ist das toll hier! Alles so schön bunt!
    21:45 Zählrapport. Freut mich, wir sind immer noch nicht mehr geworden! Freut mich wirklich.
    22:00 Nachtverschluss. Das ist deine Zeit jetzt. Das ist deine Zeit. Das ist nur deine Zeit!
     

* 13

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