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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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Angebot verlockend klang. Ich war nicht überzeugt. Felder jedoch ruhte erst, als auch Hubsi, vorsichtig über seine zarte Haut streichend, ein vorläufig klingendes Wachauf! hervorstieß.
    Wir kauften unsere Karten für die abendliche Show der Paare , gingen in die öffentliche Bibliothek und aßen dann einen Happen in der gastronomischen Einrichtung im Erdgeschoss, wie eine Art Gedenktafel an der Scheibe verkündete.
    Ich wollte etwas über die Show am Abend wissen, aber Felder brummelte nur, lass dich überraschen, wirst schon sehen. Und das war das.
    Die Show war dann im großen Theater des Forums, einer Art Kathedrale der Künste plus Kernseife. Denn etwas von einer Kirche hatte dieser Raum. Das war nicht zu leugnen.
    Er weilte unter einer hohen, runden Kuppel, die mit vier Gemälden bestrichen waren. Eines stellte offenbar d en Morgen dar. So sagte es zumindest einer kleiner Schriftzug rechts unten; bei den anderen stand Der Tag, Der Abend und Der Traum .
    Alle waren in einer Art verhuschtem Sozialistischen Realismus gehalten. Mich jedoch erinnerten sie eher an Wandgemälde einer in den frühen achtziger Jahren gebauten Kirche, sagen wir, in Paderborn.
    Von der Mitte der Kuppel seilte sich ein silbernes Gestell aus Rohren und Holzplatten herab wie ein Relikt aus einer versunkenen Moderne, an die sich niemand mehr erinnern kann. Daran festgemacht war eine mittelgroße Disko-Kugel. Später drehte sie sich um die eigene Achse und warf dabei schaurig-knallbunte Punkte auf die Soz-Real-Höhlenmalereien.
    Hinten und an den Seiten gab es ein paar kleine Emporen. Es gab natürlich eine flache Bühne, klar. Und es gab eine Menge Stuhlreihen.
    Darin drängelten sich vielleicht vierhundert Leute. Alte Leute. Das sei gleich vorneweg geschickt. Felder hatte uns nämlich mitten ins Altersheim geschleust, das Sie Deutschland nennen, in eine Abendunterhaltung für Senioren. Völlig absichtlich natürlich.
    Und was machte er, als wir die gesamte Szene überblickten? Er breitete die Arme aus und rief: „Oh Mann, hier willste dich gleich integrieren.“
    In dem Moment dachte ich wirklich, Mann, der hat sie doch nicht mehr alle.
    Am Rand der Stuhlreihen standen so einige Gehgestelle. Ich sah einen Rollstuhl und ein Dutzend Stöcke mit weichen Pfropfen unten dran. Jemand erstaunt? Ich nicht, denn das Durchschnittsalter des Publikums lag deutlich über sechzig, eher schwer geneigt gegen siebzig, würde ich sagen. Und das war einfach nicht in Ordnung, Felder. Das war wirklich nicht in Ordnung.
    Es gibt so viele falsche Karos auf dieser Welt, so viele gemeine Streifen, so viele hinterhältige Farben. Ich habe noch nie so viele schlecht angezogene Leute auf einem Haufen gesehen. Ihre Kleider waren aus dem üblichen Sortiment der improvisierten Märkte zusammengetragen, die überall zwischen den Viel-Geschossern sprießten. Wenn man das Sortiment dort gesehen hatte, dachte man immer so bei sich, meine Güte, wer kauft denn so was! Diese Frage war nun beantwortet.
    Aber dann hatten diese Leute natürlich auch ihre Gründe. In ihrem Land, früher mal, war es ihnen, wie allen, ganz gut gegangen. Aber wegen Ereignissen, die sie nicht kontrollierten, waren seit Jahrzehnten nun schon die Waren- und Geldströme an ihnen vorbei gezogen. Aber so etwas von. Was wollten sie machen!
    Das war nicht schön anzusehen. Felder, das war wirklich nicht in Ordnung.
    Nachdem ich die Szene in Gänze überblickte, schwor ich mir steif und fest, damals und für immer, du wirst einmal in Würde altern. Wenn du alt und tot bist, wirst du dich auf den Dorfplatz setzen, gram und verbittert, und wirst über jeden herziehen, der da vorbei kommt. Lautstark! Lang! Und liederlich!
    Unsere Plätze waren ein bisschen an der Seite, aber auch in einer der ersten Reihen. In der Folge habe ich von dort Dinge gesehen, unbeschreibliche Dinge, die ich später nur schwer wieder aus dem Gedächtnis tilgen konnte. Wie gesagt, Felder, das war wirklich nicht in Ordnung.
    Ankündigt war der ganze Zinnober als Show der Paare . So als ob es, wenn die Gesellen in Paaren kommen, nicht so schlimm wäre. Aber die Paare waren eben: Petra Kusch-Lück plus Roland Neudert, Andrea Peetz plus Wilfried Peetz, sowie ein Derwisch, der sich als Monika Hauff ausgab, plus ein pensionierter Winnetou-Darsteller namens Klaus Dieter Henkler.
    Das Leben ist grausam, das weiß man ja. Zu manchen aber besonders. Eine davon ist ganz sicher die gelernte Krankenschwester Petra Kusch-Lück. Sie war Ansagerin im

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