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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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allem darum billigen Wohnraum zu schaffen“, sagte ich.
    „ Nein, ursprünglich hatte hier jemand eine Vision.“ Felder musste laut lachen. Das wirkte völlig natürlich. „Aber unter Chrustschow sah man das dann alles allerdings schon realistischer. Und die hier“, Felder machte wieder einmal eine seiner weiten, alles einnehmenden Gesten mit der Hand, „die wurden erst Ende der Siebziger gebaut, oder sogar später. Bis zur Wende haben die süd-östlich von hier noch gebaut.“
    Wir liefen entlang der Marzahner Promenade - Eigenwerbung: Die Einfkaufsmeile von Marzahn -, und ich muss sagen, das Ganze erinnerte mich so ein bisschen an ein großes Sanatorium, so ein modernes Herzzentrum irgendwo auf dem Berg, mit Wellenbad und anderen modernen Errungenschaften des Wellness-Gesundheits-Schnickschnacks und solchen Schoten. Denn es lag ein leichter Hauch von Ferien und Erholung in der Luft, der schwer zu ignorieren war.
    Die Elf-Geschosser standen frisch gewaschen und geduscht an der Peripherie und zeigten ihre neuen Kleider von fingerfarben-interoperablen Mustern aus Weiß und Rot, und Weiß und Blau und Weiß und Weiß und was-weiß-ich-was.
    Felder machte jedes Mal ein paar Schritte unter dem Dach hervor, damit wir einen Blick auf besonders eindrucksvolle Exemplare werfen konnten und erklärte, wie viele Zig-Millionen EU- und Bundesgelder in ihre Sanierung gebuttert worden waren. „Mann, die haben ganze Blöcke, vor allem Schulen und Kindergärten, abgerissen und die Bebauung ausgedünnt. Die wurden ja nicht mehr gebraucht. Bei manchen Blocks wurden oben ein paar Stockwerke abgetragen, einfach so, wie von einem Lego-Haus, wo man oben einfach ein paar Steine weg nimmt. Wahnsinn.“
    Natürlich werden im Westen Hochhäuser auch nicht gemauert, sondern aus Beton zusammengeschraubt, aber es wird einfach darauf geachtet, dass die Nähte von der Fassade vorne verdeckt werden, und als wir da so gingen und guckten und guckten und gingen, konnte ich nicht umhin zu denken, dass hier jemand gekleckert hatte. Das sagte ich Felder.
    „ Klar, Mann, hast du schon mal ne richtige sowjetische Retorten-Stadt gesehen? So eine, die in der Nähe einer Kupfer-Mine einfach so in die Taiga gekegelt wurde. Da steht ein Block hinter dem anderen, in Reihe und Glied. Hat was, wenn sie verfallen und die Taiga langsam wieder drüberwächst.“ Fast verächtlich ließ er seinen Blick über die Häuser schweifen. „Da ist das hier überhaupt kein Vergleich, Mann. Bei weitem nicht!“
    Schon dort und damals ist mir aufgefallen, dass Felder immer wohl gesetzte Kunstpausen ließ. So als wolle er die Information in mundgerechte Häppchen portionieren, so dass ich auch wirklich alles mitkriege und nichts vergesse. Dabei schien mir sein Blick immer sagen zu wollen, merk dir das, merk dir das genau, so als ob er schon gewusst hätte, dass ich es später einmal aufschreiben werde. So als sei ich sein Eckermann, oder in seinem Fall wohl eher sein Boswell.
    Damals kam mir das lächerlich vor. Was denkt der sich! Ist der wahnsinnig? Aber nach dem, was später passiert ist, tut es mir heute leid, dass ich nicht mitgeschrieben habe oder zumindest zuhause so eine Art Tagebuch geführt habe. Heute habe ich noch so viele Fragen, die ich ihm gerne stellen würde, aber dazu war es dann auf einmal zu spät.
    Als ich mich dann schließlich an den steten Wechsel von weiten freien Flächen und engen Fluchten der aufragenden Hochhäuser gewöhnt hatte, kam auf einmal etwas ganz anderes. Auf einmal standen wir vor einer kleinen Insel im Ozean der Elf-Geschosser: dem Dorf Alt-Marzahn. Aus irgendeinem unersichtlichen Grund hatte die Flut der Hochhäuser vor ihm halt gemacht. Aber wenn man in dem alten Dörfchen stand und ringsum die Elf-Geschosser aus dem Horizont wachsen sah, schien seine Wohlfahrt immer noch bedroht. Wenn es sich die Fluten doch noch anders überlegten!
    Schön sauber getrennt durch die vierspurigen Autobahnen außen herum, hatte in Alt-Marzahn eine ländliche Idylle überlebt. Ein alte Windmühle thronte auf einem Hügel direkt an der Straße. Und, durchzogen von ein paar Gässchen mit Kopfsteinpflaster, stand dort eine kleine Kirche aus Backstein, ein Dorfmuseum, eine Gastwirtschaft und ein Dutzend alte Bauernhöfe rings um den Dorfanger gruppiert.
    Als wir gerade immer noch staunend am Gasthof Dorfkrug vorbeizogen, fing uns eine alte Frau ab. Wie die meisten Leute, die wir gesehen hatten, trug sie einen bunten Anorak und Gesundheitsschuhe. Aber

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