Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
Vom Netzwerk:
das war noch nicht alles.
    „ Etwas jedoch ändert sich doch: Es kommen eine Menge englische Wörter in die Sprache. Vielleicht ist das viele Englisch im Deutschen schon der Anfang von einer Pidgin-Sprache. Ihr wisst schon, so eine, die Insulaner aus der Kolonialsprache zusammengebaut haben.“ Felder sprang auf und walzte die Worte breit wie Kuchenteig. „So: 'Ey, willst du den Number Wan gevoteten Song downloaden, Babie?'“
    Das war nicht kool. „Tja, dumm gelaufen, was willste machen?“
    „Ich will überhaupt nichts machen. Ich stelle nur etwas fest.“
    „ In Ordnung.“ Ich schaute Hubsi an. „Felders Beitrag wird allgemein festgestellt.“ Hubsi nickte.
    Eines jedoch störte mich an Felders altklugem Gerede. „Aber das ist ja nicht nur ein deutsches Problem. In vielen anderen Sprachen ist es doch genau so.“
    „Sie haben völlig recht.“ Felder wieder mit seinem aufgeräumten Tonfall. „In vielen anderen Sprachen ist es genau so. In allen nicht-englischen, um genau zu sein. Die Welt spricht Englisch. Deshalb leiden die anderen Sprachen inzwischen unter einem nicht aufzuholenden Nachteil und werden langsam aber stetig krank, zweitklassig, provinziell. Und sie sterben.“
    Wir sagten nichts.
    „Das gilt natürlich auch für alle, die die Sprachen benutzen und die Medien, in denen sie sie benutzen.“ Felder hörte sich jetzt wirklich selbstgefällig an. „Und mit ihnen die Zeitungen, die Musik, das Theater, der Film.“ So als genoss er es, dass seine eigene Sprache starb. „Alles zweitklassig.“
    Dann fing er wieder an vom deutschen Fernsehen und wie schlecht es doch war.
    Na gut, dann spielte ich eben mit. „Und wenn das Fernsehen nichts taugt, taugt der Stamm auch nichts.“
    Felder legte die Hand auf meine Schulter. „Jetzt hast du's. Jetzt hast du's.“
    „Na und, kannste eben nichts machen. Der Zug ist abgefahren. Was kannst du dagegen machen außer auch Englisch zu reden und zu schreiben.“ War doch so.
    „ Gar nichts. Nur: Wir haben die Entwicklung erkannt und ziehen die Schlussfolgerungen. Das ist unsere Aufgabe. Wir sind die Teilchenbeschleuniger.“
    „ Wie?“ Wie ein Beschleuniger fühlte ich mich nicht gerade. Aber darum ging es auch nicht. Felder hatte doch schon wieder einen Plan. Nur darum ging es. Es ging nur darum heraus zu finden, was sein Plan war. „Was hast du vor?“
    „ Nun, wir wollen etwas gegen das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen unternehmen, richtig?“
    Wir nickten.
    Nun dozierte Felder schon wieder. An ihm war wirklich ein Professor verloren gegangen. Stell ihm ein Pult hin, und er ist dort nicht mehr weg zu kriegen. „Deshalb greifen wir auf das wirkungsvollste soziale Korrektiv zurück, das es gibt: Spott. Soweit, so einfach.“
    „ Was meinst du?“ Felder hatte eine Kunstpause gemacht. Anstatt einfach damit raus zu rücken, was er vorhatte, präsentierte er dir alles häppchenweise, damit du nicht rundheraus Nein sagen konntest.
    „ Ich meine, dass ein bisschen Häme auszuschütten viel wirkungsvoller ist als jemanden durch ein Verbot zu zwingen. Niemand will lächerlich erscheinen.“
    „ Und was heißt das konkret?“ Er ließ sich alles aus der Nase ziehen.
    „ Also ganz konkret: Wir sollten dem Fernsehen den Boden unter den Füßen wegziehen. Damit alle sehen, wie schnell und tief es fällt.“
    „ Und was heißt das?“
    „ Eigentlich müssten wir es nur nehmen und in einem anderen Kontext präsentieren. Mit ein paar hämischen Kommentaren.“
    „ Was meinst du?“
    „ Forsthaus Falkenau mit Lachspur.“
    „ Das reicht?“
    „ Wenn die Heimspieler nicht so verhärtet wären, schon. Allerdings kriegst du im Zaubernetz heutzutage nur Zuschauer, wenn du was richtig Spektakuläres machst.“
    „ Du willst was ins Zaubernetz stellen?“
    „ Alle wollen die Welt besser machen, aber niemand interessanter. Wir schon. Wir drehen einfach unseren eigenen Film. Soll ja auch ein bisschen Spaß machen.“
    „ Na gut, lass es uns machen.“ Obwohl ich noch nicht mal wusste, was Felder  vorhatte, sagte ich schon zu. Das war wirklich nicht mehr ich. Meine gesunde Vorsicht war so aus dem Fenster wie schlechte Luft. Ich kann mir das nur so erklären, dass dieser eine Tag, als wir beim Diddan waren... Das ist schwer zu erklären. Dass dieser eine Tag, zum ersten Mal seit langem wirklich, sich so angefühlt hat, als sei ich nicht nur am Leben, sondern als lebte ich wirklich. Als machte es Spaß und hätte einen Sinn, verstehen Sie? Können Sie

Weitere Kostenlose Bücher