Schönesding!
waren wir wieder in Frankfurt. Diesmal war es eine ganz andere Sache. Viel angespannter, viel ernster. Überall waren Kameras, überall hin wurden wir von RTL-Typen begleitet. Diesmal mussten wir ja vorm Diddan singen.“ Hubsi verzog sein Gesicht zu einem sauren Grinsen. „Und wir hatten schon so einiges von den andern gehört, dass er sehr streng war, dass er Leute runtermachte, aber niemand wusste natürlich was Genaues. Das hat einen schon, na ja, zumindest mich hat es unheimlich nervös gemacht. Bei Fello war es ganz anders, das merkte man. Der schien durch den Ernst der Lage, oder wie man das nennen soll, durch die vielen Lichter, durch die Spannung, schien er sicherer zu werden. Er konnte es kaum abwarten dranzukommen. Er summte die ganze Zeit gut gelaunt vor sich hin. Der war richtig aufgeladen. Ich dagegen musste mich allein zwei Mal aufs Klo begleiten lassen. Und als wir dann endlich in der Reihe standen, konnte ich es kaum mehr aushalten. Meine Hände schwitzten wie Rasensprenger. Und immer noch mussten wir warten.“
Hubsi redete jetzt in Stakkato-Sätzen. Er holte kaum mehr Luft.
„Fello kam zuerst dran. Zumindest konnte er mir so sagen, wie es war, wenn er fertig war. Deshalb war ich ganz froh. Aber als er wieder rauskam und über alle Backen strahlte, war das nicht mehr so. Eigentlich bekam man erst Bescheid, ob man es geschafft hat, verstehst du, ob man weiter war, man bekam erst Bescheid am Abend, aber jemand von RTL hatte Fello schon gesagt, dass er dabei war. Deshalb hat er so gestrahlt. Er hatte es geschafft. Das gab mir einen kleinen Stich. In dem Augenblick habe ich Fello unheimlich gehasst, ja, gehasst - das ist schon das richtige Wort. Wieso hat er es geschafft? Er konnte eigentlich gar nicht richtig singen. Weil er es sowieso nicht schaffen würde, da war ich sicher, war es nicht wichtig, aber in dem Moment hat sich das schlagartig geändert. Ich habe ihn gehasst. Das ist ganz schön schlimm, oder?“
Dieses starke Wort hatte Hubsi aus seiner Trance geweckt. Nun war er sich wieder bewusst, dass ihm jemand gegenüber saß, dass ihm jemand zuhörte.
Ich sagte, nein, das kann ich mir schon vorstellen, ihr scheint dort ja unter ganz schönem Druck gestanden zu haben. „Wahrscheinlich hätten viele in deiner Lage so reagiert. Das kann man nur beurteilen, wenn man selbst in deinen Schuhen gesteckt hat. Also ich finde es nicht schlimm. Das ist schon in Ordnung.“
„ Na ja, so war es auf jeden Fall. So war es. Endlich bin ich drangekommen. Ich wurde reingeführt und musste mich auf ein mit Klebeband am Boden markiertes Kreuz stellen. Es war so heiß da drinnen. Da waren so viele Scheinwerfer, alle auf mich gerichtet. Am anderen Ende des Raumes saßen drei Leute. Wahrscheinlich saß der Diddan dort, aber ich war nicht sicher. Wegen der Scheinwerfer konnte man sein zerknautschtes Gesicht gar nicht richtig erkennen. Das hätte jeder sein können.“
Hubsi war wieder in seine tonlose Rede gefallen, die anzeigte, dass er die Momente von damals noch einmal durchlebte, dass er die Bilder von damals wieder vor Augen hatte.
„Bevor der RTL-Typ verschwand, der mich reingeführt hat, legte er seine Hand auf meine Schulter und sagte, ,Viel Glück!'. Dabei lachte er. Lachte dreckig, unheimlich dreckig, als wüsste er etwas, das ich nicht wusste. Du hast sowieso keine Chance, sollte das bedeuten. Das wird jetzt hart für dich. Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet, aber in dem Augenblick wusste ich, ich werde es nicht schaffen, das war es jetzt, Hubsi, du wirst untergehen, und es ist nicht klar, was danach kommt...“
Hubsi machte eine Pause. Ich sah eine einzelne Träne über seine Backe rollen. Gedankenlos wischte er sie ab. Er sprach aber auch nicht weiter, sondern schniffelte erst einmal in ein Taschentuch, das er aus seiner Hosentasche geholt hatte.
„Hubsi, tut mir leid.“, sagte ich. „Wenn es dir schwer fällt, wenn du es nicht erzählen willst...“
„ Nein, nein, ich habe es noch niemandem erzählt, nicht mal Felder. Vielleicht ist es ganz gut so.“
Er schaute mich zum ersten Mal seit langem wieder an. „Es ist auf jeden Fall interessant es einmal laut zu hören. Wenn es so lange tonlos in deinem Kopf abgelaufen ist, verstehst du? Ich habe schon angefangen zu glauben, dass es still war damals. Wie in einem Grab. Selbst mein Singen kann ich nicht mehr hören. Aber es war nicht still. Es war verdammt laut. Verdammt laut. Ich habe es nur nicht mitgekriegt.“
„Ja, klar, ich
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