Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
weitem nicht ausreichen, um das Leben auf der Erde vollständig auszulöschen. Insekten beispielsweise weisen eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit gegen radioaktive Strahlung auf. Die Welt nach einem solchen nuklearen Holocaust wäre eine ganz andere - wir Menschen hätten dort keinen Platz mehr, ebenso wenig wie alle anderen Säugetiere, Vögel und die meisten Reptilien. Doch das Leben im Meer bliebe weitgehend verschont, und an Land würde das Zeitalter der Spinnen und Insekten anbrechen. Vermutlich gäbe es irgendwann tatsächlich riesige Spinnen und Skorpione, wie sie bisher nur Fantasy-Romane bevölkern. Vielleicht - nein, höchstwahrscheinlich - würden einige Insektenarten irgendwann Intelligenz entwickeln. Sie würden vielleicht eines fernen Tages - in ein paar hundert Millionen Jahren -unsere Spuren entdecken und Theorien darüber aufstellen, wie wir aussahen und warum wir ausgestorben sind.
So sehr wir uns auch bemühen, wir werden das Leben auf der Erde nicht vernichten können. Im Gegenteil - je mehr wir die Vielfalt der Biotope zerstören, desto größer ist die Gefahr, dass wir unsere eigenen Überlebenschancen beschneiden und von anderen Lebensformen verdrängt werden. Unsere Monokulturen begünstigen beispielsweise die Ausbreitung bestimmter Arten, die dann massenhaft auftreten und unsere eigene Existenz gefährden. Heuschreckenschwärme in Afrika oder die auch für den Menschen gefährliche Vogelgrippe in deutschen Massentierhaltungsbetrieben sind Beispiele dafür.
Wir verändern das Gleichgewicht in der Natur, doch wo es Verlierer gibt, gibt es immer auch Gewinner. Am Ende haben wir vielleicht unwillentlich der Evolution eine neue Richtung gegeben. Aufhalten können wir sie nicht.
1.3. Die Mathematik des Lebens
Wir haben gesehen, dass die Evolution eine Kraft ist, die auch auf unbelebte Dinge wie Gene, Viren und Moleküle in der Ursuppe wirkt. Sie kann also kein rein biologisches Phänomen sein. Aber was ist sie dann?
Ganz einfach: Evolution ist eine mathematische Zwangsläufigkeit. Sie entsteht immer dann, wenn drei simple Mechanismen wirken: Reproduktion, Mutation und Selektion.
Reproduktion sorgt dafür, dass aus einem Objekt mehrere gleichartige Kopien entstehen, wobei sämtliche Eigenschaften des Originalobjektes auf die Kopien übertragen (»vererbt«) werden.
Mutation bewirkt einzelne Abweichungen dieser Eigenschaften, so dass die Kopien ähnlich, aber nicht mehr dem Original gleichartig sind. Dies geschieht in aller Regel während, nicht nach der Reproduktion. Im folgenden Diagramm ist dies nur aus Gründen der Anschaulichkeit als aufeinander folgend dargestellt.
Bei der Selektion schließlich werden einzelne Kopien ausgewählt, von denen wiederum Kopien hergestellt werden, während andere nicht kopiert werden. Damit Evolution stattfindet, muss diese Selektion irgendwie durch die Eigenschaften der Objekte beeinflusst werden. Das heißt bestimmte Ausprägungen einer Eigenschaft müssen die Wahrscheinlichkeit erhöhen oder vermindern, dass das Objekt reproduziert wird. Selektion darf im Sinne der Evolution also nicht ausschließlich zufällig erfolgen.
Der Kreislauf der Evolution
Wenn Reproduktion, Mutation und Selektion wirken, dann folgt daraus logisch, dass sich von Generation zu Generation immer »bessere« Kopien entwickeln, deren Eigenschaften die Wahrscheinlichkeit, selektiert zu werden, gegenüber dem ursprünglichen Original erhöhen. Mathematisch ausgedrückt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiger »Nachkomme« eines Replikators Eigenschaften aufweist, die seine Selektionschance gegenüber der des Originals erhöhen, nimmt im Zeitablauf zu. Das bedeutet:
Immer wenn Reproduktion, Mutation und Selektion stattfinden, führt dies zu Evolution.
Evolution ist eine Grundeigenschaft des Universums, eine Triebkraft, die so allgegenwärtig ist wie die Schwerkraft. Sobald sich auch nur die kleinste Chance bietet - sobald zum Beispiel irgendwo zufällig Moleküle entstehen, die sich selbst replizieren können -, setzt augenblicklich Evolution ein. Diese Zwangsläufigkeit lässt erwarten, dass das
Universum randvoll ist mit Prozessen, die der Evolution unterliegen - und die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu etwas führen, das man Leben nennen könnte. Wir Menschen sind also vermutlich nicht allein im Kosmos, wir sind nicht einmal etwas Besonderes. Unsere Existenz ergibt sich zwangsläufig aus einer mathematischen Gesetzmäßigkeit.
Der Oxford-Professor Peter Atkins drückt das
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