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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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aus, dass Tiere ihre zu Lebzeiten erworbenen Eigenschaften an ihre Nachkommen weitergeben können. Beispielsweise glaubte er, dass Giraffen lange Hälse entwickelt hatten, weil sie ihre Hälse streckten, dadurch ihre Muskeln dehnten und diese erworbene Eigenschaft dann vererbten. Auch wenn sich diese Sichtweise inzwischen als falsch herausgestellt hat, kann man Lamarcks Arbeit als ebenso bedeutend ansehen wie die von Darwin. Ganz sicher bildete sie, genau wie die Gedanken seines Großvaters Erasmus, eine wichtige Grundlage für Darwins Werk.
    Es ist Darwins Verdienst, die Idee der Evolution in kla-rer, überzeugender Sprache dargelegt und sie durch unzählige Naturbeobachtungen belegt zu haben. Er hat sie sozusagen gesellschafts- und diskussionsfähig gemacht. Sein Name ist zu Recht als der eines der bedeutendsten Naturwissenschaftler in die Geschichte eingegangen, aber er war weder der Einzige noch der Erste, der erkannte, dass die Vielfalt des Lebens auf der Erde durch einen Prozess natürlicher Veränderung und Anpassung entstanden ist.
    Wir neigen dazu, große Veränderungen mit einem einzigen Namen zu verknüpfen und diesen dann als alleinigen Urheber zu betrachten. Aber James Watt hat nicht die Dampfmaschine erfunden (sondern nur verbessert), und Thomas Edison ist nicht der Erfinder der Glühbirne (er hat sie kommerziell nutzbar gemacht und damit viel Geld verdient). All diese bedeutenden Männer haben einen sehr wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik geleistet, der hier keinesfalls geschmälert werden soll. Doch ohne die Vorarbeiten anderer, kaum bekannter Pioniere hätten sie ihre bahnbrechenden Erfindungen und Theorien nicht entwickeln können. Der Prozess der Entwicklung von Wissenschaft und Technik ist bei genauerem Hinsehen viel gradueller, als sich das die meisten Menschen vorstellen.
    Meme sind dann erfolgreich, wenn wir sie »interessant« finden und weiterverbreiten, und das unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. So ist zu erklären, dass viele Menschen die Geschichten von einem jugendlichen Zauberer namens Harry Potter lesen wollen, obwohl doch offensichtlich ist, dass es keine Zauberer, Drachen und fliegenden Besen gibt. Aus demselben Grund hält sich so manche absurde Verschwörungstheorie hartnäckig in den Köpfen und auf den Websites ihrer Anhänger: Die Amerikaner seien niemals auf dem Mond gelandet, sondern hätten die ganze Geschichte in Hollywood gedreht; in Roswell sei ein Ufo abgestürzt, das in einem geheimen Labor aufbewahrt werde, und so weiter. Eine sehr schöne Satire auf solche Internet-Verschwörungstheorien ist das erstaunlich erfolgreiche Mem mit der Behauptung, es gäbe die Stadt Bielefeld in Wirklichkeit gar nicht - siehe www.bielefeldver-schwoerung.de.
    Auch Aberglaube lässt sich durch diesen Effekt erklären. Selbst ansonsten völlig rationale, gut ausgebildete Menschen sind am Freitag, dem 13., lieber etwas vorsichtiger oder lesen täglich ihr Horoskop. Dies scheint auf unserer angeborenen Neigung zu beruhen, in der Natur aus scheinbar ungeordneten Strukturen Muster und Zusammenhänge zu erkennen - eine für das Überleben enorm wichtige Fähigkeit unserer Vorfahren, die uns jedoch auch in die Irre leiten kann. Sie versetzt uns beispielsweise in die Lage, in einem dichten Wald ein gut getarntes Reh zu erkennen oder die Umrisse eines Leoparden in einem Chaos aus schwarzen Flecken.
    Doch diese Eigenschaft unseres Denkens in Mustern führt auch zu Vorurteilen und Aberglaube, denn manchmal erkennen wir Muster, wo keine sind. Wir sehen Figuren in Wolken oder Tintenklecksen, obwohl diese rein zufällig entstehen. Das kann krankhafte Züge annehmen -Paranoide deuten zufällige Ereignisse als Absicht und fühlen sich von bösen Mächten verfolgt.
    Manche Meme nutzen unsere Neigung, Zusammenhänge zu sehen, wo keine sind, schamlos aus. Der immer noch erschreckend weit verbreitete Glaube, man könne die Charaktereigenschaften eines Menschen oder gar sein Schicksal aus der Position der Himmelskörper bei seiner Geburt ablesen, ist ein gutes Beispiel dafür.

    Beispiel für die Mustererkennungsfähigkeit des menschlichen Gehirns (Originalfoto: Dieter Gandras/ www.dieter-gandras.de ; Verfremdung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung)
    Vielleicht ist dies auch der Grund, warum wir immer noch an einen allmächtigen Schöpfer glauben, obwohl die Evolutionstheorie diesen überflüssig zu machen scheint.
    Wenn man sich mit der Evolution beschäftigt, kommt

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