Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
der Softwareindustrie. Der Softwareentwickler definiert nicht mehr, wie ein Programm eine Aufgabe erledigen soll, sondern nur noch, was es tun muss. Der Codegenerator erledigt den Rest. Hierfür muss der Entwickler das Problem allerdings in einem mathematisch exakten Modell formulieren, beispielsweise in einer strukturierten Beschreibungssprache wie UML.
Einen Schritt weiter geht das sogenannte intentionale Programmieren. Hierbei geht es darum, Probleme in einer vageren, »menschlicheren« Form zu beschreiben. Der Entwickler definiert nur noch, welche Kriterien eine richtige oder gute Lösung erfüllen muss. Die Software sucht dann selbst nach der passenden Methode.
Die Idee des intentionalen Programmierens wurde von dem aus Ungarn stammenden Milliardär Charles Simonyi entwickelt. Er ist einer der Erfinder der graphischen Benutzeroberfläche, die uns heute so geläufig ist, und war einer der ersten Mitarbeiter der Firma Microsoft. Außerdem flog er als Weltraumtourist an Bord der ISS und finanziert Richard Dawkins’ Lehrstuhl an der Universität Oxford. Ein Mann also, der seine Ideen auch in die Tat umsetzt.
Simonyis Vision ist es, dass Anwender selbst ihre eigenen Programme entwickeln, ohne dafür eine Programmiersprache erlernen zu müssen. Die Methode des intentionalen Programmierens steckt noch in den Kinderschuhen, aber man kann sich leicht vorstellen, dass sie die Art und Weise, wie wir mit Computern umgehen, grundlegend verändern wird, wenn es Simonyi oder anderen gelingt, hier einen Durchbruch zu erzielen.
Die Beispiele machen es durchaus vorstellbar, dass Computer in naher Zukunft neue Produktgenerationen ohne menschliche Hilfe entwickeln können. Mit der Weiterentwicklung der Automatisierung in der Fertigung könnten bestimmte Produkte, zum Beispiel Computerbauteile, vollautomatisch hergestellt werden. Der gesamte Prozess von der Entwicklung über die Fertigungsplanung bis zur Ausführung könnte irgendwann von Computern ohne menschliches Zutun erledigt werden. Man könnte das eine »autonome Fabrik« nennen.
Eine solche Fabrik wäre zunächst noch davon abhängig, dass Menschen sie mit Energie und Rohstoffen versorgen und ihr sagen, welche der entwickelten Produkte einen hohen praktischen Nutzen haben und welche nicht. Vielleicht bräuchte sie auch noch menschliche Reparatur- und Pflegeteams. Doch die Prozesse im Inneren der Fabrik könnten weitgehend im Verborgenen bleiben. Irgendwann würden sich dann autonome Fabriken zu Netzwerken zusammenschließen, die fertige Endprodukte herstellen -Endprodukte, die vielleicht nie ein Mensch »bestellt« hat.
Sicher wird es noch eine Weile dauern, bis es solche vollständig autonomen Fabriken gibt, die ohne jeglichen menschlichen Eingriff arbeiten. Aber es ist bereits jetzt festzustellen, dass die Rolle des Menschen bei der Fertigung komplexer Produkte immer weiter zurückgedrängt wird. Und nach allem, was wir bisher festgestellt haben, können wir davon ausgehen, dass sich dieser Prozess fortsetzt.
Selbst wenn Menschen auch in Zukunft noch eine Rolle in hochautomatisierten Produktionsprozessen spielen, werden sie doch immer weniger verstehen, was genau dort eigentlich geschieht. Lackierer in einer Autofabrik müssen ja auch nicht wissen, wie das Auto, das sie gerade mit Farbe besprühen, funktioniert. Sie führen einfach die Anweisungen aus, die sie von der Fertigungsplanung erhalten.
Und diese Anweisungen werden bereits heute immer häufiger von Maschinen erstellt. Wenn beispielsweise ein Kunde in einem Autohaus einen Neuwagen in einer bestimmten Farbe bestellt, sorgt das Fertigungssteuerungssystem der Automobilfabrik dafür, dass ein bestimmtes Modell in genau dieser Farbe lackiert wird, ohne dass ein Angestellter der Fabrik irgendwo in diesem Prozess eine bewusste Entscheidung über die Lackfarbe treffen muss.
Je größer der Automatisierungsgrad in der Entwicklung und Fertigung komplexer Maschinen wird und je geringer die Rolle des Menschen dabei ist, desto mehr nähern wir uns dem Punkt, an dem wir überhaupt nicht mehr verstehen, was eigentlich um uns herum geschieht. Dieser Punkt wird gelegentlich als »technologische Singularität« bezeichnet.
Eine Singularität ist, mathematisch gesehen, der Grenzwert, dem eine exponentielle Entwicklung zustrebt - an dem sie den Wert »Unendlich« annimmt. Echte Singularitäten kommen in der bekannten Natur nicht vor. Bezogen auf die memetische Evolution wäre eine Singularität dann gegeben, wenn die
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