Schokolade für dich (German Edition)
waren, Rechnungen, die sortiert werden mussten. Ständig waren alle möglichen Schecks nicht gedeckt gewesen. Immer wieder war Arnie abends vorbeigekommen, um mit ihr die Bankauszüge zu kontrollieren und das Durcheinander zu klären. Dabei hatte er stets geduldig versucht, ihr zu erklären, wo sie Fehler gemacht hatte. Hier, Muriel. Schreib einfach diesen Scheck über zweiundneunzig Dollar an P.U.D. aus.
Als sie Waldo kennengelernt hatte, hatte es immer noch Schecks gegeben, die nicht gedeckt waren. Nur zu gern hatte sie ihm die Verantwortung dafür übertragen. Mach dir keine Sorgen, Liebling. Ich übernehme die Rechnungen. Du schreibst einfach deine Bücher. Wenn sie jetzt zurückblickte, erkannte sie, dass sie wie eine Analphabetin war, die niemals die Fähigkeit erworben hatte, die sie brauchte. Stattdessen hatte sie immer wieder Ausreden gefunden, um ihre Defizite zu umgehen.
„Jetzt lass uns erst mal mit dem arbeiten, was du hast, und sehen, wie wir es aufteilen können“, sagte Pat und unterbrach damit Muriels Gedankengänge.
Zwei Stunden später hatten sie sämtliche Ausgaben und Einnahmen von Muriel in einer Tabelle zusammengefasst. Das, was sie ausgab, war deutlich mehr als das, was hereinkam. Das konnte sogar Muriel erkennen. Sie würde Waldos BMW verkaufen müssen, und auch das Haus würde man sofort zum Kauf anbieten müssen. Das war keine große Überraschung. Trotzdem hatte sie gehofft, dass sie noch ein bisschen mehr Zeit haben würde, um erst mal wieder auf die Füße zu kommen.
„Wahrscheinlich wird dir nicht viel bleiben“, sagte Pat, „aber es sollte zumindest so lange reichen, bis du dein nächstes Buch fertig hast.“
Ob es wohl je ein neues Buch geben würde?
Das Haus zum Verkauf anzubieten war schon schwierig genug. Das reichte fürs Erste an emotionaler Belastung. Einen Schritt nach dem anderen, sagte sie sich, als sie Mountain Meadows Real Estate anrief und einen Termin mit dem Makler vereinbarte.
Das Gespräch war ermutigend. Am Ende hatte sie das Gefühl, in die richtige Richtung zu gehen. Jetzt hatte sie einen Plan und eine Tabelle, und allein das machte ihr schon Mut. So als könnte sie alles bewältigen. Ach Stephen, du hättest bestimmt nie gedacht, dass ich das schaffe. Aber es sieht so aus, als könnte ich es doch.
Und wenn sie es schaffte, so unerfreuliche Dinge wie ihre Finanzen zu regeln, dann konnte sie ganz bestimmt auch helfen, ein Schokoladenfestival auf die Beine zu stellen, und mit dafür sorgen, dass es ein Erfolg wurde.
Bailey kam am Mittwochmorgen vor dem Festivalwochenende mit zwei großen Koffern und ihrem Handgepäck am Sea-Tac-Airport an.
„Ich bin hier. Das Spiel kann beginnen!“, verkündete sie und fiel Samantha in die Arme. Im wahrsten Sinne des Wortes. Weil sie nicht darauf achtete, wohin sie trat, stolperte sie über den Trolley eines Mitreisenden.
„Und du hast deinen halben Hausstand mitgebracht“, stellte Samantha fest, während sie dafür sorgte, dass ihre Schwester ihr Gleichgewicht wiederfand.
„Das ist alles für das Dinner und den High Tea, Sammy“, sagte Bailey und strich sich ihre kastanienbraunen Locken aus dem Gesicht. „Ich habe jede Menge Deko-Artikel im Ein-Dollar-Shop gefunden. Ich weiß zwar, dass wir im Geschäft im Moment ein bisschen klamm sind, aber kannst du mir die Auslagen erstatten? Bis ich den nächsten Cateringjob gemacht habe, bin ich zurzeit auch ein bisschen knapp bei Kasse.“
Bailey war „ein bisschen knapp bei Kasse“, seit sie zwölf war. Genau wie Mom war sie nicht gerade ein Mathegenie. Samantha graute es schon vor der Rechnung. Ihre Schwester schaffte es, selbst in einem Ein-Dollar-Shop ein Vermögen auszugeben.
Samantha griff nach einem Koffer. „Gib mir die Rechnung, dann bekommst du das Geld zurück“, sagte sie. Irgendwie. Nach allem, was sie für die unterschiedlichen Events hatten kaufenmüssen, summierten sich die Ausgaben. Und wenn es so weiterging, würde sie Bailey mit Schokoladenmünzen auszahlen müssen, die in Gold gewickelt waren.
„Ich kann es kaum abwarten, alles zu inspizieren“, sagte Cecily und nahm den anderen Koffer.
Also musste Bailey nur noch ihren Trolley ziehen und konnte sich bei ihrer großen Schwester einhaken. „Das wird ein Riesenspaß.“
„Riesenspaß“, das war das Motto, nach dem Bailey lebte. Sogar die Gründung ihres Cateringgeschäfts war mehr Spaß als Arbeit gewesen, da Dad sie großzügig unterstützt hatte. Aber Samantha war darauf nicht neidisch.
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