Schokolade für dich (German Edition)
stimmte Bailey ihr zu, und sie machten sich gemeinsam auf den Weg zur Punschschüssel.
Samantha trank eigentlich selten Alkohol, aber im Film half ein kräftiger Schluck den Schauspielern anscheinend auch immer, stressige Situationen durchzustehen, also war sie durchauswillens, es zu versuchen. „Ich wünschte, hier wäre ein stärkerer Schuss drin“, murmelte sie.
Bailey blickte zu ihrer Mutter hinüber, die auf der anderen Seite des Raumes saß. „Mir tut Mom so leid.“
Muriel Sterling-Wittman saß auf einem Klappstuhl, eingerahmt vom fahlen Winterlicht, das durch das Fenster hinter ihr hineinschien. Sie wirkte wie eine schöne tragische Figur, die das neue Jahr allein beginnen musste. Ihr schlichtes schwarzes Kleid umhüllte ihre üppigen Kurven diskret, und ihr Haar hatte weiterhin den glänzenden Kastanienton wie damals, als Samantha noch ein Kind gewesen war – was vor allem den hervorragenden Friseuren im Sleeping Lady Salon zu verdanken war. Die grünen Augen, für die Waldo einst geschwärmt hatte, waren zwar vom vielen Weinen blutunterlaufen, aber immer noch schön dank der dichten langen mit wasserfester Mascara versehenen Wimpern. Mindestens die Hälfte der anwesenden Männer umschwirrte Muriel und hielt Taschentücher griffbereit, falls sie eines benötigen sollte.
„Na ja, zumindest brauchen wir keine Angst zu haben, dass sie einsam ist“, meinte Bailey. Sie war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten und ihr auch vom Charakter her am ähnlichsten: genauso nett, positiv denkend und naiv.
Cecily stieß einen verächtlichen Laut aus. „Als wenn einer dieser Männer ihr irgendwie nutzen würde. Die sind doch alle verheiratet.“
„Ed nicht“, korrigierte Bailey sie.
„Der ist scharf auf Pat aus dem Buchladen“, informierte Samantha ihre Schwestern und fügte im Stillen hinzu: zum Glück.
„Arnie ist nicht verheiratet“, meinte Bailey. „Und Bürgermeister Stone auch nicht. Oder wie wäre es mit Waldos Bruder? Wäre es nicht toll, wenn …“
Samantha unterbrach sie. „Sprich das bitte gar nicht erst laut aus.“ Das war jetzt wirklich das Letzte, was sie gebrauchen konnten: einen Mann, der Mom schnell davon überzeugte, dass aller guten Dinge drei waren.
„Schaut euch das bloß an. Waldo ist erst ein paar Tage tot, und schon umschwärmen sie sie wie in einer Seniorenversion von Der Bachelor .“ Angewidert schüttelte Cecily den Kopf. „Männer.“
„Weißt du, dafür, dass du als Partnervermittlerin tätig bist, hast du eine ziemlich merkwürdige Haltung zu solchen Dingen“, stellte Bailey fest.
„Was meinst du wohl, woher ich meine Einstellung habe?“, konterte Cecily.
„Wie schaffst du es nur, im Geschäft zu bleiben?“, wollte Bailey wissen.
„Indem ich Oberflächlichkeit zur Kunst erhoben habe.“ Cecily schenkte ihnen ein böses Grinsen.
Cecily war die einzige Blondine in der Familie, und sie war die Hübscheste von ihnen allen – mit einer tollen Figur und unglaublich langen Beinen. Samantha war die Niedliche, mit den roten Haaren und den Sommersprossen, aber Cecily war diejenige, hinter der die Jungs schon immer her gewesen waren. Doch obwohl sie so gut aussah, hatte sie kein Glück in der Liebe. Bisher konnte sie schon auf zwei gelöste Verlobungen zurückblicken. Samantha verstand nicht, wie Cecily es schaffte, in Los Angeles Geld damit zu verdienen, dass sie gut aussehende Paare zusammenbrachte, während es ihr nicht gelang, ihrem eigenen Liebesleben auf die Sprünge zu helfen.
Im Gegensatz zu dir, die das so gut hinbekommt?
Eins zu null für dich, musste sie ihrem schnippischen Alter Ego zugestehen.
„Du kannst eine Frau tatsächlich dazu bringen, das Thema Liebe ganz aufzugeben“, murmelte Bailey, während sie höflich den alten Mr Nilsen anlächelte, der sie von der anderen Seite des Raumes anstarrte.
„Das wäre wahrscheinlich das Vernünftigste“, erwiderte Cecily.
„Wie auch immer, ich glaube nicht, dass Mom schon so weit ist, die Liebe aufzugeben. Vielleicht könntest du sie mit irgendjemandem verkuppeln?“, schlug Bailey vor.
„Nein!“ Mehrere Leute drehten sich um und starrten zu ihnen herüber, während Samantha hastig einen Schluck Punsch trank und hoffte, dass er die flammende Röte auf ihren Wangen vertreiben würde. Was war nur mit ihr los? Konnte man mit dreißig plötzlich am Tourettesyndrom erkranken?
Cecilys Grinsen wurde noch ein bisschen garstiger. „Ich weiß, was du meinst. Niemand wird Waldo ersetzen
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