Schon in der ersten Nacht
unmissverständlich klar, dass er die Vaterschaft bestreiten würde.
"Du kannst nicht beweisen, dass es von mir ist. Am besten sorgst du dafür, dass du das Ding loswirst", forderte er sie auf.
Auch jetzt noch wurde Lindy ganz übel, wenn sie an die hässliche Bemerkung dachte. Wenn ihre Schwester Anna sich damals nicht zufällig in der Stadt aufgehalten hätte, wäre Lindy völlig verzweifelt.
Anna hatte sich um sie gekümmert. Schließlich hatte Lindy das Baby in den ersten Schwangerschaftswochen verloren, so dass nicht einmal ihre Eltern etwas erfahren hatten. Nur ihre beiden Schwestern wussten Bescheid.
Lindy hatte sich daran gewöhnt, mit den Schuldgefühlen zu leben.
Aber nicht die Affäre selbst belastete ihr Gewissen, sondern die Tatsache, dass sie insgeheim auch etwas erleichtert über die Fehlgeburt gewesen war. Obwohl sie nur kurze Zeit schwanger gewesen war, hatte sie gegenüber diesem unschuldigen Wesen, das in ihr heranwuchs, immer mehr Groll empfunden, weil sie Angst gehabt hatte, es würde so aussehen wie Paul und sie ihr Leben lang an ihn erinnern. Und das war etwas, was sie sich nicht verzeihen konnte, damals nicht und jetzt nicht.
Für Lindy war das alles ziemlich schwierig. Allzu gern hätte Sam es ihr leichter gemacht und ihr geholfen. Aber ihm war klar, dass ihr seine Hilfe nicht willkommen wäre, dazu war sie zu selbstständig. Zu den Gerüchten nahm er keine Stellung, er gab nichts zu und stritt nichts ab. Deshalb wurden er und Lindy während der Dreharbeiten ganz besonders aufmerksam beobachtet.
Nur weil ich mich im entscheidenden Moment nicht herrscht habe, muss Rosalind sich jetzt zum ersten Mal mit dem ganzen Theater auseinander setzen, an das ich schon gewöhnt bin, dachte er ärgerlich.
Sekundenlang schloss er die Augen. Er erinnerte sich genau, wie wütend er gewesen war, als der Journalist sie interessiert gemustert hatte. Genau in dem Augenblick hatte Sam begriffen, was er wirklich für sie empfand.
Die Frau, die er liebte, müsste sowieso früher oder später lernen, mit den Leuten von Presse und Fernsehen umzugehen. Er selbst konnte die Menschen, die ihm nahe standen, nicht unbegrenzt schützen. Am Tag zuvor hatte er deutlich gemerkt, wie entsetzt Rosalind über den Medienrummel gewesen war. Würde sich das früher oder später negativ auf ihre Beziehung auswirken? Du liebe Zeit, das geht wirklich zu weit, sagte er sich plötzlich. Es hatte keinen Sinn, zu grübeln. Stattdessen müsste er Vertrauen in die Zukunft haben,
"Die nächste Szene." Sam wandte sich wieder an Will Gibson, der neben ihm stand.
"Eine beneidenswerte Fähigkeit."
"Was, Will?"
"Dass du dich verlieben und dabei auch noch denken kannst. Jeder andere würde die Arbeit vernachlässigen, nicht jedoch unser großer Herr und Meister. Ich glaube, alle haben damit gerechnet, heute würde eine Drehpause eingelegt nach den Ereignissen gestern vor Hopes Haus. Darüber wurde im Fernsehen ausführlich berichtet. Statt geistesabwesend und verträumt herumzulaufen, legst du ein Tempo vor, das mich beinah umbringt. Ich bin nicht mehr der Jüngste,"
"Ich auch nicht mehr, wenn der Film endlich fertig ist", antwortete Sam.
Will lächelte. Er hatte die ganze Zeit geahnt, dass Sam in Lindy verliebt war, und sogar Wetten darauf abgeschlossen.
"Ich muss mit dir reden." Sam packte Lindy am Arm.
Sie unterdrückte einen Aufschrei. "Du hast schon genug gesagt", erwiderte sie kurz angebunden.
Eine Stunde lang hatte sie ihn durch eine Szene geführt, in der er einen Notfall behandeln müsste. Lindy war viel zu unkonzentriert gewesen, wofür Sam kein Verständnis gezeigt hatte. Er hatte sehr ungeduldig reagiert. Sie ärgerte sich immer noch darüber und fühlte sich gedemütigt. Am schlimmsten war, dass plötzlich viel mehr Leute als sonst bei den Dreharbeiten interessiert und neugierig zugeschaut hatten.
Wenn Sam mich wirklich liebte, hätte er mich nicht so
unpersönlich und irgendwie herablassend behandelt, hatte Lindy am Ende gedacht. Und das war nicht das Einzige, was sie an diesem Tag ertragen musste. Wenn sie irgendwo auftauchte, stockte die Unterhaltung, es wurde gekichert und gelacht.
Die meisten Bemerkungen waren harmlos, aber einige waren auch spitz. Ned Stewart blickte sie so vorwurfsvoll an, dass sie sich beinah entschuldigt hätte. Jedenfalls konnte nach diesem Vormittag niemand behaupten, Sam behandele sie besser als andere.
"Wir müssen uns privat unterhalten."
Er blickte sie so eindringlich an, dass ihr
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