School of Secrets. Verloren bis Mitternacht (German Edition)
dass uns niemand belauschte.
Mein Blick schweifte über die sieben Schüler und Schülerinnen, die außer mir noch anwesend waren. Alle anderen waren schon über achtzehn Jahre und besaßen eine übernatürliche Begabung. Nur ich war noch nicht volljährig, aber das würde sich in wenigen Tagen ändern, denn dann hatte ich endlich Geburtstag. Bisher hatte sich bei mir allerdings noch keine paranormale Fähigkeit bemerkbar gemacht.
Ich ließ die Schultern hängen und konnte ein lautes Seufzen nicht unterdrücken.
»Nun mach dir mal keine Sorgen«, versuchte mich Tim zu beruhigen. Er hatte meine Reaktion auf Monas Worte mitbekommen und legte mir sanft eine Hand auf den Arm.
»Spätestens in ein paar Tagen, wenn du Geburtstag hast, wirst du wissen, welche Gabe du besitzt.«
Ich sah hoch, und unsere Blicke trafen sich. Tims schokobraune Augen spiegelten das Lächeln wider, das auf seinen Lippen lag. Sein kurzes Haar war wild zerzaust, weil er sich laufend mit der Hand hindurchfuhr. Ich nickte, obwohl ich nicht ganz so zuversichtlich war wie er.
Außerdem hatte er gut reden, denn er besaß ja bereits seine Fähigkeit, um die ich ihn wirklich beneidete. Tims Begabung war die Pyrokinese. Er konnte Feuer herbeirufen und beherrschen. Na ja, zumindest war er gerade dabei, es zu lernen. Das war auch der Grund, warum wir alle in der Woodland-Privatschule lebten. Hier lehrte man uns, mit unseren außergewöhnlichen Kräften umzugehen und sie zu kontrollieren.
»Ich habe es gefunden«, rief Mona aufgeregt und riss mich damit aus meinen Gedanken. Sie hatte das dicke, in Leder gebundene Buch aufgeschlagen und starrte fasziniert auf die Seite vor sich.
Plötzlich verstummten sämtliche Gespräche, und alle Augen waren nur noch auf Mona und die uralte Schrift gerichtet.
»Was hast du gefunden?«, erkundigte sich Wilson stirnrunzelnd.
Seine roten Haare leuchteten, und die Sommersprossen, die sein ganzes Gesicht bedeckten, wirkten im fahlen Licht der Deckenlampe wie Millionen kleiner Schatten.
Sein Zwillingsbruder Benjamin, der optisch das genaue Gegenteil war, räusperte sich. Er war gut zehn Zentimeter größer als Wilson, hatte braune, schulterlange Haare und dunkle Augen. Die Brüder waren zweieiige Zwillinge, was ihr unterschiedliches Äußeres erklärte.
»Der Grund, warum du so geheimnisvoll getan hast und wolltest, dass wir uns hier treffen, ist ein blödes Buch? Das ist doch wohl ein schlechter Scherz? Was ist das überhaupt für ein alter Schinken?« Benjamin deutete auf das Buch, das Mona jetzt mitten in den Kreis geschoben hatte, damit jeder einen Blick darauf werfen konnte.
»Das Buch der Angst«, flüsterte Mona ehrfürchtig und strich dabei sanft über die aufgeschlagene Seite.
Meine Mitschülerin Sarah, deren besondere Begabung die Heilkunst war, sprang entsetzt auf.
»Hast du noch alle Tassen im Schrank?« Sie machte einige Schritte rückwärts und deutete mit einem zitternden Zeigefinger auf das Buch. »Das Ding ist gefährlich und sollte eigentlich gar nicht mehr existieren«, sagte sie leise und wich noch ein Stück zurück.
»Jetzt mach mal halblang«, blaffte Mona sie an. »Solange wir uns das Buch nur ansehen, passiert rein gar nichts. Es wird erst gefährlich, wenn wir einen der Sprüche benutzen.«
Sarah biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und schien sich nicht sicher zu sein, ob sie Mona glauben sollte. Schließlich holte sie tief Luft, nickte kaum merklich und setzte sich wieder auf ihren Platz.
»Was ist das ›Buch der Angst‹?«, erkundigte ich mich neugierig. Meine Freundin sah zu mir und lächelte. Dann wandte sie sich zu den anderen Anwesenden und sah jeden einen kurzen Augenblick an, um sich zu versichern, dass sie deren volle Aufmerksamkeit hatte.
»Dieses Buch wurde vor vielen Jahrhunderten von einem dunklen Hexer geschrieben. Es galt als eine Art Mutprobe für uns Begabte.«
»Was für eine Mutprobe?«, fragte Christian neugierig, während seine stechend blauen Augen hektisch zwischen dem Buch und Mona hin und her wanderten.
Während ich ihn verstohlen aus dem Augenwinkel beobachtete, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Christian war mindestens einen Meter fünfundachtzig groß und für meinen Geschmack viel zu muskulös. Allein sein Nacken erinnerte mich an den eines Stiers.
Chris, wie die meisten ihn nannten, war der Einzige, mit dem ich kaum Kontakt hatte und der mir irgendwie suspekt war.
Das lag sicherlich auch an seiner Fähigkeit, Illusionen zu erzeugen und
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