Schottische Disteln
trieb. Ryan stand auf. Es wurde Zeit, an ein Mittagessen zu denken. Kochen war allerdings nicht sein Metier, davon verstand er nichts. Da er als Kind nie das Küchenpersonal stören durfte, hatte er selten erlebt, wie die köstlichen Gerichte entstanden, die später auf dem Tisch herumgereicht wurden. Später hatte er nie Lust gehabt, sich mit Pfannen und Töpfen zu beschäftigen. Seine Arbeit war anders geartet, und er verdiente damit Geld genug, um sich eine gute Köchin leisten zu können.
Andrea sah ihn an, als er aufstand. »Was haben Sie vor?«
»Es ist Mittag, Zeit etwas zu essen.«
»Darf ich mitkommen?«
»Selbstverständlich.«
Andrea folgte ihm in die Küche und sah mit Erstaunen, dass hinter der schlichten Holzfassade der Einbaumöbel teuerste Geräte verborgen waren. »Darf ich ein bisschen neugierig sein?«
»Bitte.«
Sie wanderte umher, öffnete Schranktüren und Schubladen, Ausziehschränke und Herdklappen und bewunderte eine Küche, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Und das alles in der schlichten Hütte eines Schäfers?, ging es ihr durch den Kopf. »Diese Einrichtung ist bemerkenswert, Ryan. Haben Sie die einbauen lassen?«
»Ja. Wenn ich hier schon als Selbstversorger leben muss, dann wenigstens mit Komfort.«
»Und haben Sie dafür auch ein paar Schafe verkauft? Das muss ja wohl eine Herde gewesen sein, die das finanziert hat.«
»Andrea, ich lebe sehr bescheiden, und ich bin ein sparsamer Mensch. Sie werden in diesem Haus keinen unnötigen Luxus finden, was ich aber zum Leben brauche, dass leiste ich mir, und zwar in bester Qualität.«
»Ich weiß«, lachte sie, »Sie haben Ihre Prinzipien. Macht nichts, ich freue mich, dass Sie sich so einrichten können, wie es Ihnen Freude macht.«
»Und wie ich es für richtig halte.«
»Ja, das auch. Was gibt es denn heute Mittag?«
Ryan sah sie an, und dann lachte er: »Wenn ich das nur wüsste.«
»Aha.«
»Ich hatte keine Zeit, irgendetwas zu besorgen. Ich wollte Sie doch zum Essen ausführen.«
»Vielleicht sehen wir einmal nach, was an Vorräten da ist?«
»Ja, natürlich. Nur, zum Auftauen aus der Gefriertruhe ist es jetzt ein bisschen spät.«
Ryan ging in die kleine Speisekammer und kam mit einem Korb Eier und einer geräucherten Lachsseite zurück.
»Was halten Sie davon? Der Lachs ist ganz frisch, selbst gefangen und geräuchert.«
»Fein, dann machen wir Rühreier mit Lachsstreifen. Sehr delikat. Wenn Sie sich um geröstetes Brot und um Butter kümmern würden, stelle ich mich an den Herd.«
Andrea nahm ein Küchentuch, steckte es als Schürze in den Gürtel, suchte sich Schüsseln, Brettchen, Rührbesen und Pfanne zusammen und ließ sich Salz und Pfeffer geben. Während sie die Eier verquirlte und den Lachs in feine Streifen schnitt, legte Ryan Brotscheiben in den Backofen und gab Butter in die Pfanne. Andrea schwenkte den Lachs, bis er leicht geröstet war, dann gab sie die Eier darüber und rührte die Masse vorsichtig um.
»Eigentlich sollte man Rührei ja im Wasserbad machen und so gut wie gar nicht rühren, aber das ist mir jetzt zu umständlich«, erklärte sie und nahm die Pfanne vom Herd. »Fertig. Essen wir draußen? Es ist so schön in der Sonne.«
Ryan nickte, holte ein Tischtuch, Geschirr, Bestecke und Gläser aus dem Schrank und fragte: »Was trinken Sie?«
»Keinen Alkohol, bitte. In der Mittagshitze vertrage ich das nicht. Dann werde ich müde, und der Tag ist für mich gelaufen.«
»Gut, dann nehmen wir Eiswasser mit Zitronensaft.« Bevor sie sich hinsetzten, gab Ryan den Hunden zwei harte Brocken von undefinierbarer Form und Farbe.
»Was ist das?«, erkundigte sich Andrea.
»Das sind getrocknete Rinderohren. Sehr gut für die Zähne und für die Verdauung. Ich kann sie aber nur im Freien verfüttern, sie riechen bestialisch, wenn sie zerkaut werden.«
Bella und Ajax suchten sich zwei Schattenplätze und kauten mit Genuss auf den stinkenden Ohren herum.
»Ich bekomme es nicht fertig, sie zuschauen zu lassen, wenn ich esse, deshalb habe ich immer ein paar Extras im Hause.«
Der Lunch schmeckte vorzüglich. Ryan sah seinen Gast mit Bewunderung an. »Das haben Sie wunderbar gemacht, und in so kurzer Zeit.«
»Ich koche gern, aber nur selten. Es macht keinen Spaß, für sich allein zu kochen. Außerdem bin ich den ganzen Tag unterwegs, und wenn ich dann abends heimkomme, habe ich keine Lust mehr, mich in die Küche zu stellen. Wissen Sie, die ganze Wohnung riecht dann stundenlang nach dem Gekochten,
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