Schottische Disteln
drehte sich um. »Ich muss die eingestanzte Nummer mit meiner Waffenliste vergleichen, um sicher zu sein. Aber ich glaube, es ist wirklich mein Gewehr.«
»Dann geh nachsehen, sonst muss ich mit dem Kram nämlich zur Polizei nach Elgin, und das möchte ich mir ersparen.«
»Komm mit, wir gehen zum Haus und kontrollieren die Nummer.«
Ryan nahm die Decke an allen vier Ecken auf und trug den Inhalt vorsichtig nach oben. Er ging so schnell, dass Andrea und Steve Mühe hatten, mitzukommen. Er ist sehr wütend, dachte Andrea, und wohl auch ziemlich ratlos. Vor dem Haus angekommen, legte er das Bündel auf die Erde und ging hinein. Nach wenigen Minuten kam er mit einem Aktenordner zurück.
»Hier ist die Nummer, es ist die gleiche wie auf dem Gewehr. Es gehört mir. Verdammt, Steve, wo hast du das her?«
»Es lag im Schilf, nicht weit von meinem Bootssteg. Unter dem Helm muss eine Luftblase gewesen sein, und die drückte den Helm mit der Decke nach oben. War ‚ne kugelrunde Sache, die ich da zuerst gesehen habe, und ich konnte mir nicht vorstellen, was das sein könnte. Deshalb bin ich neugierig geworden. Na ja, nun wissen wir es.«
»Was soll ich mit dem Helm und dem Kadaver?«
»Weiß ich nicht, ich bin das Zeug jedenfalls jetzt los.«
»Himmel noch mal, dieser Tag ist von Kadavern geprägt.«
»Was meinst du damit?«
»Das fing schon heute Morgen an.« Ryan erzählte die Geschichte von den Kaninchen an der Autotür.
»Ist wohl ein Verrückter unterwegs, Ryan. Reg dich nicht auf, irgendwann ist der auch wieder weg. Wollt ihr ein paar Fische zum Abendessen?«
»Nein danke, Steve.« Auch Andrea schüttelte den Kopf.
»Nun hab ich euch den Appetit verdorben, tut mir Leid, aber wohin sollte ich denn mit dem Zeug. Wie war das eigentlich auf dem Trödelmarkt gestern, hast du was verkauft?«
»Ist alles gut gelaufen. Morgen Abend bin ich im Pub, dann rechnen wir ab. Sag das bitte den anderen.«
»Mach ich. Kommst du auch klar mit diesem Mist hier?«
»Ist schon in Ordnung. Komm, wir trinken einen Schluck, und dann fährst du heim, um den Rest kümmere ich mich.«
»Klar doch.«
Andrea ging ins Haus, holte Gläser und die Flasche, die sie im Schrank gesehen hatte, und alle drei prosteten sich zu.
Dann ging der Fischer zurück zu seinem Boot, begleitet von den beiden knurrenden Hunden, und Ryan sah Andrea an. »Langsam frage ich mich, wann der Blödsinn ein Ende hat.«
Andrea überlegte: »Das mit dem Helm und dem Vogel ergibt überhaupt keinen Sinn. Wenn einer das Gewehr gestohlen hat und es nun wieder loswerden wollte, gut, dann hat er es in eine Decke gewickelt und im Wasser versteckt, aber der Helm und der Vogel?«
»Wenn wir heute Abend in Inverness sind, rufe ich bei der Vogelwarte an, dann wissen wir mehr.« Er stand auf. »Kommen Sie, wir trinken jetzt einen Tee, und dann gehen wir hinauf zum Moor. So wie jetzt darf der Tag nicht enden.«
Der Weg führte in sanften Steigungen nach oben. Ryan nahm Andrea an die Hand und führte sie über die schmalen Pfade, die das Wild in das Heidekraut getreten hatte. Die Sonne, schon ziemlich weit im Westen, tauchte die Hügel in ein rot glühendes Meer von Blüten so weit das Auge reichte.
»So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen, Ryan.«
»Es ist das Licht hier bei uns, um diese Uhrzeit ist es besonders intensiv, ich wusste schon, weshalb wir erst jetzt hier heraufgehen.«
»Sie lieben dieses Land, nicht wahr?«
»Ich bin, so lange ich denken kann, in jedem Jahr um diese Zeit hier gewesen. Als Schuljunge erwischte ich immer gerade den Anfang der Heideblüte, später habe ich mir die Ferien selbst so eingeteilt, dass ich im August hier sein konnte. Nun, und jetzt arbeite ich eben um diese Zeit hier.«
»Gestern sagten Sie, es sind Ihre Ferien, die Sie hier verbringen.«
»Ja schon, im Gegensatz zu meiner sonstigen Arbeit ist das Hüten der kleinen Herde wirklich ein Vergnügen.«
»Ich freue mich für Sie. Ich komme selten heraus aus der Großstadt. Dass ich jetzt diese Arbeitstour machen kann, war ein großes Glück.«
»Erzählen Sie mir, wie es dazu gekommen ist.«
Andrea berichtete von der Military-Meisterschaft, von ihren geglückten Aufnahmen und von dem Reiseführer, für den sie jetzt unterwegs war.
»Und was machen Sie, wenn Sie wieder in Hamburg sind?«
»Fotografieren, was sonst? Da werden genug Termine auf mich warten.«
»Und was ist mit Ihren Träumen?«
»Welche Träume?«
»Nun, selbstständig etwas zu tun. Wissen Sie noch,
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