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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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gehalten. Er hatte durch eine Glasscheibe hindurch mit Mary gesprochen, aber sie hatte nur den Kopf geschüttelt. Es gab keine Veränderung, nicht im positiven Sinne, zum Glück aber auch nicht im negativen Sinne.
    Und zu der Sorge um Andrea kam der unerträgliche Ärger mit dieser militanten Umweltorganisation, die ihn ständig mit Drohungen in Atem hielt. Transparente an den Werkstoren, Flugblätter für die Arbeiter, Plakate auf den Straßen und Plätzen, Drohbriefe zu Hause. Ständig und überall wurde er beschuldigt, die Umwelt zu zerstören, ohne dass konkret gesagt wurde, was man ihm vorwarf. Und da er nicht wusste, was er angeblich verbrochen hatte, konnte er sich nicht wehren. Er ließ Betriebsversammlungen einberufen, hielt Konferenzen ab, sprach mit den Arbeitern, wann immer die Rede darauf kam, und konnte im Grunde gar nichts tun. Die Taktik dieser Leute zermürbte ihn, und wahrscheinlich war es genau das, was sie erst einmal wollten.
    Und dann die Bodyguards. Das Direktorium bestand darauf, dass er auf Schritt und Tritt von Wachleuten begleitet wurde. Es war in den Satzungen festgelegt, und er musste sich daran halten. Mit seiner Person stand und fiel eine Firma, die mehr als dreißigtausend Menschen ein normales, einigermaßen sorgenfreies Leben garantierte.
    Wo immer er sich aufhielt, standen mindestens zwei Guards neben oder hinter ihm, und selbst zu Hause kontrollierten Männer mit Hunden die ganze Nacht hindurch seinen Garten. Sogar im Krankenhaus standen sie in diskretem Abstand in seiner Nähe, und seine Direktoren hätten es am liebsten gesehen, wenn auch noch vor Andreas Krankenzimmer ein Wachmann seinen Posten bezogen hätte. Durch sie sei er erpressbar, hatten sie behauptet, aber das hatte er energisch bestritten.
    Ryan starrte über das Werftgelände zum Firth hinüber, wo gleichzeitig drei Bohrinseln wuchsen. Er dachte daran, und nicht erst seit heute, dass er die Verantwortung und damit natürlich auch die Kompetenzen aufteilen sollte. Es war zu viel für einen Mann allein. Was aber passierte, wenn er seine Vollmacht aufteilte? Sein Vater hatte das vermieden und ihn davor gewarnt. »Das gibt nur Streit und Kompetenzgerangel«, hatte er gesagt. »Da wachsen Neid und Hass und Misstrauen schneller, als man hinsehen kann. Bleib allein an der Spitze«, hatte er geraten. »Du wirst vielleicht von der Verantwortung erdrückt, aber du erhältst den Frieden in der Firma. Opfer muss man nun mal bringen, mein Sohn.«
    Ja, Opfer brachte er weiß Gott. Aber er hatte Frieden und dadurch Erfolg. Seine Firma konnte sich vor Aufträgen kaum retten, und natürlich wollte auch er teilhaben an dem Ölboom, der sich da vor den Küsten des Landes entwickelte. Die ganze Stadt profitierte vom schwarzen Gold, warum sollten seine Firma und seine Arbeiter nicht auch ein Stück vom Reichtum ernten?
    Mary verbrachte sehr ruhige Tage im Krankenhaus. Man hatte ihr einen bequemen Liegesessel neben Andreas Bett gestellt, und sie hatte ihn so hingerückt, dass sie Tag und Nacht eine Hand der Patientin halten konnte. Sie wollte nicht die kleinste Regung versäumen und streichelte immer wieder behutsam über die kühlen Finger in ihrer Hand. Während eine Schwester vom Nebenraum aus die Apparate beobachtete, an die Andrea angeschlossen war, sprach Mary leise mit der jungen Frau, überzeugt davon, dass die ihre Nähe und ihre Zuneigung spürte, auch wenn sie im Schlaf dahindämmerte.
    Am dritten Tag spürte sie ein leises Zucken in der Hand, die sie hielt. Sie beugte sich vor, strich der Kranken vorsichtig über den Arm und über das Gesicht. Dann sah sie, dass Andrea die Augen geöffnet hatte und, behindert durch ihre Lage, seitlich zum Fenster hinübersah.
    »Es wird alles gut, mein Mädchen. Keine Angst, es wird alles gut«, flüsterte sie und streichelte weiterhin die Hand.
    Andrea versuchte, den Kopf zu drehen, aber es gelang ihr nicht. »Wo ... bin ... ich?«
    »Im Krankenhaus, meine Kleine. Alles wird gut.«
    »Es ... tut ... so ... weh ...«
    »Ja, ich weiß, aber es wird bald vorbei sein. Alles wird gut«, flüsterte Mary und beobachtete die großen Augen, die starr zum Fenster hin sahen.
    »Mein ... Rücken ... was ist mit ... meinem ... Rücken?«
    »Er heilt, bald ist er wieder in Ordnung, dann tut nichts mehr weh.«
    Sie sah, wie Tränen über die Wangen ins Kopfkissen liefen, und tupfte sie behutsam ab. Die Schwester kam herein, sie hatte eine wachsende Unruhe auf dem Monitor beobachtet und kontrollierte die

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