Schottisches Feuer
wollte.
Der Spion, den er auf Dunyvaig unter den Wachmännern der MacDonalds hatte, bestätigte es ihm. Sie waren auf Islay – in einem Wirtshaus im Dorf. Sie hatten die Burg gestern nach einem kurzen Treffen mit Mary MacDonald verlassen.
Die Tatsache, dass Duncan hier war, bedeutete, dass er zu nahe kam. Obwohl Colin davon überzeugt war, sich um alles gekümmert zu haben, bestand immer noch die Möglichkeit, dass er etwas übersehen hatte. Er hatte gehofft, dass das hier nicht nötig sein würde, doch er konnte kein Risiko eingehen.
Aber Colin war nicht ohne brüderliche Gefühle. Der Gedanke an das, was er tun musste, machte ihm keine Freude. Er hatte stets zu Duncan aufgesehen, hatte so sein wollen wie er – genau das war vermutlich immer das Problem gewesen. Er war dazu verurteilt, ihm nicht das Wasser reichen zu können.
Entweder er oder ich , rief er sich in Erinnerung. Auf gewisse Weise hatte er das immer gewusst.
Diese verdammte Karte. Er hatte Duncan nur schlecht dastehen lassen wollen, stattdessen war er es gewesen, der zum Narren gehalten worden war. Grant hatte ihn benutzt. Er hatte die Eifersucht auf seinen Bruder ausgenutzt. Und Colin hatte ihm vertraut und geglaubt, er wäre mit Grants Tochter verlobt. Grant, diese Ausgeburt des Teufels, hatte sie beide verraten, und Colin war gezwungen gewesen, das Gold zu verstecken, um seine eigene Rolle bei dem Debakel zu vertuschen.
Die Nachricht war dann der letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Colin hatte die weibliche Handschrift erkannt und gewusst, dass der Brief von ihr war. Meiner Verlobten. Duncan wusste, dass sie verlobt waren, und trotzdem hatte er sich mit ihr getroffen. Er hatte seine Braut gebumst, verdammt! So wie er es ihr wahrscheinlich auch jetzt gerade besorgte. Wut betäubte jedes Mitgefühl, das er vielleicht für seinen Bruder empfunden haben mochte. Duncan hatte genau das bekommen, was er verdiente.
Im Gegensatz zu ihrem Vater. Colin hatte nie gewollt, dass sein Vater verletzt wurde, doch wenn man bedachte, womit sein Vater drohte, nachdem Colin zugegeben hatte, über Duncans Gefühle für Jean Grant Bescheid gewusst zu haben, bevor er die Verlobung vorschlug, war es vielleicht besser so. Ich hätte Duncan zu meinem Erben machen sollen. Colin war außer sich gewesen. Gedemütigt. Doch er hatte nicht geglaubt, dass er es tatsächlich tun würde – nicht bis das Gemurmel seines Vaters auf dem Sterbebett ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken gejagt hatte.
Colin schnallte sich das Schwert um und steckte sich die zwei Pistolen mit Messinggriffen in den Gürtel, während seine Männer die Spuren des Lagers beseitigten, das sie auf dem kleinen, bewaldeten Hügel über dem Dorf aufgeschlagen hatten. Es war etwa eine Stunde vor der Morgendämmerung – die perfekte Zeit, um sie unvorbereitet zu erwischen. Er wusste, dass Duncan nur eine Handvoll Männer bei sich hatte, doch er machte nicht den Fehler, seinen Bruder zu unterschätzen. Allerdings hatte Duncan eine Schwachstelle. Colin musste sie nur noch in die Finger bekommen.
Warum hatte Duncan nicht einfach fortbleiben können? Von dem Augenblick an, als Colin erfahren hatte, dass sein Bruder wieder auf schottischem Boden war, hatte er gewusst, wozu er gezwungen sein würde. Er hoffte nur, dass Duncan ihm einen Grund dazu gab. Schließlich würde er seinen Bruder nur ungern von hinten erschießen müssen.
Duncan ging das kurze Stück vom Strand zum Inn zurück und versuchte, sich das Wasser aus den Haaren zu schütteln. Doch die gefrorenen Klumpen klatschten ihm an die Wangen und gaben nur wenig von dem eiskalten Meerwasser ab. Über Nacht hatte sich der Dunst zu feuchtem, eiskalt in die Knochen dringendem Nebel verdichtet, der die Insel tief einhüllte und den die Morgendämmerung erst noch auflösen musste. Aber Kälte hatte ihm noch nie etwas ausgemacht. Er war in den Highlands nah am Meer aufgewachsen; er war daran gewöhnt. Obwohl zugegebenermaßen nicht alle Highlander mitten im Winter im Meer schwimmen gingen. Vielleicht hatte er mehr nordländisches Blut in sich, als ihm bewusst war.
Das Dorf war noch ruhig, doch es regten sich bereits die ersten Zeichen von Leben, als er näher kam. Schmale Rauchfäden stiegen kräuselnd von den Dächern empor. Die morgendlichen Feuer in den Kaminen wurden entfacht.
Es war eine lange Nacht gewesen. Nachdem er Jeannie verlassen hatte, war er zu seinen Männern unten in den Schankraum gegangen. Er war gereizt
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