Schottisches Feuer
und suchte nach einer Möglichkeit, die gefährlichen Gefühle abzureagieren, die in ihm tobten. Entweder durch Kämpfen oder durch Trinken, und da er befürchtete, womöglich noch jemanden umbringen zu können, entschied er sich für Letzteres.
Conall und Leif, die seine düstere Stimmung bemerkten, machten ihm auf der breiten Bank Platz. Allerdings konnten selbst eine Handvoll Krüge des besten cuirm der Wirtin seinem Ärger oder dem nagenden Brennen in seiner Brust nicht die Schärfe nehmen.
Er hatte ein paar ruhelose Stunden vor dem Feuer zugebracht, bevor er es aufgab, Schlaf zu finden, und sich zu einem Bad im Meer entschloss. Vielleicht würde das seinen Kopf freimachen. Doch die Klarheit, die er in den eiskalten Fluten zu finden gehofft hatte, wollte sich nicht einstellen.
Ich habe einen Sohn. Es war immer noch schwer zu begreifen. Aber was zum Teufel sollte er nun tun? Ihn zu einem Bastard machen? Er wusste besser als jeder andere, wie das war. Duncan hatte sich mit den Umständen seiner Geburt abgefunden, doch das war nicht einfach gewesen. Konnte er diesen schwarzen Makel auch seinem Sohn aufbürden?
Warum hatte sie es ihm nicht eher gesagt? Weil sie dir nicht vertraute. Warum sollte sie auch? Du hast sie verlassen.
Entschlossen verdrängte er die nagende Stimme. Er wollte ihren Standpunkt nicht sehen, dazu war sein Ärger noch zu frisch.
Duncan bog um die Ecke der leeren Marktbuden und das Wirtshaus kam in Sicht. Wie immer suchte er mit den Augen die Umgebung ab. Irgendetwas stimmte nicht: Der Wachmann der Gordons, den er vor dem Wirtshaus als Wache aufgestellt hatte, war nicht auf seinem Posten.
Mit schlagartig geschärften Sinnen wurde ihm bewusst, dass es zu ruhig war. Viel zu ruhig.
Er sah auf den matschigen Boden hinunter und entdeckte die unmissverständlichen Spuren von Fußabdrücken, die aus allen Richtungen auf das Gebäude zuliefen. Etwa zwanzig Männer – mindestens. Er vermutete, dass noch weitere im Gebäude und hinter den Bäumen versteckt positioniert waren. Zu viele für die Handvoll Männer, die er bei sich hatte, ganz besonders, nachdem Leif heute am frühen Morgen losgezogen war, um die Burg auszuspähen. Er zog sich ein paar Schritte zurück außer Sicht, doch sie hatten ihn bereits bemerkt. Seine Haut kribbelte, er wurde beobachtet.
Es war eine Falle. Eine, in der er sich nicht würde fangen lassen.
Doch dann kam ihm etwas in den Sinn, und er stieß einen Fluch aus, während sich Angst in seinem Magen sammelte. Jeannie. Er hatte sie allein gelassen, und ihnen dadurch die perfekte Waffe in die Hand gegeben. Jeder Muskel spannte sich an, und er ballte die Fäuste. Wenn sie ihr etwas getan hatten, wenn sie sie auch nur angefasst hatten, dann würden sie keinen weiteren Sonnenaufgang mehr erleben. Und es war ihm egal, dass sich da drin eine ganze Armee befand.
Sein Blick flog zum Fenster im Obergeschoss, doch er sah keine Bewegung. Er versuchte, sich dadurch nicht beunruhigen zu lassen, doch sie musste den Lärm unten gehört haben, als die Männer hineinstürmten. Wenn sie nicht in ihrem Zimmer war, dann bedeutete das …
Der erstickte Schrei einer Frau zerriss die Morgenluft und ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Ohne zu zögern, rannte er los.
Als er noch ungefähr zwanzig Fuß von der Tür entfernt war, durchschnitt der laute Knall von Musketenfeuer die Luft.
Colin konnte es nicht glauben. Es war beinahe schon zu einfach gewesen – nun, bis auf den großen Iren. Seine Männer hatten das Wirtshaus eingenommen, ohne dass auch nur ein einziger Schuss abgefeuert worden war. Den einzelnen Wachmann vor der Tür hatte ein Dolch erledigt, und die anderen Männer waren schlafend praktisch hilflos gewesen. Doch dann hatten sie feststellen müssen, dass weder sein Bruder noch Lady Jean Gordon dort waren. Sein Zorn war beinahe unkontrollierbar gewesen, angefacht noch durch die Angst, dass sie womöglich etwas herausgefunden haben könnten.
Der verwundete Ire und die vier Wachmänner der Gordons lagen gefesselt beieinander auf dem Boden. Der Wirt, seine Frau und die junge Tochter waren ebenfalls zu ihm gebracht worden. »Wo sind sie?«, wollte er von dem großen Mann wissen.
Blut strömte dem Iren aus der Nase und der Wunde an der Wange, wo ihm der Kolben einer Muskete ins Gesicht gekracht war, doch er lächelte und fragte: »Wer denn?«
Colin konnte seine Wut kaum noch zügeln. Nur das Verlangen danach, seinen Bruder zu fassen, hielt ihn davon ab, den Mann auf der
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