Schrecken der Nacht
hatte die Drohung verstanden. Auf dem Weg zum Ziel war er stets darauf vorbereitet gewesen, nur zu gewinnen. Er hatte sich nicht vorstellen können, auf die Verliererstraße zu geraten. Auch jetzt, als er die Drohung hörte, wollte er sie nicht akzeptieren. Noch lebte er. Und solange er lebte und atmete und sich auch wehren konnte, würde er nicht vor dem Blutsauger kapitulieren.
Sehr langsam schüttelte er den Kopf. »Nein, Eros, nein. So einfach mache ich es dir nicht. Es mag sein, daß ich dich unterschätzt habe, aber das gleiche gilt auch für dich. Was ich mir vorgenommen habe, werde ich auch durchziehen.«
»Bitte, versuch es!«
Die letzte Antwort hatte den Mönch verunsichert. Diese Sicherheit in den Worten konnte ihm einfach nicht gefallen, aber er überwand seine Angst und schaffte es auch, sich zu bewegen. Er ging langsam zurück, um etwas mehr in den Schatten zu gelangen.
Eros blieb stehen. Wie zum Hohn hielt er auch weiterhin das große Holzkreuz fest, als sollte es ihm Deckung geben.
Radescu atmete heftig. Es ging ihm nicht gut. Jeder Herzschlag schmerzte. Die Worte seines Gegners hatten ihn stark getroffen, und als er seine Hand unter die Kutte schob, spürte er das Zittern der Finger.
Den Pflock fand er sofort. Bisher hatte ihn der Stoff verdeckt. Wenig später nicht mehr. Da hatte er ihn gezogen und hielt ihn mit der rechten Hand umklammert. Sehr hart und fest. Seine Fingerknöchel traten scharf hervor, und auch seine Hand hatte ein anderes Aussehen bekommen. Sie warf einen Schatten, der über den Boden hinwegzuckte. Aus der Faust hervor ragte der Pfahl, dessen Ende er persönlich angespitzt hatte. Dort schimmerte er heller, und er wartete darauf, in die Brust des Blutsaugers dringen zu können.
Mochte sich diese Person auch an einem Kreuz festhalten, der Vernichtung durch den Pfahl konnte er nicht entgehen. Da wurden Menschen ebenso getötet wie Vampire.
Den ersten Schock hatte der Mönch überwunden.
Es war ihm auch gelungen, einen Teil seiner inneren Kraft zu finden. Durch Worte hatte er sich bisher noch nie von seinen Vorhaben abbringen lassen, und das wollte er auch hier nicht.
Deshalb ging er vor. Die ersten kleinen Schritte noch leicht zittrig, aber später setzte er seine Füße fest auf. In seinem Gesicht bewegte sich nichts. Er war voll und ganz auf seinen Gegner fixiert. Der Widerschein aus Licht und Schatten ließ seine Züge anders aussehen. Sie schienen von einem schatten- und geisterhaften Leben überdeckt zu sein.
Eros wartete gelassen ab. Amüsiert sogar. Sein Mund hatte sich wieder geschlossen. Die Lippen zeigten ein kaltes und überhebliches Lächeln. Es war nicht einmal zu sehen, ob er auf den Pfahl schaute, dessen Spitze auf ihn wies.
Radescu blieb stehen. Er hatte vorgehabt, sich auf den Vampir zu stürzen, mußte jedoch einsehen, daß sein Kreuz einen Teil des Körpers verdeckte.
Das merkte auch Eros. »Na, Probleme?« höhnte er.
»Kaum!« sagte Radescu und tat den nächsten Schritt.
Genau darauf hatte der Schrecken der Nacht nur gewartet. Wenn der Mönch ging, war er abgelenkt und nicht in der Lage, so schnell zu reagieren, wie es hätte sein müssen.
Eros nutzte es aus.
Er wuchtete das schwere Kreuz nach vorn. Nicht grundlos hatte er den Querbalken anders gegriffen, und er rammte das schwere Kreuz auf den Mönch zu.
Radescu konnte nicht mehr ausweichen. Er versuchte es, indem er sich drehte, aber er hatte die rechte Seite des Querbalkens nicht in seine Rechnung mit einbezogen. Das harte Holz streifte seinen Kopf. Es glitt an seinem Ohr entlang, so daß er das Gefühl hatte, dort von Flammen erwischt worden zu sein. Er geriet ins Stolpern, fing sich aber und konnte dem Schattenspiel auf dem Boden folgen, das sich verändert hatte. Dort zeichnete sich ab, was der verfluchte Vampir tat.
Dank seiner Kraft hatte er es geschafft, das Kreuz in die Höhe zu wuchten. Mochte es noch so schwer sein, in den Händen des Blutsaugers wirkte es leicht.
Eros schlug mit dem Kreuz zu.
Der Schrei des Mönchs hallte hinein in die Finsternis, ohne von einem Helfer gehört zu werden. Mit der Kante des Kreuzes war sein Rücken in der Mitte getroffen worden. Nie erlebte Schmerzen durchschossen ihn. Er lag auf dem Bauch, den rechten Arm von sich weggestreckt, aber er hielt noch immer seinen Pfahl fest. Er hörte das Lachen seines Gegners. Er wollte reden, aber die Schmerzen ließen es nicht zu. Noch nie hatte er derartige Qualen erlitten. Es war einfach grauenhaft, was er
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