Schreckensbleich
parkte, dann saß er da und schaute auf die Welt jenseits der Gasse hinaus. Eine seltsame Stille dort draußen, ein leichter Wind bearbeitete den fallenden Schnee, alles war weiß.
Noch einmal fragte Hunt Nora über die Pferde aus und wies sie an, die Informationen für ihn zu wiederholen. Als er zufrieden war, nahm er die Browning und schob sie in die Tasche seiner Regenjacke.
»Du solltest das lieber nicht tun«, sagte Nora.
»Ich kann ihn doch nicht einfach da draußen lassen«, erwiderte Hunt. »Meinetwegen ist schon zu viel kaputtgegangen.«
»Und was ist, wenn er schon tot ist?«, fragte Nora.
Er öffnete die Tür und spürte, wie die kalte Nacht in die Fahrerkabine des Trucks drang und sich mit dem Dampf ihres Atems vermischte. Hunt hatte nichts mehr hinzuzufügen. Nora versuchte, ihm etwas zu sagen, doch er wartete es nicht ab. Er ließ den Schlüssel im Zündschloss stecken und schlug die Tür zu.
Dann hinkte er zum Anfang der Gasse und blickte die Straße hinunter, kein einziges Auto, nur reiner weißer Schnee, der sich immer weiter ins Nichts erstreckte. Er holte tief Luft und stürzte sich vorwärts in den Wind; sein verletztes Bein schleifte im dahintreibenden Schnee hinterher.
Hunt hatte keine klare Vorstellung davon, wo er hinwollte, doch er wusste, dass er den Weg finden würde. Er hielt sich in der Mitte der Straße, wo Autos, die zuvor durchgefahren waren, einen Pfad für ihn gebahnt hatten. Als er weiterrannte und halb hüpfte, um sich nicht noch mehr zu verletzen, wäre er beinahe über die Pumpgun gestolpert, die auf der Straße lag. Er war zwei Blocks von der Hauptstraße entfernt, die Flinte lag einfach da, im Schnee. Er hob sie auf, und das Metall fühlte sich genauso kalt an wie die Luft um ihn herum. Hunt wusste, dass dies Drakes Waffe gewesen war. Er suchte den Schnee in der Nähe mit seinen Blicken ab und fand bald Drakes Spuren.
Die Kammer war blockiert, und er hebelte mit dem Finger eine verbogene Patrone heraus und steckte sie ein. Eine war noch übrig. Er hielt die Schrotflinte in den Händen; seine Augen durchforschten die sturmerfüllte Schwärze. Von Drake war nichts zu sehen, außer den Fußstapfen vor ihm, die auf den Flugplatz zuführten und sich rasch mit Schnee füllten.
***
Drake rannte weiter. Die Sirenen waren verklungen, und jetzt konnte er seinen eigenen Atem hören, konnte fühlen, wie sein Herz pumpte, kalter Schweiß auf der Stirn. Schließlich blieb er stehen, der Schnee unter ihm. Er befand sich auf einem weiten Feld vor dem Begrenzungszaun, die Lichter der Häuser hundert Meter hinter ihm. Weiter unten am Zaun stand eine Reihe Schallschutzmauern, die den Lärm des Flugplatzes abblocken sollten.
Ein Satz Maskierungslichter blinkte mit stummer Eindringlichkeit immer weiter, überall gleißendes weißes Licht und das Donnern von Düsenmotoren über ihm. Der dunkle Bauch eines Flugzeuges zog mit unglaublicher Geschwindigkeit über ihm vorbei, und Augenblicke später hörte er das Scharren der Reifen, als sie auf der Landebahn aufsetzten. Licht aus, und Drake stand abermals im Finstern; seine Pupillen mühten sich ab, dem jähen Wechsel von taghellem Licht zurück zu nächtlichem Dunkel einen Sinn abzuringen.
Das Pfeifen einer Kugel in der Luft, das Geräusch von splitterndem Knochen und reißendem Gewebe; sein rechtes Knie sackte weg, warme Flüssigkeit sickerte am Schienbein hinunter in den Schuh. Er taumelte vorwärts. Blut spritzte auf den Schnee. Sein Blut. Er machte noch einen Schritt, sein Körpergewicht auf dem verwundeten Bein, weißglühender Schmerz. Er schnappte nach Luft, hielt sie an, fühlte, wie seine Lunge brannte, sein Knie hämmerte. Dann fiel er hin und lag im Schnee, die Augen offen; Grasspitzen ragten aus der frisch gefallenen weißen Fläche.
Er hörte das Knirschen von Schritten, versuchte, aufzustehen. Sein Körper tat nicht, was er von ihm wollte. Drake kam auf einen Ellbogen hoch und zielte mit seiner Pistole in die Nacht. Dabei konnte er spüren, wie der Schnee unter ihm von seinem Blut warm wurde. Das Knirschen von Schritten. Er zielte und feuerte in Richtung des Geräuschs. Eine weitere Kugel traf ihn in den rechten Unterarm. Er schrie auf, ließ die Waffe fallen, die Hand auf die neue Wunde gepresst.
Wieder Schneeknirschen, Rascheln, wenn die Schneedecke sich teilte. Grady kam aus der Nacht, die AR-15 auf Drake gerichtet; sein Atem ging unregelmäßig. Ein Blutfleck wuchs auf Gradys rechter Seite. Drake glaubte nicht, dass er
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