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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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rübergerutscht und hatte die Schuld auf sich genommen. Total verängstigt, aber er hatte den Kopf für seinen großen Bruder hingehalten, damit der nicht wieder in den Bau musste. Es war bescheuert, aber er hatte es getan, und sein Bruder war ungeschoren davongekommen. Und jetzt würde sein Bruder ihm helfen, und sie wären quitt.
    »Wegen mir brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen«, versicherte der Junge. »Da geht nichts schief. Ich bin echt gut.«
    Eddie lächelte. »Das brauchst du mir nicht zu sagen. Was mich angeht, bist du in eigener Sache im Geschäft. Du bist Unternehmer und arbeitest für eine Gewinnbeteiligung; du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Ich bin nur hier, um dir zu sagen, dass es in deinem eigenen Interesse ist, diese Nummer nicht zu versauen.« Eddie erhob sich vom Tresen, bedankte sich beim Barkeeper und ging durch die Vordertür hinaus.
    Auf dem Barhocker, wo er gesessen hatte, lag ein Satz Autoschlüssel. So lässig, wie er konnte, beugte sich der Junge zu dem Vinylsitz hinüber und schnappte sie sich. Er hielt sie unterm Tresen in der Hand, und während er sein Bier austrank, steckte er den Finger durch den metallenen Ring und ließ die Schlüssel wieder und wieder kreisen, fühlte, wie sie locker durch die Luft schwangen.
    ***
    Deputy Bob Drake warf noch einmal einen Blick auf den Wagen. Drogen waren nördlich des Silver Lake immer ein Problem gewesen, aber so wie jetzt war es noch nie gewesen. Heutzutage mussten Schmuggler schon echte Vollidioten sein, um irgendetwas über die Grenzübergänge herzuschaffen. Die Sicherheitsmaßnahmen waren verschärft worden; nachdem die Leute jahrelang einfach durchgefahren waren, war hier jetzt eine richtige Einsatztruppe zugange. Eine Zeitlang war es, als wären die beiden Länder eins; ein Führerschein war alles, was man brauchte, um nach British Columbia einzureisen.
    Die Drogen schwärmten einfach aus, als die Übergänge strenger bewacht wurden. Wenn man die Erfahrung oder die Sachkenntnis besaß, konnte das ein gutes Geschäft sein. Drake wusste das. Sein Vater, der ehemalige Sheriff – mittlerweile im Gefängnis – hatte das gewusst. Dieses Land, die Berge und Täler, von Gletschern und von Erosion geformt, war so ziemlich alles, was Drake von seinem früheren Leben geblieben war. Ein Leben, das Zeuge gewesen war, wie auf den Wiesen seines Vaters Pferde gezüchtet worden waren. Jetzt hatte man sie abgeholt, und sie waren verschwunden. Ein aus Apfelplantagen und herbstlichen Ernten erbautes Leben, verscherbelt und vergessen. Nichts mehr da außer einem Holzzaun, den das Alter in den Boden sinken ließ, zurückgebliebene Bäume, so verdorrt und knochig wie die Hände eines Skeletts. Von einer Seite zur anderen war Drakes Leben so säuberlich entzweigeschnitten worden, dass es nicht wiederzuerkennen war.
    Er holte sein Fernglas hervor und suchte das abgeholzte Areal ab. Das hier war alles Forstland, das von den großen Holzunternehmen geleast worden war. Alles ein Flickenteppich aus frisch geschlagenem Braun und frisch aufgeforstetem Grün. Hügel erstreckten sich in die Ferne und wurden zu Bergen; die weiße Spitze des Mount Baker stach ins hohe Blau empor. Hier könnten sogar Jumbojets verlorengehen, dachte er bei sich.
    Der Deputy drückte die Tür auf und ließ die Bergluft in seinen Dienstwagen strömen. Der klebrige Geruch von Kiefernnadeln, Harz und feuchter, vom Wind verwehter Erde. Er ließ ein Bein nach draußen hängen und bearbeitete eine alte Basketball-Verletzung am Oberschenkel, dicht über dem Knie. Für den Polizeiwagen war er groß, sein Bein reichte bis auf den Schotter. Ein kantiges Kinn und schütter werdendes braunes Haar. Er war noch jung genug, um das Basketballfeld hinaufzudribbeln und in Form zu bleiben, doch er ließ allmählich nach, fing an, es sich in diesem Job bequem zu machen.
    Das Kennzeichen hatte nichts ergeben. Er starrte den Bordcomputer an, dann stieg er aus und ging zu dem Wagen hinüber. Es war nichts Ungewöhnliches daran. Keine Einbruchspuren, das Zündschloss sah sauber aus. Mitten im Nirgendwo, einfach nur ein Auto am Straßenrand. Er kniete sich hin und betastete das erhabene Relief einer breiten Doppelreifenspur in der weichen Erde. Dann folgte er ihr zurück bis zu der Stelle, wo die Reifen die Straße verlassen hatten, ging zur anderen Straßenseite hinüber und sah, wie sie den Rand gestreift und gewendet hatten, um die Straße wieder hinaufzurollen. Drake tippte auf etwas Großes, eine

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