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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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Zugmaschine ohne Ladung oder ein großer Chevy, vielleicht auch ein Ford, irgendetwas mit Anhänger. Er konnte es nicht genau sagen, doch er erkannte – daran, wie die großen Reifenspuren über die kleinen kreuzten –, dass das, was die große Spur hinterlassen hatte, nach dem Auto hier gewesen war. Und da er diese Straße alle vierundzwanzig Stunden abfuhr, wusste er, dass das Auto noch nicht länger als einen Tag hier stand. Das wusste er genau.
    Wieder überquerte Drake die Straße und musterte den Wagen. Er legte die gewölbten Hände gegen das Fenster. Das Auto war sauber. Nicht mal ein Kaugummipapier auf dem Boden. Er hatte mit einer alten McDonald’s-Tüte gerechnet, mit einer Einkaufstüte, sogar mit einem Kassenzettel, mit irgendetwas.
    Nachdenklich sah er zu, wie der Wind an den Bäumen entlang vom Berg herunterkam. Hörte ihn durch die Äste rauschen; immergrüne Nadeln rührten sich alle auf einmal, wie das emporschäumende Wasser eines Wellenkamms, das schnell und reibungslos an ihm hinabläuft. Der Himmel wunderbar und wolkenlos über ihm; er fühlte den Wind im Nacken spielen. Er wusste nicht, was er tat, warum er sich nicht einfach abwenden konnte, von diesem Auto, von diesem Gefühl, von allem. Er kämpfte gegen ein altvertrautes ungutes Gefühl an, gegen irgendeine Einsamkeit, mit der er zurückgelassen worden war und die er jetzt schon seit geraumer Zeit verspürte. Nur er und seine Frau lebten hier oben, im Haus seines Vaters, das jetzt ihnen gehörte, in ihre Obhut gegeben war, während sein Vater einsaß.
    Wieder schaute er hinauf in die Berge, ließ den Feldstecher darüber hinwegwandern. Fuhr mit seinem Fernblick die Felsgrate entlang, hielt inne, um das Glas scharf zu stellen, suchte dann weiter. Eine Weile blieb er neben dem Auto stehen. Der Wind wehte vom See herauf und peitschte ein wenig Kiesstaub zu einem Wirbel auf. Drake ging zurück zu seinem Dienstwagen und rief in der Ranger-Station drüben in Baker an.
    »Habt ihr irgendjemanden aus Seattle in der Gegend vom Silver Lake?«
    »Da oben nicht, Deputy.«
    Er las dem Ranger das Kennzeichen vor. »Sagt Ihnen das was?«
    »Da gibt’s doch nur Holzschläge und Forststraßen. Wüsste nicht, wieso sich jemand das ansehen will.«
    »Weiß ich auch nicht«, sagte Drake und bedankte sich bei dem Ranger.
    ***
    Der Pfad stieg steil und zerklüftet vor ihnen an. Es war nicht das Richtige für den Jungen, für jemanden, der nicht reiten konnte und bolzengerade im Sattel saß, ohne den Schritten des Pferdes nachzugeben. Phil Hunt drehte sich um und betrachtete den Jungen. Die Pferde würden einander folgen, eine Steigung hinauf und die nächste wieder hinunter; der Junge jedoch machte ihn nervös.
    »Bist du schon lange in diesem Geschäft?«, erkundigte er sich.
    »Nicht besonders.«
    »Wie alt bist du?«
    »Siebenundzwanzig.«
    »Ist das gelogen?«
    »Ja.«
    »Ich würde sagen, du siehst nicht älter aus als zweiundzwanzig, dreiundzwanzig.«
    »Das kommt ungefähr hin.« Der Junge drehte sich im Sattel um und blickte hinunter auf das, was sie hinter sich gelassen hatten, Schierling und Kiefern in einem schmalen Tal. Ein Stück weiter ein Flecken frisch abgeholzten Geländes und ein in Reihen emporsprießender neugeborener Wald. Sein Pferd begann nach links abzudriften.
    »Vorsicht«, mahnte Hunt, zog sich den Hut tiefer ins Gesicht, um seine Augen gegen die Sonne abzuschirmen, und beobachtete den Jungen.
    »Mit so was hab ich nicht gerechnet, als ich angeheuert wurde.«
    Hunt rollte diese Worte in seinem Kopf herum und ließ es dabei bewenden. Viel Erfahrung mit so etwas konnte der Kleine nicht haben. Einen Bergkamm hinaufreiten, dann wieder hinab ins dahinterliegende Tal, nur um das Ganze gleich noch einmal zu machen. Trotzdem, der Junge erinnerte ihn ein bisschen daran, wie er selbst in diesem Alter gewesen war, vor dreißig Jahren. Ein dichter brauner Haarschopf, die Haut so braungebrannt wie Wüstenboden, ein bisschen zu vorwitzig, zu selbstsicher. Der Körper so hager wie ein Windhund, und ein Mundwerk, das ebenso schnell war. »Gibt noch was anderes als Rennboote und schicke Partys«, meinte er. »Vielleicht machen sie’s ja unten in den Keys so. Aber hier oben ist das ein bisschen anders.«
    »War echt aufschlussreich.«
    Hunt glaubte, den Jungen lachen zu hören, doch er drehte sich nicht um. Es war die letzte Tour der Saison; bald würden die Berge schneebedeckt sein. Was hatte Eddie sich bloß dabei gedacht, den Jungen hier

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