Schreckensgalerie (Patricia Vanhelsing, die Jägerin der Nacht) (German Edition)
wird er sich völlig zu Grunde richten...
"Wir müssen miteinander reden, Allan!" sagte sie dann drängend.
"Nicht jetzt, Rovenna... Nicht jetzt..."
Er legte die Farbpalette und den Pinsel auf einen groben, hölzernen Tisch. Ein in Leinen gebundenes Buch mit einer Aufschrift aus goldenen Lettern lag dort.
Das LIBRUM HEXAVIRATUM! durchzuckte es Rovenna. Hat damit das Verhängnis begonnen? Ich weiß es nicht...
"Es kann so nicht weitergehen", sagte Rovenna entschieden.
"Oder willst du, daß es noch weitere Tote gibt..."
"Wer sagt, daß wir dafür verantwortlich sind.."
"Allan!"
"Laß dich nicht durch Zweifel verunsichern! Ich weiß, daß ich es schaffe! Ich weiß es einfach..."
"Und wenn nicht? Allan, komm zu dir!"
Sie faßte ihn bei den Schultern. Er blickte förmlich durch sie hindurch.
"Ich kann nicht anders", murmelte er. "Diese Dämonen...
Sie sind hier drin!" Er ballte die Faust und berührte damit die Stirn. Dabei schloß er die Augen.
Rovenna ging an den Tisch. Mit der Hand berührte sie leicht den Leineneinband des LIBRUM HEXAVIRATUM. "Alles hat damit angefangen, daß du einen Blick in dieses verfluchte Buch geworfen hast, Allan..."
"Nein, das ist nicht wahr", wiedersprach Allan Brennan.
"Die Kräfte, die in uns beiden wirksam sind, waren schon viel früher vorhanden... Und du weißt es!"
*
Als wir die Galerie Sounders & McInnerty erreichten, goß es wie aus Eimern. Mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei verstellten die Zufahrt und so mußten wir den Volvo in einer Nebenstraße abstellen. Die Haare klebten mir am Kopf und meine Frisur war ziemlich ruiniert, als wir den Eingang erreichten. Ein Polizist in der charakteristischen Bobby-Uniform wollte uns gleich wieder hinauskomplimentieren, aber glücklicherweise tauchte Evelyn Sounders genau im richtigen Moment auf.
"Das hat schon seine Richtigkeit, Officer!" erklärte sie.
Bevor sie uns begrüßte, rieb sie sich mit einem edlen Spitzentaschentuch die geröteten Augen. Sie wirkte völlig verstört. "Kommen Sie...", murmelte sie und faßte mich am Ellbogen. "Mein Partner Mr. McInnerty ist erwürgt worden, Miss Vanhelsing. Und jetzt sucht Scotland Yard hier nach Spuren des Täters..."
Dann beugte sie sich ganz nahe zu mir.
Ihre Worte waren kaum mehr als ein leises Wispern.
"Wir müssen miteinander sprechen, Miss Vanhelsing. Allein!"
Ich nickte nur.
Sie wirkte ein wenig erleichtert, obgleich das matte Lächeln, das nun für einen kurzen Moment um ihre Lippen herum spielte, sehr verkrampft wirkte.
Sie braucht jemanden, Patti. Jemanden, der ihr zuhört und sie nicht gleich für verrückt erklärt, sobald sie das aus-spricht, was sie gesehen hat...
Von Anfang an hatte ich das Gefühl gehabt, daß die Galeristin uns einiges verschwiegen hatte.
Sie führte uns in jenen Raum, in dem die Werke des Allan Brennan ausgestellt waren.
Einige Scotland Yard-Beamte waren damit beschäftigt, Spuren zu sichern. Eine weiße Kreidezeichnung deutete die Lage des Toten an - so, wie er aufgefunden worden war. Offenbar war er bereits von der Gerichtsmedizin abgeholt worden. Ich ließ den Blick umherschweifen, während Tom die Gelegenheit nutzte und ein paar Bilder schoß.
"Heh, lassen Sie das!" rief eine autoritätsgewohnte Stimme.
Ich achtete nicht darauf.
Mein Blick wurde von einem Gemälde in seinen Bann gezogen, daß jenem glich, welches ich in der Waters-Villa gesehen hatte.
Es bestand nur aus einer Grundierung und der Signatur des Künstlers.
Hast du etwas anderes erwartet, Patti?
Ich fühlte, wie mein Puls sich beschleunigte. Und für Sekundenbruchteile hatte ich eine Vision. Vor meinem inneren Auge sah ich, was geschehen war, sah den schlangenköpfigen Dämon aus dem Bild heraussteigen und sich auf McInnerty stürzen.
"Alles in Ordnung, Patti?" fragte Tom.
Er hatte mich am Arm gefaßt.
Ich nickte stumm, unfähig dazu, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen. Mein Blick glitt die lange Reihe der Dämonenköpfe entlang. Was, wenn auch sie nach und nach zum Leben erwachten, aus den Holzrahmen herausstiegen und zu mörderischen Bestien wurden? Ein Gedanke, bei dem einem das Blut in den Adern gefrieren konnte.
Ich atmete tief durch.
Dann wandte ich mich an Tom, blickte in die meergrünen Augen, die ich über alles in der Welt liebte, und wußte im nächsten Moment, daß er mich verstand. Er wußte bescheid, er ahnte, daß ich eine Vision gehabt hatte. Wir würden später darüber sprechen, wenn wir unter uns waren. Er nahm meine Hand und
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