Schrei Aus Der Ferne
kennt seine Rechte nur allzu gut«, sagte Will. Dann, unvermittelt: »Wir machen eine Pause.«
»Das können Sie nicht«, sagte Pierce. »Wir haben doch gerade erst angefangen.«
Aber Will war bereits aufgesprungen und wandte sich zur Tür. Noch ein Schritt, dann schwang er schnell herum und beugte sich über Pierce, der auf seinem Stuhl saß. »Wenn Sie wissen, wo Beatrice Lawson ist, sagen Sie es mir jetzt, um Gottes willen.«
Pierce zuckte erschocken zurück. »Ich weiß es nicht. Ich schwöre es.«
Will richtete sich auf und streckte den Zeigefinger aus. »Wenn Sie das Leben des Mädchens in Gefahr bringen, weil Sie irgendein blödes kleines Spiel spielen und uns etwas verschweigen, werden Sie das jede Minute Ihres Lebens bereuen.«
Als Will mit Straley draußen auf dem Flur stand, war sein Gesicht immer noch zornrot.
»Ich hab geglaubt, Sie würden ihm eine knallen«, sagte Straley. »Aber der springende Punkt ist: Er hat das auch gedacht.«
»Wir geben ihnen fünf Minuten«, sagte Will. »Dann gehen wir wieder rein. Da draußen gab es keine Spur von einemWagen, richtig? Von diesem Toyota, der auf ihn zugelassen ist?«
Straley schüttelte den Kopf. »Ein paar alte Reifen in der großen Scheune. Ölflecken auf dem Boden.«
»Okay. Hören wir, was er zu sagen hat.«
»Ich hole vier Becher Tee, soll ich?«
»Warum nicht? Aber bringen Sie einen Kaffee für mich, okay?«
Als die Vernehmung fortgeführt wurde, erzählte Pierce ihnen, dass sein Toyota Corolla vor sechs Tagen in die Werkstatt geschleppt worden war, einen Tag, bevor Beatrice verschwunden war: Probleme mit dem Getriebe. In die Werkstatt von Vernon Lansdales Tankstelle auf der anderen Seite von Ely. Sofort begann in Wills Schläfe ein Nerv zu zucken. Das war die Werkstatt, in der Mitchell Roberts bis vor Kurzem gearbeitet hatte. Das konnte doch kein Zufall sein?
»Warum dort?«
»Hä?«
»Warum diese Tankstelle? Warum dort?«
»Ich war schon ein paarmal zum Tanken da gewesen. Und dabei hat der Mann, dieser Vernon, gemerkt, dass einer meiner Reifen praktisch platt war. Er hat ihn an Ort und Stelle für mich reparieren lassen.«
»Er hat es nicht selbst gemacht?«
Pierce schüttelte den Kopf. »Er hat jemanden in der Werkstatt für so etwas.«
»Jemanden? Wen?«
»Das weiß ich wirklich nicht.«
»Haben Sie mit ihm gesprochen? Mit diesem Mann in der Werkstatt?«
»Nein, kann man nicht sagen. Ich hab ihn nur gefragt: Was ist kaputt? Wie lange dauert es?«
»Das war alles?«
»Ja, natürlich. Was gab es sonst groß zu sagen?«
Will entschuldigte sich und kam ein paar Minuten später mit einem Foto von Mitchell Roberts zurück.
»Ist das der Mann?«
Pierce sah das Foto genau an. »Könnte er sein.«
»Könnte sein? Mehr nicht?«
»Nein. Ich sagte doch, dass wir nur ganz kurz geredet haben. Dann machte er sich an die Arbeit und wechselte den Reifen. Ich habe draußen gewartet, das war alles. Warum ist das so wichtig?« Er sah noch einmal auf das Foto. »Wer ist das überhaupt?«
»Sie haben dieses Bild in letzter Zeit nicht gesehen?«
»Nein, wo denn?«
»In der Zeitung, in den Nachrichten.«
Pierce lächelte ein mattes kleines Lächeln. »Ich halte mich nicht auf dem Laufenden, tut mir leid.«
Will legte das Foto zur Seite. »Letzten Dienstagabend zwischen halb sechs und sieben, wo waren Sie da?«
»Dienstag?«
»Dienstag.«
»Zu Hause, notgedrungen.«
»Wieso das?«
»Der Wagen wurde doch am Montagmorgen gegen zehn Uhr in die Werkstatt gebracht. Vernon war mit dem Abschleppwagen gekommen, um ihn zu holen.« Er gestikulierte mit den Händen. »Ohne Auto sitzt man da draußen fest. Macht mir aber nichts aus. Bin immer mit was beschäftigt.«
Na klar, dachte Will. Eine halbe Stunde später machte er erneut eine Pause. Wäre Helen da gewesen, hätte er ihr die Vernehmung überlassen: Perspektivenwechsel, Tempowechsel.
Wie die Dinge lagen, würde Jim Straley einspringen müssen.
»Nehmen Sie Ellie mit«, sagte Will. »Konzentrieren Sie sich auf die Fotos. Wann er sie gemacht hat. Warum. Warum er sie an die Mutter geschickt hat. Ich werde mit ihr sprechen, nachdem ich die Tankstelle überprüft habe. In der Zwischenzeit wollen wir hoffen, dass die Spurensicherung bald etwas liefert.«
60
Will hielt auf dem Weg nach Ely bei Lansdales Tankstelle. Der Jugendliche, der herauskam, um ihn zu bedienen, war siebzehn oder achtzehn, hatte strohblondes Haar und trug einen blauen Overall, der eine Nummer zu groß war. Die
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