Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
Vom Netzwerk:
Wisbech, irgendwie so. Dort hat’s ihm gefallen, ich weiß noch, dass er das gesagt hat. Kongenial, das Wort hat er benutzt. Hab ich vorher nie gehört und hinterher auch nicht mehr. Deshalb isses hier hängengeblieben.« Er klopfte sich an die Schläfe. »Kongenial.«
    »Hat er bei jemandem gewohnt oder war er allein dort?«, fragte Will.
    »Nee. Da war er bei diesen Tippelbrüdern, glaub ich. Derkonnte gut mit denen, mit einigen wenigstens. Zigeuner, wissen Sie?«
    Will wusste es. Er nickte Heywood zu und machte sich auf den Weg über den Hof und auf die Straße hinaus, wo Roy Cole gerade seine Zigarette ausmachte.
     
    Duncan Strand, der Beauftragte für Zigeuner und Landfahrer bei der Polizei von Cambridgeshire, war in seinem Büro im Hauptquartier von Huntingdon, musste aber innerhalb der nächsten Stunde zu einer Sitzung in Leicester aufbrechen. Will sah auf seine Uhr. Er konnte auf keinen Fall rechtzeitig dort sein. Also bog er in eine Haltebucht und gab Strand die Informationen, die er hatte. Eine Gruppe von Landfahrern, die zwischen Cleethorpes im Mündungsgebiet des Humber im Nordosten Lincolnshires und Wisbech hin und her pendelte. Wisbech, wo vor dreizehn Jahren die zwölfjährige Janine Prentiss entführt und drei Tage lang gefangen gehalten worden war. Drei Tage und Nächte.
    »Ich weiß nicht, wie lange Roberts sich bei diesen Leuten aufgehalten hat«, sagte Will, »vielleicht nur ein paar Tage, vielleicht länger.«
    Abgesehen vom Gefängnis hatte er Roberts bislang immer für einen Einzelgänger gehalten, aber jetzt   …
Kongenial
, das Wort hallte auch in Wills Kopf wider.
    »Llewelyn Jones«, sagte er. »Klingelt es da bei Ihnen?«
    »Laut und vernehmlich«, antwortete Strand sofort. »Wie ich zuletzt gehört habe, hält er sich nördlich von Peterborough auf. Könnte aber weitergezogen sein.«
    »Würden Sie es überprüfen?«
    »Ich tu, was ich kann.«
    Mitchell Roberts’ Beschreibung war auf dem Polizeicomputer leicht zugänglich, es war also unnötig, dass Will die Dringlichkeit der Situation betonte. Er beendete das Gesprächund fädelte sich wieder in den Verkehr ein. Er war höchstens fünfzehn Meilen gefahren, als sein Telefon läutete. Er glaubte, es wäre Strand, der zurückrief.
    Es war Lorraine.
    Jemand, der Mitchell Roberts’ Beschreibung entsprach, war in der Nähe von Jakes Schule gesehen worden.
     
    Als Will etwa fünfundvierzig Minuten später im Dorf ankam, parkten bereits mehrere Polizeiwagen auf dem seitlichen Grünstreifen. Die Schule war praktisch abgeriegelt, der Unterricht allerdings ging weiter. Jim Straley kam schnell zu ihm hinüber, den örtlichen Detective Inspector an seiner Seite.
    »Ihr Sohn ist in Sicherheit«, sagte Straley. »Es ist nichts passiert. Der Mann könnte Roberts gewesen sein, aber das ist noch nicht ganz sicher. Er wurde zuerst entdeckt, als er auf der Rückseite der Schule herumlungerte, dort, wo der Spielplatz an das erste Feld grenzt. Später dann, gegen Ende der Mittagspause, ist er direkt zum Haupteingang marschiert. Der Lehrer, der Aufsicht hatte, fragte ihn, was das sollte, und er zog einfach wieder ab. Ging weg, als wäre nichts gewesen.«
    »Ich dachte, während der ganzen Mittagspause sollte ein Beamter hier draußen stehen?«, sagte Will.
    »Er war auch da. Aber er war kurz im Gebäude, weil er pinkeln musste.«
    »Wo ist meine Frau?«, fragte Will.
    Straley nickte in Richtung Schule. »Sie ist im Gebäude. Ich habe angeboten, sie und die Kinder nach Hause zu bringen, aber sie wollte auf Sie warten.«
    Will fand Lorraine im Zimmer der Schulleiterin. Susie spielte mit den glatten Steinen der Halskette ihrer Mutter, Jake saß in gedrückter Stimmung im Schneidersitz auf demBoden und steckte den Kopf in ein Buch. Die Schulleiterin war nicht da.
    »Oh, Will!«
    Er beugte sich hinunter und umarmte sie fest, seine Tochter gleich mit.
    »Ich hätte auf dich hören sollen. Entschuldigung«, flüsterte Lorraine.
    »Nein. Wir haben beide nicht mehr klar gedacht. Und außerdem   …«, er richtete sich auf, »…   ist alles in Ordnung.« Plötzlich spürte er Tränen in den Augen und wandte sich an Jake. »Komm mal her, Junge. Leg das Buch weg und lass dich in den Arm nehmen.«
    »Dad«, sagte Jake, als er das Gesicht seines Vater streifte, »weinst du?«
    »Ich habe doch gar keinen Grund«, sagte er, konnte aber trotzdem nicht aufhören.
    Als Jim Straley an die Tür klopfte und Will ein Zeichen machte zu kommen, standen alle vier dicht

Weitere Kostenlose Bücher