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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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ihren Ohren und sie klammerte ihre Hände über der Brust zusammen.
     
    Nachdem er sich angezogen, die Kinder lediglich kurz auf den Kopf geküsst und Lorraine zugenickt hatte, war Will aus dem Haus gegangen. Kurze Zeit später bat er den diensthabenden Beamten in der Polizeidienststelle von Ely um ein paar Gefälligkeiten. Ein Streifenwagen würde in regelmäßigenAbständen durch das Dorf fahren, und ein Polizist würde um die Mittagszeit und gleich nach Schulschluss vor der Grundschule stehen.
    Als Lorraine auch nur die Möglichkeit erwähnte, dass die Kinder gefährdet sein könnten, wurde ihr mitgeteilt, sie solle Susie vom Kindergarten fernhalten. Ausgestattet mit Bilderbüchern, Buntstiften und Spielzeug, verfrachtete Lorraine sie ins Auto und nahm sie in das College mit, wo sie arbeitete. Sie rief Will auf dem Handy an, sobald sie angekommen war, weil sie sich mit ihm versöhnen wollte, kam aber nicht durch.
    Denn Will saß im Wagen und fuhr mit größtmöglicher Geschwindigkeit in Richtung Norwich, wobei eine CD der Last Shadow Puppets auf höchster Lautstärke lief.
    Roy Cole empfing ihn in der Bethel Street und in seinen Augen leuchtete gespannte Erwartung.
    »Immer noch dieselbe Adresse?«, fragte Will.
    »Ja.«
    Dieses Mal nahmen sie den Wagen, und Will informierte Cole auf der Fahrt über die Einzelheiten.
    Als sie ankamen, warf Cole die Zigarette, die er geraucht hatte, in den Rinnstein, ließ den Wagen mit eingeschaltetem Blaulicht direkt vor dem Laden stehen und eiste Paul Heywood innerhalb weniger Minuten von der Arbeit los. Dieser stand jetzt mit hängenden Schultern im Ladehof. Er hatte die Hände vor dem Schritt verschränkt, als erwartete er, getreten zu werden.
    »Erinnern Sie sich an den Detective Inspector hier?«, fragte Cole, wobei sein Gesicht nicht mehr als eine Armlänge von Heywoods eigenem entfernt war.
    »Ja.«
    »Er hat nach Ihrem Kumpel gefragt, Mitchell Roberts, das wissen Sie doch noch?«
    »Ja.«
    Cole streckte die Hand aus, griff nach dem Pferdeschwanz des Mannes und zog kräftig daran. Heywoods Augen verengten sich vor Schmerz. »Dieses Mal sagen Sie ihm lieber die Wahrheit.«
    »Hab ich doch getan. Wirklich.«
    »Dieses Mal erzählen Sie ihm die ganze verdammte Wahrheit.« Noch ein schnelles Ziehen am Pferdeschwanz, dann ließ er los. »Ich geh nach draußen, um eine zu rauchen, und lass Sie beide allein.«
    Nervös rieb sich Heywood über die tränenden Augen: Als Will auf ihn zukam, verspannte er sich und machte sie schnell wieder zu.
    »Als Sie mit Mitchell Roberts telefoniert haben«, sagte Will, »in der Werkstatt, hat er da je einen Mann namens Pierce erwähnt, Simon Pierce?«
    Heywood schüttelte den Kopf.
    »Simon Pierce. Sind Sie ganz sicher?«
    »Ja, er hat nie   … ich habe den Namen noch nie gehört. Ich schwöre.«
    »Okay.« Will legte ihm eine Hand auf die Schulter, nur ganz leicht, aber Heywood wankte, als wäre er geschlagen worden.
    »Sie mögen es nicht, wenn man Ihnen wehtut«, sagte Will so leise und ruhig, als spräche er zu einem Freund.
    »Nein, nein.«
    »Ist manchmal passiert, als Sie im Knast waren, vermute ich?«
    »Ja.«
    »Ist ziemlich oft passiert.«
    »Ja.« Heywood schwitzte jetzt und zitterte bei jedem Wort.
    »Und Roberts hat Ihnen manchmal geholfen, schätze ich?«
    »Ja. Ja, hat er, er war ’n Kumpel.«
    »Und manchmal auch nicht.«
    Heywoods Blick sprang nervös hin und her.
    »Manchmal nicht«, wiederholte Will.
    »Nein.« Er schlug die Augen nieder. »Nein, manchmal konnte er das nicht. Manchmal   …«
    »Manchmal stand er dabei und hat zugesehen.«
    »Ja.« Heywood weinte jetzt, sein Körper zitterte unter Wills Hand, die immer noch wie zum Trost auf seiner Schulter lag.
    »Sie würden nicht gerne zurückgehen   …«
    »Nein. Nein.«
    »Ich bin sicher, wir könnten das arrangieren, DS Cole und ich. Könnten dafür sorgen, dass Sie in den Knast zurückgehen, all Ihre alten Freunde wiedersehen, Zeit mit ihnen verbringen und gemeinsam etwas machen.«
    »Nein, bitte, bitte.« Er klammerte sich an Wills Arm und drückte zu. »Bitte nicht.«
    »Dann sagen Sie mir alles über Mitchell, was Sie wissen. Wo er hingeht, wo er wohnt. Alles, woran Sie sich erinnern. Orte, Namen   …«
    Heywood ließ Wills Arm los und taumelte unbeholfen einen Schritt zurück. Dann fing er sich wieder und seine Atmung wurde ruhiger. »Er hat mal über Cleethorpes gequatscht und dann war da noch ’n anderer Ort, westlich von hier, wo er mal ’ne Weile war.

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