Schrei in der Nacht
daß es peinlich für Sie sein könnte, aber …«
»Ich denke, wir haben nichts mehr zu besprechen«, unterbrach Jenny ihn. Sie drehte sich abrupt um und verließ die Bibliothek. Erich war mit den Mädchen in der Küche. Er hatte Sandwiches mit Schinken und Käse gemacht. Die drei saßen vergnügt am Tisch und aßen.
Jenny sah, daß für sie nicht gedeckt war.
»Erich, ich glaube, der Sheriff kann gehen«, sagte sie.
»Vielleicht möchtest du ihn zur Tür bringen.«
»Mami.« Beth sah ängstlich drein.
O meine Maus, dachte Jenny. Deine Antenne! Sie versuchte zu lächeln. »Hört mal, ihr beide habt heute großartig ausgesehen auf euren Ponys.« Sie ging zum Kühlschrank und schenkte sich ein Glas Milch ein.
»Weißt du es nicht besser, Mami?« fragte Beth.
»Ob ich was besser weiß?« Jenny hob Tina hoch, setzte sich auf deren Stuhl und nahm sie auf den Schoß.
»Daddy hat zu Joe gesagt, als wir auf den Ponys waren, selbst wenn du es nicht besser weißt und wenn du nicht willst, daß er Mrs. Krueger zu dir sagt, sollte er es wenigstens besser wissen.«
»Das hat Daddy gesagt?«
»Ja.« Beth schien genau aufgepaßt zu haben. »Weißt du, was er noch gesagt hat?«
Jenny trank einen Schluck von ihrer Milch. »Nein, was denn?«
»Er hat gesagt, wenn Joe heute zum Essen nach Haus kommt, findet er einen neuen kleinen Hund, den Daddy gekauft hat, weil Randy weggelaufen ist. Dürfen wir den Hund besuchen, Mami?«
»Sicher. Wir gehen nach dem Mittagsschlaf hin, einverstanden?«
Randy ist also ›weggelaufen‹, dachte sie. Das ist die offizielle Version dessen, was mit dem armen kleinen Tier geschehen ist.
21
Der neue Hund war ein Golden Retriever. Selbst für Jennys unerfahrenes Auge ließen die lange Schnauze, das schmale Gesicht und der schlanke Körper auf einen erstklassigen Stammbaum schließen. Der dicke alte Flickenteppich auf dem Küchenfußboden war derselbe, auf dem Randy sich zusammengerollt hatte. Auf der Schüssel mit Wasser stand immer noch sein Name in Joes schwungvollen roten Buchstaben.
Sogar Joes Mutter schien durch das Geschenk besänftigt zu sein. »Erich Krueger ist sehr fair«, räumte sie ein. »Ich glaube fast, es war nicht richtig, daß ich angedeutet habe, vielleicht sei er es, der den Hund letztes Jahr auf dem Gewissen hat. Wenn es so wäre, hätte er es sicher zugegeben.«
Außer daß ich ihn diesmal gesehen habe, dachte Jenny und machte sich sofort danach Vorwürfe. Sie war ungerecht zu Erich.
Beth streichelte den schmalen Kopf. »Du mußt ganz vorsichtig sein, weil er so klein ist«, erklärte sie Tina.
»Du darfst ihm nicht weh tun.«
»Es sind wirklich süße kleine Mädchen«, sagte Maude Ekers. »Sie ähneln Ihnen, bis auf die Haare.«
Jenny kam es vor, als benehme sich die Frau heute ein bißchen anders. Sie hatte sie eine Spur zurückhaltender begrüßt. Sie hatte sie erst nach kurzem, kaum merklichen Zögern ins Haus gebeten.
Jenny hätte eine Tasse Kaffee aus der unweigerlich dampfenden Maschine nicht angenommen, war aber dennoch überrascht, daß sie nicht angeboten wurde.
»Wie heißt er?« fragte Beth.
»Randy« sagte Maude. »Joe fand, daß wir wieder einen Randy haben sollten.«
»Natürlich«, bemerkte Jenny. »Ich habe gewußt, daß Joe den anderen Hund nicht so schnell vergessen würde.
Er hat ein viel zu gutes Herz.«
Sie saßen am Küchentisch. Sie lächelte die andere Frau freundlich an.
Doch zu ihrer Verblüffung zeigte Maudes Gesicht feindselige Besorgnis. »Lassen Sie bitte meinen Jungen in Frieden, Mrs. Krueger«, platzte sie los. »Er ist ein einfacher Junge vom Land, und ich habe sowieso schon zu viele Sorgen damit, daß mein Bruder ihn abends mit in die Kneipen nimmt. Joe schwärmt sowieso schon viel zuviel von Ihnen. Vielleicht nehme ich mir zu viel heraus, wenn ich es sage, aber Sie sind mit dem wichtigsten Mann im County verheiratet, und Sie sollten begreifen, was Sie hier darstellen!«
Jenny stieß den Stuhl zurück und stand auf. »Was meinen Sie damit?«
»Ich glaube, Sie wissen, was ich meine. Bei einer Frau wie Ihnen gibt es immer irgendein Unglück. Das Leben meines Bruders ist durch den Unfall im Kuhstall ruiniert worden. Sie haben sicher gehört, daß John Krueger meinte, mein Bruder sei mit der Arbeitslampe nicht vorsichtig genug gewesen, weil Caroline ihn so verwirrt hat. Joe ist alles, was ich noch habe. Er bedeutet alles für mich. Ich möchte keine Unfälle oder Probleme.«
Jetzt, wo sie angefangen hatte, sprudelten die
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