Schrei in Flammen
sie jeden Augenblick ohnmächtig werden. »Man mischt sich nicht in Hectors Geschäfte ein, verstanden?«
Marco und Thomas nickten.
»Gut!«, sagte Hector und stand auf. »Dann wollen wir mal aufräumen und uns aus dem Staub machen. Fangen wir mit dem Auto an. Jonas, du nimmst den Kanister!« Hector schaute zum Lieferwagen. »Aber was zum Teufel machen wir mit den beiden da drinnen?«
*
Katrine hatte eine Ewigkeit auf ihre Unterlagen gewartet. Annemarie war zwischendurch zu ihr gekommen und hatte angedeutet, dass sie sich eventuell bis zum nächsten Tag gedulden müsse. Aber kurz vor dem Schließen kam sie dann doch wie ein erlösender Engel mit einem Stapel Fälle, die Katrine eilig kopierte. Zehn Minuten nach fünf stand sie auf dem Jagtvej, die Tasche voller unaufgeklärter und geklärter Brandstiftungen. Noch hatte sie keinen Überblick, aber den würde sie sich schon verschaffen.
Sie fuhr zum Präsidium. Das zähe Vorankommen im Berufsverkehr passte in keiner Weise zu dem Tempo in ihr selbst.
Die Räume der Taskforce waren wie ausgestorben, als sie im Präsidium ankam. Sie rief Jens an, um zu hören, ob er schon nach Hause gegangen war, aber er antwortete nicht.
*
Der Einsatzleiter gab kurze, klare Anweisungen.
Einen Augenblick später liefen zwölf Beamte der Sondereinheit mit Maschinenpistolen, schusssicheren Westen und Helmen aus drei verschiedenen Richtungen auf den Containerplatz zu.
Jens und Lars hatten die Order bekommen, sich im Hintergrund zu halten und auf ein Signal zu warten.
Der Maschendrahtzaun war im Handumdrehen zerschnitten, und die Männer begaben sich auf den Containerplatz. Im gleichen Augenblick bogen zwei Krankenwagen aus südlicher Richtung in den Containervej, langsam und ohne Sirene oder Blaulicht.
Jens lief zum nächsten Loch im Zaun. Lars war unmittelbar hinter ihm. Schwarzer Rauch stieg hinter den Containern auf. Was zum Teufel war da los?
*
Katrine war alle neun Fälle von Brandstiftung aus dem Sommer 1987 durchgegangen.
Beim ersten davon, im Gøgevej, war das Bett im Schlafzimmer der Brandherd gewesen. Nahe Familienangehörige der Frau hatten erzählt, dass sie häufig im Bett geraucht habe, und da in dem ausgebrannten Haus keinerlei Spuren eines Einbruches zu finden waren, war der Fall als Unfall zu den Akten gelegt worden.
Da kam ihr ein Gedanke: Die Einbrüche konnten aufgeklärt werden, weil Christian Letoft und Jim Hellberg von einem Mann erkannt worden waren, der in dem Viertel wohnte, in dem sie ihren dritten Einbruch gemacht hatten, und das zur Anzeige gebracht hatte. Der Zeuge hatte die beiden Jungs an jenem Abend auf der Straße gesehen, war aber früh am nächsten Morgen in den Urlaub gefahren und hatte erst eine Woche später nach seiner Rückkehr von dem Einbruch gehört, worauf er sich bei der Polizei gemeldet hatte. Die zwei hatten keine Fingerabdrücke hinterlassen und hatten sich des gesamten Diebesgutes entledigt. Woran die beiden Diebe allerdings nicht gedacht hatten, war die Tatsache, dass ein Ohr auf einer Scheibe beim Versuch zu horchen, ob jemand zu Hause ist, auch einen hervorragenden Abdruck hinterlässt. Die beiden gaben den Bruch zu und bekamen aufgrund ihrer Alters und weil sie noch keine Vorstrafen hatten, ein Urteil auf Bewährung.
In dem abgebrannten Haus dagegen waren solche Spuren nicht gesammelt worden, weil das bei der Sachlage nicht anstand – und die Fenster waren bei der starken Hitzeentwicklung des Brandes vielleicht zerborsten, dachte Katrine. Sie steckte einen andersfarbigen Pin in die Karte, die bereits an der Wandtafel hing. Jetzt war das Viereck zu erkennen.
Dann druckte sie eine Karte mit den acht übrigen Brandfällen aus. Sie hängte die Karte neben die andere und begann mit der Analyse. Drei Fälle waren aufgeklärt worden und hatten nichts mit Letoft und Hellberg zu tun. Vier Fälle waren als nicht aufgeklärt zu den Akten gelegt worden, bei denen es vorrangig um Vandalismus ging: Mülleimer in einer Schule, in einer Tageseinrichtung und in einem alten Badehaus am Strand sowie ein gestohlenes Mofa.
Sie trug die Punkte auf der Karte ein. Die Adressen ergaben ein zerfasertes Muster, das vom Strand zu den dicht beieinanderliegenden Einrichtungen reichte. Bei der Schule handelte es sich um die Schule in Rungsted, auf die Letoft und Hellberg gegangen waren.
Leider war es längst nicht so eindeutig wie das andere Muster. Anhand der Faktenlage war unmöglich zu klären, ob die Feuer von ein und derselben Person gelegt
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