Schrei in Flammen
hat er noch einmal geheiratet und bekam mit der zweiten Frau eine Tochter. Diese Tochter wurde nun ermordet. Sie war Christians Halbschwester.«
»Die ermordete Prostituierte war Christians Halbschwester? Sieh an.« Arne Letoft rutschte nervös auf seinem Stuhl nach vorn. »Das kommt ziemlich überraschend. Aber was hat das mit Christian zu tun?«
»Wir wüssten gerne, ob Sie in irgendeiner Form Kontakt zu Maja hatten?«
»Ich weiß seit circa dreißig Sekunden von ihrer Existenz, die Antwort ist also ein klares Nein«, sagte er mit fester Stimme.
Katrine nickte. »Wir würden gerne so viel wie möglich über Maja Jensen in Erfahrung bringen«, erklärte sie. »Bisher wissen wir nur, dass sie einen Haufen Probleme hatte, unter anderem als Kind in der Schule. Sie wurde gemobbt und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen.« Sie machte eine kleine Pause. Sie hängte sich gerade ziemlich weit aus dem Fenster. Arne Letoft sah sie fragend an und wartete auf eine Fortsetzung. Katrine gab sich einen Ruck und überwand ihren inneren Widerstand. »Die anderen Kinder reagierten, verständlicherweise, sehr heftig auf die Tatsache, dass Majas Vater jemanden umgebracht hatte. Und es gab anscheinend keine Erwachsenen, die eingegriffen und sich darum gekümmert haben.«
Arne Letoft sah plötzlich unnahbar aus. »Sie müssen schon entschuldigen«, sagte er, »aber ich sehe nicht ganz, worauf Sie hinauswollen.«
»Ich versuche, mir ein umfassendes Bild über Majas Kindheit zu verschaffen.«
»Wenn Sie mir trotzdem erklären könnten, was das mit Christian zu tun hat?«
»Hatte Christian auch diese Art von Problemen in der Schule?«
Arne Letoft zögerte für die Dauer eines tiefen Atemzugs, ehe er antwortete. »Christian hatte … Probleme in der Schule, als wir noch in Skive wohnten. Aber das ist lange her.«
»Wie alt war Christian, als Sie von Skive hierhergezogen sind?«
»Zwölf Jahre. Er hat hier in der fünften Klasse angefangen.«
»Warum sind Sie umgezogen?«
Erneut ein tiefer Atemzug. »Aus Rücksicht auf Christian. Meine Frau hatte sich den verkehrten Menschen anvertraut, und innerhalb kürzester Zeit war die Geschichte in der gesamten Gemeinde rum. Aber es war ja nicht seine Schuld, dass sein Vater … Also haben wir beschlossen, hier in Seeland einen Neuanfang zu machen. Ich habe die Firma verlegt, und wir haben uns dieses Haus gekauft.« Er breitete die Arme aus. »Ich habe das Geschäft weiter ausgebaut, und Christian führt die Firma nun mit großem Erfolg weiter.«
»Und hier wusste niemand von der Geschichte?«
»Nein. Wie gesagt, das war ein Neuanfang. Meine Frau und ich waren der Meinung, dass es für alle besser war, wenn niemand etwas über die Vergangenheit des Jungen erfuhr. Wir wollten ja nicht, dass sich das Ganze wiederholte. Also haben wir seitdem nicht mehr darüber gesprochen. Zu Christians großer Erleichterung, muss ich unterstreichen. Er war froh, dass wir Gras über die Geschichte wachsen ließen.«
Die Scham wurde totgeschwiegen, dachte Katrine. In bester Absicht. Dabei steckte sie bereits in ihm fest. Die Scham über seine Familie. Hatte er Maja deshalb keinen Zutritt zu seinem Leben gewähren können?
»Es muss hart für Sie als Eltern gewesen sein, dass er so etwas hatte durchmachen müssen?«
»Natürlich war es das«, sagte Arne Letoft, den Blick auf einen Punkt hinter Katrine gerichtet. »Wir wollten ihm so gern eine neue Chance im Leben geben, und dann …« Ein einzelnes, verbitteres Zucken mit dem Mund.
»Und die hat er hier in Rungsted bekommen?«
»Ja.«
Die Nervosität setzte wieder ein. Sie war erneut bei Zusammenhängen gelandet, die ihre Karriere ruinieren konnten. »In Umfeld unserer Ermittlungen sind wir hier in Rungsted auf eine Person gestoßen, mit der Christian befreundet war. Ich weiß nicht, ob sie ihn kennen? Er heißt Jim Hellberg.«
»Ja, danke! Den kenne ich gut«, schnaufte Letoft senior verächtlich. »Aber wieso fragen Sie Christian nicht selbst?«
»Das habe ich vor.«
»Gut, ich tue, was ich kann.«
»Wie haben die beiden sich kennengelernt?«
»Er ging in die Klasse, in der Christian angefangen hat. Und sie haben sich angefreundet.«
»Wie würden Sie Jim Hellberg beschreiben?«
»Wie?« Er spuckte das Wort förmlich aus. »Ein Scheißkerl. Mir fällt kein besseres Wort für ihn ein. Von unserer ersten Begegnung an war mir klar, dass er eine ganz schlechte Gesellschaft für unseren Christian war.«
»Wie war ihr Verhältnis?«
»Wenn ich
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