Schrei in Flammen
er merkte, wenn es vibrierte. Warum rief Lars nicht an? Er wollte gerade aufstehen und sich auf den Flur schleichen, um selber anzurufen, als er das ersehnte Vibrieren spürte. Er lief eilig aus dem Zimmer und antwortete.
»Wir haben am laufenden Meter bei ihr angerufen und versucht, ihr Handy zu orten, aber es ist komplett tot«, sagte Lars. »Wir konnten sehen, dass sie dich aus Kopenhagen angerufen hat und um 20.55 Uhr einen Anruf aus England bekommen hat, das war unmittelbar, nachdem du ihr um 20.51 Uhr eine SMS geschickt hast. Zu dem Zeitpunkt befand sie sich ganz in der Nähe von Christian Letofts Adresse. Danach ist ihr Handy nicht mehr zu orten.«
»Was ist mit dem Sommerhaus?«, fragte Jens.
»Auch nichts. Der Streifenwagen, der dort war, hat ein dunkles, leeres Haus vorgefunden.«
»War ihr Auto dort?«
»Nein.«
»Verdammt, wo steckt sie bloß?!«, sagte Jens laut.
»Das würde ich auch gerne wissen«, sagte Lars.
»Irgendwas stimmt da ganz und gar nicht. Was hast du gesagt: ein Anruf aus England …?« Eine leise Hoffnung stieg in ihm auf. »Ihr Vater ist doch krank, vielleicht ist sie spontan zu ihm geflogen? Gehen so spät noch Flüge? Das würde auch das abgeschaltete Handy erklären.« So musste es sein, dachte Jens und schob mit aller Kraft jeden Gedanken weg, dass sie sich womöglich in dem brennenden Haus befand.
»Möglich«, sagte Lars. »Ich werde sofort jemanden dransetzen, die Fluglisten zu kontrollieren. Und dann rufe ich die Nummer zurück, von der sie angerufen wurde.«
»Yes«, sagte Jens. »Weiß man schon, was den Brand in dem Haus ausgelöst hat?«, fragte er.
»Nein, nicht mit Sicherheit, die Experten vermuten aber, dass es sich um Brandstiftung handelt. Allem Anschein nach ist ein Brandbeschleuniger verwendet worden, sonst wären die Flammen wohl nicht so heftig«, sagte Lars. »Ich habe bisher weder Christian Letoft noch seine Frau erreicht. Christians Vater hat um 20.48 Uhr mit seinem Sohn gesprochen. Er meint, Christian habe sehr merkwürdig geklungen und sei extrem kurz angebunden gewesen. Die Kinder sind glücklicherweise gerade bei ihren Großeltern, weshalb wir vermuten, dass Letoft zusammen mit seiner Frau in dem Haus war. Ich befürchte, da ist eine Tragödie geschehen.«
»Was glaubst du?«
»Schwer zu sagen. Aber es ist schon recht auffällig, dass wir schon wieder einen Fall von Brandstiftung haben. Leg jetzt auf, vielleicht wissen wir bald mehr, ich hab den Einsatzleiter in der anderen Leitung.«
»Kannst du nicht auf Mithören schalten?« Jens wurde fast verrückt, dass er im Krankenhaus war und nicht im Präsidium.
»Okay«, hörte Jens jemanden sagen, offenbar den Einsatzleiter der Polizei Nordseeland. »Wir konnten keinen Kontakt zu den Bewohnern des Hauses herstellen. Die Feuerwehrleute beginnen jetzt mit den Nachlöscharbeiten, danach schicken wir Rauchtaucher ins Haus, um nach Überlebenden oder möglichen Toten zu suchen.«
Im weiteren Verlauf des Gespräches ging es um die Verteilung der Aufgaben. Jens wartete, bis Lars wieder reden konnte. »Und du untersuchst so schnell wie möglich die späten Abflüge, ja?«
»Ich setze jemanden dran und ruf dich an, sobald es was Neues gibt.«
»Und lass jemanden ihren Schreibtisch untersuchen, vielleicht liegt da ja irgendetwas, das uns verrät, was zum Teufel sie vorhatte?«
»Gute Idee, das werde ich machen.«
Sie beendeten das Gespräch.
Jens ging zurück ins Zimmer und legte sich auf sein Bett. Er lag lange da und betrachtete Simone.
*
Jens schrak von dem Vibrieren seines Handys aus dem Schlaf auf und stürmte auf den Flur, wo ihm erst einmal schwarz vor Augen wurde.
»Die Rauchtaucher haben zwei Personen im Haus gefunden«, sagte Lars Sønderstrøm. »Im Wohnzimmer. Beide tot. Eine etwas größer als die andere, vermutlich ein Mann und eine Frau. Anne Mi ist gerade gekommen und sieht sie sich an.«
Das waren vermutlich Christian und seine Frau, dachte Jens und schämte sich für seine Erleichterung. »Sonst haben sie niemanden gefunden?«
»Nein.«
»Und weder Christian Letoft noch seine Frau sind anderweitig aufgetaucht?«
»Nein.«
»Haben sie das ganze Haus durchsucht?«
»Der Keller fehlt noch, aber der ist im Moment noch nicht zugänglich. Es ist jetzt aber sicher, dass es Brandstiftung war. Die Spuren im Wohnzimmer und im Eingangsbereich sind eindeutig. Boden und Wände sind mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen worden, wahrscheinlich Benzin. Und der Täter hat genau die
Weitere Kostenlose Bücher