Schrei in Flammen
ist.«
»Das deckt sich mit dem, was Simone erzählt hat«, sagte Jens. »Wie verfahrt ihr mit ihnen weiter?«
»Mit Marco und Thomas?«
»Ja, und den anderen.«
»Marco und Thomas behalten wir die Nacht über hier, aber ich glaube nicht, dass wir was gegen sie in der Hand haben. Jedenfalls nicht genug für einen Haftbefehl. Ditte will den Überfall nicht anzeigen. Hector und seine Anwärter werden morgen früh dem Richter vorgeführt. Bei denen mangelt es uns nicht an Gründen, sie einzubuchten. Hector würden wir gern isoliert halten, damit wir ihn in unserem Hauptfall verhören können.«
»Das klingt vernünftig«, sagte Jens. »Haben wir genug gegen ihn in der Hand?«
»Ich denke schon«, sagte Lars. »Für drei, vier Jahre dürfte das locker reichen. Aber etwas ganz anders – es tut mir wirklich leid, dich damit zu belämmern, ich weiß ja, dass du zurück zu Simone willst –, aber Christian Letofts Haus steht in Flammen.«
»Scheiße, das gibt’s doch nicht!«, platzte Jens heraus.
»Doch«, antwortete Lars. »Die Feuerwehr tut gerade ihr Bestes, den Brand zu löschen. Soweit ich gehört habe, ist das ein ziemlich heftiges Feuer, und es wird sicher noch einige Zeit dauern, ehe wir wissen, ob jemand zu Schaden gekommen ist und ob es sich um ein Verbrechen handelt.«
Gedanken. Entweder kamen sie blitzschnell, einfach und klar, oder sie schlichen sich hinterrücks an, dunkel und diffus, wenn man sie gerade gar nicht gebrauchen konnte. Katrine, dachte Jens. Katrine hatte ihn angerufen und gesagt, dass sie auf etwas gestoßen sei und nach Rungsted fahren wolle. Hatte sie etwas von Christian Letoft gesagt in ihrer Nachricht? Er konnte sich nicht erinnern.
»Ich …« Er räusperte sich. »Hast du Katrine in den letzten Stunden im Präsidium gesehen?«
»Nein, ich hab sie heute überhaupt noch nicht gesehen. Warum?«
»Du, ich versuch, sie anzurufen und zu hören, wo sie ist. Ich melde mich wieder.« Er beendete das Gespräch, suchte Katrines letzten Bescheid auf seiner Mailbox und drückte auf Antworten.
»Das ist der Anschluss von Katrine Wraa. Hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer, ich rufe Sie dann bei nächster Gelegenheit zurück.«
»Katrine, Jens hier. Melde dich unbedingt noch mal wegen Rungsted bei mir oder Lars, okay? Und, äh, ich muss dir auch was erzählen.« Er brach ab. Sah das Handy an. Merkte, dass er gerne mit ihr darüber gesprochen hätte, was Simone passiert war. Er hörte ihre Mitteilung noch einmal ab. Fuck! Sie hatte wirklich etwas über Letoft herausgefunden. Er wählte noch einmal Lars’ Nummer und erzählte ihm von Katrines Nachricht.
»Sie antwortet nicht«, sagte Jens finster.
»Verdammt nochmal!«, sagte Lars.
»Ja.«
»Okay, jetzt heißt es, kühlen Kopf bewahren. Vielleicht ist sie ja mit einer Freundin ins Kino gegangen«, sagte Lars.
»Hm«, sagte Jens, ohne auch nur im Entferntesten daran zu glauben. Die Ungewissheit nagte an ihm. »Wir müssen rauskriegen, wo genau sie sich in diesem Moment befindet. Nach ihrer letzten Nachricht an mich war sie auf dem Weg zu Christian Letoft.«
»Ich versuche weiter, sie zu erreichen«, sagte Lars. »Und ich schicke jemanden von der Polizei Nordseeland bei ihr zu Hause vorbei. Vielleicht schläft sie ja einfach.
»Ja, kann sein«, sagte Jens, obgleich er so wenig an diese Vermutung glaubte wie an jede andere. Um diese Zeit schlief sie nicht. Nie im Leben. Außerdem war ihr Vater schwer krank. Sie würde sofort antworten.
»Ruf mich an, sobald du was von ihr hörst.«
»Das werde ich«, sagte Lars.
»Ich muss wieder zurück zu Simone. Und gib Laut, sobald du Näheres über den Brand weißt.«
»Natürlich.«
Jens trat an das Fenster in dem Seitenflur und schaute nach draußen. Er legte die Stirn an die kühle Scheibe. Der Abend war klar, und aus der zwölften Etage hatte man einen tollen Blick über die Stadt. Er sah die Neonreklame der Svanemühle und ein paar Schiffe auf dem Øresund. Und in der Ferne sah er Lichter in Schweden.
Am liebsten hätte er sich ins Auto gesetzt und wäre nach Rungsted gefahren. Aber Simone brauchte ihn jetzt hier. Und ehe das Feuer nicht gelöscht war, konnte er dort ohnehin nichts ausrichten.
*
Jens lag in einem Krankenhausbett neben der tief schlafenden Simone. Sie hatte inzwischen ein Einzelzimmer bekommen. Seine Eltern waren gefahren, wollten aber am nächsten Morgen wiederkommen. Er machte kein Auge zu, lag da und starrte an die Decke, das Handy in der Hand, damit
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