Schrei in Flammen
Hellberg? Eine ganz, ganz schlechte Kombination. Aber die beiden gemeinsam mit Christian Letoft? Das passte nicht. Außerdem hatte die Verbindung zu dem alten Brandfall ihren Entführer offensichtlich überrascht. Die Frage war nur, ob es ein Fehler gewesen war, dies zu erwähnen.
*
»Es geht um Christian Letoft?«, fragte Jim Hellberg mit völlig leerem Blick. Jens Høgh sah ihn sich genau an. Er saß lässig zurückgelehnt auf seinem Stuhl im Verhörraum, trug ein kurzärmeliges Hemd und eine Jeans und hatte seine Sommerjacke über den Stuhlrücken gehängt. Hellbergs Gesichtszüge waren nicht sonderlich ausgeprägt. Obgleich Jens ihn schon mehrfach auf Fotos gesehen hatte, wirkte er irgendwie anonym. Jens konnte sich Gesichter normalerweise gut merken, aber Jim Hellbergs Aussehen war merkwürdig schwer greifbar. Vermutlich lag das an dem Fehlen markanter Züge. Gerade Nase, durchschnittlich groß, kräftige Kieferpartie, aber nicht kräftig genug, um als besonderes Kennzeichen durchzugehen, und das Kinn war weder gespalten noch fliehend oder vorstehend. Die Augen waren graublau. Man konnte nicht einmal sagen, ob er hässlich oder gutaussehend war.
Jens nickte. »Ja, es geht um Christian Letoft. Irgendwo müssen wir anfangen, und wir befragen alle Betroffenen. Wir wissen natürlich nicht, wieweit Sie über den Fall informiert sind.« Hellberg sah ihn abwartend an. »Die Ermittlungen laufen jedenfalls auf Hochtouren. Wurden Sie von Christian und Sofia Letofts Tod unterrichtet?«
»Ja.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist … Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Das ist grauenvoll!«
»Sehr tragisch, ja.«
»Gott sei Dank waren die Kinder nicht zu Hause.«
»Ja, ein glücklicher Umstand«, sagte Jens. »Sagen Sie mir: Sie und Christian waren alte Schulfreunde, nicht wahr?«
»Ja.«
»Wann haben Sie zuletzt mit Christian gesprochen?«
»Gestern.«
»Und worüber haben Sie gesprochen?«
»Wie es ihm ging und so. Ich habe überlegt, mir einen neuen Wagen zu kaufen, darum war ich ein paarmal in seinem Geschäft. Aber … also, wie ist das Feuer überhaupt ausgebrochen?«
»Das wissen wir noch nicht. Wir haben aber Grund zur Annahme, dass es sich um Selbstmord handelt.«
»Puh«, sagte Jim, beugte sich über den Tisch und legte das Gesicht in die Hände, als wäre ihm schwindelig. »Scheiße, Mann! Wenn ich geahnt hätte, dass es so schlimm um ihn steht, hätte ich ihm vielleicht unter die Arme greifen können.«
»Ja, in solchen Situationen macht man sich leicht Vorwürfe«, sagte Jens, stand auf und holte ein Glas Wasser für Hellberg. Er legte eine Hand auf seine Schulter. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Ja«, Hellberg nickte. »Danke.«
Jens setzte sich wieder. »Ist Ihnen gestern, als Sie mit Christian gesprochen haben, irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Ja, er schien ziemlich unter Druck zu stehen. Er hat mich vorher angerufen und gesagt, er hätte Probleme, da hab ich mich gleich ins Auto gesetzt und bin zu ihm gefahren. Die Geschäfte liefen nicht so, wie sie sollten, na ja, es klang fast so, als stände er dicht vorm Konkurs. Und dann hat er mit Selbstvorwürfen angefangen, von wegen, dass es viele Dinge in seinem Leben gäbe, die er bereue, solchen Mist halt.« Hellberg schüttelte den Kopf.
»Hat er gesagt, was er bereut?«
»Nein, darauf wollte er nicht näher eingehen.«
»Haben Sie eine Vermutung, was es sein könnte?«
Hellberg schüttelte den Kopf.
»Sollte Ihnen in den nächsten Tagen noch irgendetwas einfallen, melden Sie sich bitte bei uns. Selbst das kleinste Detail kann für uns von Bedeutung sein.«
»Selbstverständlich. Und … sagen Sie bitte Bescheid, falls ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann.«
»Natürlich.« Jens lehnte sich zurück.
»War das alles?«, fragte Jim Hellberg.
»Ja«, sagte Jens. »Das wär’s für heute. Unter welcher Nummer erreiche ich Sie, falls ich noch Fragen habe?«
Jim Hellberg reichte Jens eine Visitenkarte von
Søren Lauritzen Enterprise
. Dann stand er auf und reichte Jens die Hand. »Rufen Sie jederzeit an.« Fester Händedruck.
»Gut«, sagte Jens und erhob sich ebenfalls. »Ich begleite Sie noch nach unten.«
Sie gingen über die Treppe nach unten und überquerten den runden Innenhof. Jens blieb bei der Wache stehen und sah Jim Hellberg nach, als er auf die Straße trat.
Am liebsten wäre er ihm gefolgt, um ihn an die Wand zu nageln und die Wahrheit aus ihm herauszuprügeln. Stattdessen beeilte er sich,
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