Schrei in Flammen
ihre Hände sie berührten. Sie stand ganz still da und versuchte zu hören, was gesagt wurde, aber die Tür dämpfte alle Geräusche.
Zwischendurch wurden die Stimmen lauter. Jemand schimpfte.
Sie erkannte die Stimme der Boxervisage.
»Das geht dich verdammt nochmal nichts an, Erik!«, rief er.
Eine andere Stimme antwortete, aber Katrine hörte nicht, was sie sagte.
»Das ist nicht dein Problem, du Idiot!«
Jetzt hörte Katrine auch die zweite Person, vermutlich den eben erwähnten Erik.
»Das kann es aber ganz schnell werden, Søren!«, schrie er. »Das hier ist nicht Teil unserer Vereinbarung!«
Danach wurde es wieder still.
Katrine stand an der Tür und wartete, ob sie ihren Streit wiederaufnahmen, aber es war nichts mehr zu hören.
War der zweite Mann weg? Und worum war es bei dem Streit gegangen?
Wenn sie nur wüsste, wer sich da mit dem Boxer gestritten hatte.
*
Eine Stunde nachdem sie den Kontakt zu Jim Hellberg verloren hatten, saß Jens mit Lars Sønderstrøm in seinem Büro und starrte auf Katrines leeren Stuhl. Die Überwachungsaufnahmen hatten gezeigt, dass Jim Hellberg das Einkaufszentrum über den Ausgang auf die Købmagergade verlassen hatte, kurz nachdem Team zwei dort hineingegangen war.
Jens hatte eine Fahndung nach Hellberg ins Polizeinetz gestellt und die Grenzkontrollen alarmiert. Jetzt wartete er, dass die Streife sich zurückmeldete, die sie zu
Søren Lauritzen Enterprise
in Lyngby geschickt hatten.
Jens’ Telefon klingelte.
»Das Büro sieht verlassen aus. Alles abgeschlossen, und es antwortet auch niemand«, sagte der Beamte. »Den Eigentümer erreichen wir auch nicht.«
»Scheiße, scheiße, scheiße!«, rief Jens und sprang von seinem Stuhl auf.
Lars schwieg.
Jens schob rasend seinen Stuhl weg. »Wir hätten ihn hierbehalten sollen, als wir ihn hatten!«
»Das hätte uns auch nicht weitergeholfen«, sagte Lars. »Er war unsere größte Chance, uns zu ihr zu führen.«
»Sehr ermutigend!«, sagte Jens. Sønderstrøm sah ihn an. »Tut mir leid, Lars«, sagte Jens.
*
Die Tür öffnete sich.
Das Licht ging an.
Katrine erkannte die Person, die den Raum betrat, sofort wieder, obwohl er die anderen Male, als sie ihm begegnet war, anders ausgesehen hatte.
Es war Jim Hellberg.
»Hallo, Katrine«, sagte er und lächelte sie an, als wären sie alte Freunde, die sich zufällig auf der Straße begegneten.
Er schloss die Tür hinter sich und ging zu ihr.
»Wir sind zusammen nach London geflogen, erinnerst du dich? Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, wieso du mich so anstarrst, und natürlich gehofft, es liege daran, dass ich dir gefalle.« Er lachte leise.
Katrine stand auf. Sie kam sich neben ihm sehr klein vor.
Er wirkte freundlich, lächelte. Aber sie zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass das reines Schauspiel war. Dieser Mann war gefährlich. Richtig gefährlich. Alles in ihr schrie: Flucht! Flucht!
Physisch war er ihr weit überlegen. Sie hatte keine Chance, ihn zu überwältigen. Jim trat noch einen Schritt auf sie zu und stand jetzt direkt vor ihr. Sein Duft bohrte sich in ihre Nasenlöcher: Schweiß, Aftershave. Raubtier. Er hob die rechte Hand und berührte ihr Haar. Sie hielt die Luft an. Ihn so nah bei sich zu haben war beängstigend. Sie versteifte sich wie ein Tier, das sich tot stellte, wie eine Maus, die hoffte, dass die Katze ihr Spiel aufgab, wenn sie nicht mehr zappelte.
Für eine lange Sekunde wurde sie zurückversetzt an den Tag am Strand. Den Moment, in dem sie aufgegeben und erkannt hatte, dass alles vorbei war. Genauso fühlte es sich jetzt an.
»Eine tolle Farbe. Aber …«, er schob sich noch näher an sie heran und schnupperte an ihrem Haar, »… es könnte dringend mal gewaschen werden, oder? Überhaupt täte dir insgesamt ein Bad gut, würde ich sagen. Du riechst ein wenig nach …« Er schien nachzudenken. »Du riechst wie jemand, der höllisch Angst hat. Hast du Angst, Katrine?« Er sah ihr forschend in die Augen. Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten.
Sein Blick glitt über ihren Körper, verharrte einen Augenblick. Dann strich seine Hand über ihre Wange, hielt kurz inne und kreiste federleicht um ihre Brust. Sie verkrampfte sich unter der Berührung. Er macht mir klar, dass er mit mir machen kann, was er will, dachte sie. Plötzlich zog er die Hand weg. Sie fing wieder zu atmen an, durch die Nase, langsam und lautlos.
»Hat Søren dich gut behandelt?«
Katrine antwortete nicht. Denk nach. Denk nach. Wie sollte sie
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