Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
E-Mail-Adresse hat er: eine von gmx oder einem Unternehmen wie Tengelmann? Zusammen mit den Erfahrungen mit Millionen von Transaktionen anderer Kunden haben wir dann viermal bessere Daten als die Schufa.« Und viel schneller sei sein Unternehmen auch noch. »Das Ganze ist etwas tricky. Aber in 97 Prozent der Fälle funktioniere das«, sagte Siemiatkowski. Und nutzte den Fachkongress gleich noch als Werbeplattform: »Einfache Bezahlung kann das Geschäftsvolumen um 20 bis 25 Prozent steigern«, verspricht er.
Deichmann-Experte Hackel will vom Rechnungskauf im Internet dennoch nichts wissen. »Das ist ein erheblicher Ausfallblock, den die anderen Kunden mit bezahlen müssten«, sagt er. Mit sieben bis zehn Prozent Ausfallquote müsse man rechnen, sagt ein Kollege. Andere Experten sprechen nur von zwei bis drei Prozent nicht bezahlter Rechnungen. Gegen solchen Zahlungsausfall kann sich ein Händler zwar versichern, aber auch das kostet Geld. Deichmann jedenfalls bietet den Rechnungskauf gar nicht erst an. Da das Unternehmen ein Multichannel-Anbieter ist, also einer sowohl mit stationären Läden als auch dem Onlineshop, käme beim Rechnungskauf eine weitere Schwierigkeit hinzu: Kunden bekommen ihr Geld für Online gelieferte Ware schließlich auch beim Umtausch in der Filiale zurück, obwohl sie den Rechnungsbetrag vielleicht gar nicht überwiesen haben. Welcher Händler möchte dieses Risiko schon eingehen?
Dieses Problem gibt es bei Zalando nicht, weil die Firma – mit Ausnahme des einen Outlet in Berlin-Kreuzberg – keine Läden betreibt. Überhaupt gibt sich Geschäftsführer Ritter gelassen: »Wir haben keine Probleme mit dem Kauf per Rechnung. Unsere Systeme sind so gut, dass die Ausfallquote gering ist.« Würden sie die Zahlung per Rechnung plötzlich abschaffen, würden sie auch wohl Probleme mit Millionen Kunden bekommen: Denn in Deutschland zahlt mehr als jeder Zweite per Rechnung. In anderen Ländern ist die Quote deutlich niedriger, dort ist die Kreditkarte gebräuchlicher oder der Internetzahldienst PayPal.
»Bei der älteren Generation gibt es vor allem wegen der Bezahlsicherheit noch Hemmschwellen, überhaupt im Internet einzukaufen. Viele glauben, sie müssten ihre Kreditkartennummer im Internet hinterlegen«, sagt Kai Hudetz vom EHI Köln. Die Möglichkeit des Rechnungskaufs, der Sofortüberweisung oder von PayPal sei noch nicht überall bekannt.
Umgekehrt erwarten Experten, dass der E-Commerce einen weiteren Aufschwung nimmt, wenn zusätzliche Bezahlmöglichkeiten den Einkauf noch einfacher machen. Vor allem mobile payment per Smartphone oder Tablet-Computer verspricht großes Potenzial. Der Nutzer hat dann seine virtuelle Geldbörse praktisch immer dabei, falls er sein Smartphone nicht zu Hause hat liegen lassen, und muss ans Begleichen der Rechnung keinen Gedanken mehr verschwenden.
Mensch und Maschine
Handel ist ein »peoples business, heißt es – und das gilt auch für Onlinehandel, obwohl der Kunde beim Einkaufen ja gar keinen Menschen sieht. Denn Menschen prägen nun mal Unternehmen, egal auf welcher Hierarchieebene. Also muss man auch auf die Mitarbeiter und Chefs schauen, wenn man verstehen will, wie die Verkaufsmaschine Zalando funktioniert. Und sollte sich auch bei Konkurrenten und Geschäftspartnern über die Geschäftsführer und Manager erkundigen. Dazu zapft der Journalist üblicherweise zunächst sein bewährtes Netzwerk an, um die Erfahrungen und Einschätzungen dieser Gewährsleute zu erfahren. Ohne Zweifel sind deren Äußerungen immer individuell gefärbt. Jeder hat halt andere Erfahrungen oder Interessenlagen in Bezug auf die Person, für die sich der Frager interessiert. Oft bekommt man als Journalist dann Aussagen »unter drei«, was bedeutet: Bitte auf keinen Fall mit meinem Namen als Quelle in Verbindung bringen. »Sonst sage ich Ihnen nie wieder etwas.«
Wenn es um die drei Zalando-Geschäftsführer oder gar die Samwer-Brüder geht, kehrt sich dieses Verfahren auf ungewohnte Weise bisweilen um: Plötzlich wird der Frager zum Gefragten: »Die kenne ich gar nicht. Aber Sie haben doch schon mal mit denen gesprochen. Wie sind die denn so?« Das bekommt man oft zu hören. Erstaunlich oft.
Selbst die Chefs großer Modemarken müssen passen, weil sie bestenfalls einen der Geschäftsführer oder der Samwers mal irgendwo kurz getroffen haben. Aber mehr nicht. Und das ist ziemlich ungewöhnlich in der Konsumbranche. Denn zumeist treffen sich die Großkopferten der Branche
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