Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Strümpfe und die Maschen begannen zu laufen. Scheissjob, dachte sie für eine Sekunde, Scheissjob.
„Herr Beniak, können Sie mir sagen, wer der Mann ist?“ Sie verstand nicht, was er in seine Hände murmelte und wiederholte ihre Frage. „Wissen Sie, wer er ist?“
Da hob Paul Beniak seinen Kopf, holte tief Luft und brüllte wie ein verletztes Raubtier durch die gekachelte Praxis, so dass es allen kalt den Rücken hinunter lief. „Natürlich weiss ich, wer er ist! Es ist Guido Bär, verdammt nochmal!“ Er rappelte sich mühsam vom Boden auf. „Und jetzt hauen Sie alle ab und lassen mich in Ruhe! Suchen Sie den Mörder!“ Angela wollte ihn stützen, aber er stiess sie mit Gewalt weg, so dass sie beinahe hingefallen wäre. Sofort sprang Peter Pfister herbei und wollte ihm die Arme auf den Rücken drehen, aber mit der wütenden Kraft seines Gegners hatte er nicht gerechnet. Beniak schüttelte ihn ab und begann ihn mit Schlägen und Fusstritten zu traktieren; er tobte wie ein Berserker. Nick Baumgarten und die Streifenpolizisten griffen ein, und zu viert gelang es ihnen, Beniak zu Boden zu zwingen und ihm Handschellen anzulegen.
„Mitnehmen“, bellte Pfister, „erkennungsdienstlich behandeln und ab in die Zelle mit ihm. Tätlicher Angriff gegen die Staatsgewalt.“
„Halt, nicht so schnell, Peter.“ Nick schüttelte den Kopf. „Er steht unter Schock, und er ist nicht nüchtern. Ich glaube, wir sollten ihn in sein eigenes Bett bringen statt ins Gefängnis.“
„Bist du wahnsinnig, Chef? Der haut doch ab, sobald er wieder einigermassen gerade laufen kann!“ Peter war empört; er war seit Jahren nicht mehr mit solcher Gewalt angegriffen worden und nahm die Konfrontation offensichtlich persönlich. „Er kann doch nicht einfach so dreinschlagen und meinen, es passiere ihm nichts, verdammt!“
„Ende der Diskussion, Pfister! Du müsstest eigentlich wissen, wie unterschiedlich die Leute in diesen Situationen reagieren. Ich entscheide, dass er hier bleibt, und ich übernehme die Verantwortung. Vielleicht kann ihm der Arzt etwas zur Beruhigung geben, sobald er kommt. Ruf an und sieh, wo er steckt.“ Nick schloss einen Moment die Augen und versuchte den Ärger über seinen Mitarbeiter hinunterzuschlucken. Er musste sich auf die Gegenwart konzentrieren und so rasch wie möglich herausfinden, was hier passiert war, wenn möglich bevor Beniak einschlief. Aber auch ihm gelang es nicht, den Tierarzt zu einer Aussage zu bewegen. Er schlug zwar nicht mehr um sich, aber er schüttelte nur den Kopf, wenn Nick eine Frage stellte. Nach einer halben Stunde schliesslich gab er auf und brachte Beniak mit Hilfe des Arztes ins Schlafzimmer im oberen Stock. Eine Beruhigungsspritze war nicht mehr nötig; Beniak war zusammengesunken wie ein luftloser Kinderballon und leistete keinen Widerstand mehr.
Nick Baumgarten ging zurück in die Praxis. Es würde wohl eine lange Nacht werden, und das ersehnte Wochenende mit Marina war in weite Ferne gerückt.
2 Samstag
„Der Schriftsteller?“ fragte Marina. Es war irgendwann zwischen fünf und sechs Uhr am Samstagmorgen; die Kaffeemaschine in Nick Baumgartens Küche arbeitete auf Hochtouren. Der Hausherr kam aus dem Badezimmer und rieb sich die schon ziemlich lichten Haare trocken. Er hatte nicht geschlafen, sondern war nur für eine Dusche, ein frisches Hemd und einen Kaffee nach Hause gekommen – und um Marina schonend beizubringen, dass sich die Pläne fürs Weekend zwangsweise geändert hatten. Die Ankündigung hatte sie problemlos weggesteckt; er staunte immer wieder, wie sie sich von seinen unvorhersehbaren Abwesenheiten kaum aus dem Konzept bringen liess. Es hatte wohl damit zu tun, dass sie nicht zu den Frauen gehörte, die ihr Glück von einem Partner oder von anderen Menschen abhängig machten; sie wusste etwas anzufangen mit ihrer Zeit.
„Ja, genau, der Schriftsteller. Kennst du ihn?“ Eine Frage, die man Marina immer stellen musste, denn sie kannte im Aargau vermutlich mehr Leute als Nicks ganzes Team zusammen.
„Nicht persönlich, aber ich habe einen oder zwei Romane von ihm gelesen, und letztes Jahr im Herbst war ich mit Maggie an einer Lesung. Mir gefällt sein Stil, und er kann wunderbar erzählen. Was ist denn passiert?“
„Wir wissen es noch nicht genau, aber es könnte etwas zu tun haben mit Narkosegas. Er ist in der Tierarztpraxis seines Lebenspartners gestorben, in dem Haus, in dem sie beide wohnten.“
„Oh, der arme Pavel.“
„Pavel?“ Nick
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