Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Ich muss Nick unbedingt noch heute sagen, dass wir ein Paar sind, sonst haben wir ganz schnell ein Problem.
Um halb acht Uhr sassen sie alle am Konferenztisch im Teambüro: Gody Kyburz, Chef der Kriminalpolizei und Nick Baumgartens direkter Vorgesetzter; Urs Meierhans, Mitarbeiter der Kriminaltechnik, sowie Angela Kaufmann, Peter Pfister und Nick Baumgarten, der die Sitzung leitete. Er hatte persönlich alle Teilnehmenden mit Kaffee versorgt; in der Mitte des Tisches lag ein aufgerissener Papiersack mit herrlich duftenden Croissants. Nick glaubte fest daran, dass solche kleinen Aufmerksamkeiten zur Effektivität der Gruppe beitrugen. Vor ein paar Jahren hatte er sogar eine italienische Espressomaschine gestiftet, und seither brachten die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen gerne persönlich ihre Unterlagen vorbei statt sie mit der internen Post zu schicken.
Die Pinnwände rundherum waren von Angela vorbereitet und beschriftet worden; sie war der Star in Sachen Visualisierung und schaffte es immer wieder, die Ermittlungen durch geschicktes Zeichnen von Querverbindungen auf eine neue Spur zu führen. Vorläufig hatte sie aber nur ein paar wenige Fotos des Tatorts aufgehängt.
„Gut, dann lasst uns sammeln, was wir haben. Peter, wie ist das Ganze abgelaufen?“
„Gestern Abend, zwei Minuten nach 23 Uhr, ging der Notruf von Paul Beniak ein. Die Polizei war innerhalb von fünf Minuten dort, der Rettungswagen etwas später. Beniak sagte, er habe Guido Bär gefunden, als er von einem Einsatz im Stall eines Villnacher Bauern zurückkam. Die Sanitäter sagen, er habe versucht, das Opfer mit Sauerstoff wiederzubeleben; er sei daneben gekniet und habe dem Opfer eine Maske ans Gesicht gehalten. Allerdings sei nichts mehr zu machen gewesen, Guido Bär war tot. Der Arzt sagte, er sei vor maximal zwei Stunden gestorben. Das bringt mich zur Schlussfolgerung, dass Beniak ihn nicht wiederbelebt, sondern selbst ...“
Nick unterbrach. „Keine Schlussfolgerungen an diesem Punkt, zuerst brauchen wir die Fakten.“
„Wie du meinst, Chef. Beniak roch jedenfalls nach Schnaps und Zigarren, und er wollte nichts mehr sagen, nur noch dreinschlagen. Er ist auf mich losgegangen, und er ist wirklich verdammt stark, das kann ich euch sagen. Ich hätte ihn sofort mitgenommen und eingelocht, aber du warst ja dagegen. Jedenfalls begann dann die Kriminaltechnik mit ihrer Arbeit, und ich legte mich ein paar Stunden aufs Ohr. Fertig.“
„Danke, Peter. Angela, was hast du?“
Sie hatte alle wichtigen Informationen von Peter auf der Wand notiert und ergänzte jetzt. „Guido Bär, geboren 1951, Schriftsteller, lebte seit zwölf Jahren mit Paul Beniak zusammen, in registrierter Partnerschaft seit 2007. Bär ist niemals polizeilich registriert worden, Beniak schon, und zwar wegen Schlägereien. Das letzte Mal war allerdings vor mehr als zehn Jahren, seither ist er nicht mehr aufgefallen. Die zwei wohnen und arbeiten in dem Bauernhaus zwischen Villnachern und Umiken; soviel ich herausgefunden habe, gehört das Haus Paul Beniak. Finanzielle Recherchen konnte ich über Nacht noch keine machen.“
„Gut. Urs, was hat die Kriminaltechnik herausgefunden?“
Meierhans stand auf und heftete ein weiteres Foto des Tatorts an die Wand. „Hier sehen wir die zwei Gaszylinder, die am Boden neben dem Opfer lagen. Der eine enthält Sauerstoff, der andere Isofluran, ein Narkosegas. In einer Tierarztpraxis wird je nach Art und Gewicht des Patienten eine bestimmte Mischung gebraucht, um die Tiere zu betäuben. Das Gas wird meistens durch einen Intubationsschlauch verabreicht, aber für das Narkotisieren von Meerschweinchen, Vögeln und anderen kleinen Tieren braucht man eine Atemmaske. Und jetzt kommts, liebe Kollegen: die Maske, die der Tote auf dem Gesicht hatte, ist ein Modell für Menschen, nicht für Tiere.“ Urs Meierhans schaute in die Runde, um die Reaktion des Teams abzuschätzen. „Das wäre also eine erste Ungereimtheit. Wir haben zwei Sets von Fingerabdrücken auf der Maske gefunden; einmal die von Beniak, die durch den angeblichen Wiederbelebungsversuch erklärt werden können, und dann noch die von Bär, dem Opfer. Vielleicht hat er sich gewehrt, das wäre eine Erklärung. Es gibt in der Praxis weitere Spuren wie Textilfasern, Haare und Teilabdrücke von Schuhen. Wir haben sie alle gesammelt, aber für die Auswertung brauchen wir Zeit und vor allem Glück. Gründlich gereinigt wurde die Praxis nämlich gemäss Agenda am
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