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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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anzog, die bei Partys eine Schleife in ihrem Klein-Mädchen-Haar trug.
    Und jetzt, in London, stellte sich wieder die Frage: Was sollte ich schreiben?
    Ich gelangte an einen Punkt, an dem mir bewusst wurde, dass mein frühes Leben außerordentlich gewesen war und den Stoff für einen Roman abgeben würde. Wie außerordentlich es war, begriff ich erst, als ich das südliche Afrika verlassen hatte und nach London gekommen war.
Martha Quest
, mein drittes Buch, war mehr oder weniger autobiografisch, obwohl es erst beginnt, als Martha vierzehn und ihre Kindheit vorüber ist. Erste Romane, besonders die von Frauen, sind oft Versuche der Selbstvergewisserung, ungeachtet ihrer literarischen Qualität. Obwohl ich meine Jugendjahre mit jedem neuen Menschen, den ich kennenlernte, deutlicher vor mir sah, war ich verwirrt, denn eine beiläufige Bemerkung konnte Dinge infrage stellen, die ich jahrelang als gegeben hingenommen hatte. Obwohl ich sicherlich, amerikanisch gesprochen, »wusste, wer ich war«, hatte ich keine Ahnung, wie ich mich als soziales Wesen definieren sollte. In Klammern – und das muss sein, weil wir hier an einen ganzen Horizont von Fragen rühren –, dieses Geschäft des »Herausfindens, wer ich bin« (und das war damals eine wirklich amerikanische Angelegenheit) hat mir immer zu schaffen gemacht. Was meinen die Amerikaner damit? Zweifellos können sie doch nicht ohne ein gewisses Selbstwertgefühl existieren? Ein Gefühl des »Hier bin ich, hier drinnen«? Wie kann man ohne das Bewusstsein leben, ein inneres Gefühl für das zu haben, was man ist?
    Was ich nicht wusste, war, wie ich mich selbst zu definieren, mich in einem sozialen Kontext zu sehen hatte. Oh ja, das sagt sich leicht dahin, ich war ein Kind am Ende des Raj – aber dieser Ausdruck war damals noch nicht gebräuchlich. Dann eben am Ende des Britischen Empire. Ja, ich gehörte zu der Generation, die über das Schicksal ihrer Eltern inmitten der Folgen des Ersten Weltkriegs groß geworden und dann ebenso stark vom Zweiten Weltkrieg geformt worden war. Aber da war eine Lücke, etwas fehlte, war verschwommen – und das hatte mit meinen Eltern zu tun und besonders mit meiner Mutter. Ich hatte sie ständig und auf unerbittliche Weise bekämpft, und das hatte ich tun müssen – aber um was war es bei alledem gegangen? Warum hatte ich es getan? Und – wieder in Klammern – ich war nicht in der Lage, diese Frage vollständig zu beantworten, bis ich in den Siebzigern war, und auch da vielleicht nicht endgültig.
    Ich fing an,
Martha Quest
zu schreiben, während ich noch in der Denbigh Road wohnte, und ich kam gut voran, aber ich musste immer wieder unterbrechen, ich musste aus diesem Haus, aus dieser Straße heraus – die jetzt schon seit geraumer Zeit eine gefragte Gegend ist. Manchmal gehe oder fahre ich durch sie und sehe diese ansehnlichen und höchst reizend anzuschauenden Residenzen, und dann denke ich, ich wüsste gern, was ihr Leute sagen würdet, wenn ihr sehen könntet, wie diese Häuser einmal ausgesehen haben – und wie lieblos sie im Laufe der Beseitigung der Kriegsschäden »instand gesetzt« wurden.
    Das Problem war, dass der kleine Junge, Peter, hier glücklich war, und ich wusste, dass ich nichts finden würde, das auch nur annähernd so gut war. Das heißt, für
ihn.
    Durch Zufall besuchte ich eine Abendparty in der Wohnung des Bruders eines Farmers in Südrhodesien, der ein Musterexemplar weißer Angepasstheit war. Aber sein Bruder war ein Linker und prosowjetisch; das war damals an der Tagesordnung. Er hatte eine ältliche Freundin, die einst sehr schön gewesen war, wie die Fotos bewiesen, die überall herumstanden, und die er »Baby« nannte. Baby mit ihren großen, dunklen Augen in ihrem geschminkten, hübschen alten Gesicht und ihren kleinen Rüschen und Schleifen beherrschte die Szene, aber da gab es noch einen anderen Brennpunkt, der die Aufmerksamkeit auf sich zog, eine lebensprühende, dunkeläugige, dunkelhaarige, untersetzte junge Frau, die ich anfangs für eine Französin hielt. Sie trug einen engen schwarzen Rock, eine weiße Bluse und eine kesse schwarze Baskenmütze. Wir unterhielten uns; sie erfuhr, wie ich lebte, und reagierte sofort sympathisch praktisch. Sie war einst selbst eine junge Frau mit einem kleinen Kind in einem Wohn- und Schlafzimmer in New York gewesen und von einer Freundin mit dem Angebot, eine Wohnung in deren Haus zu nehmen, gerettet worden. »So können Sie nicht leben«, hatte sie

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