Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
uns etwas einfallen lassen."
Schröder packte Ricardos Arm. "Kann ich dem Kapitän vertrauen?"
Ricardo löste sich aus seinem Griff und sagte ruhig: "Ich würde mein Leben für ihn geben, und er seines für mich. Ich habe ihn als Kind einmal gerettet, als er mit einem Felsblock an der Steilküste fast abgestürzt wäre. Er schuldet mir was."
"Gut. Ich vertraue dir. Außerdem … habe ich keine andere Wahl. Was ist danach?"
"Er bringt dich in Milazzo an Land. Von dort aus musst du in jedem Fall irgendwie nach Messina. Dort kennen wir jemand, der dir weiterhilft. Unser Freund wird dich mit seinem Fischerboot aufs Festland übersetzen. Eine öffentliche Fähre wäre zu gefährlich. Auf einem Schiff gäbe es genügend Möglichkeiten, dich verschwinden zu lassen, sollten sie dich dort finden. Und danach, mein Freund, danach können wir nur noch für dich beten."
"Wie … ich meine, wie kann ich euch allen bloß trauen, warum tut ihr das für mich?"
"Hör zu. Das Leben hier bei uns ist nicht einfach. Früher gab es eine Organisation, die den Menschen geholfen hat in ihrer Not. Mittlerweile ist sie verkommen zu einem Haufen übler und skrupelloser Verbrecher. Es gibt aber ein Netz von anderen, Mutigen. Die tun dagegen, was sie können. Wir sind ein Teil von diesem Netz. Und wir fragen nicht danach, warum. Wir machen das einfach, weil wir frei sein wollen."
Schröder verstand und nickte. Ricardo ging voran. Er bewegte sich auf ein Haus am Hafen zu, ging vorsichtig um das Gebäude herum, nahm Schröder beim Arm und zerrte ihn in den kleinen Hof. Ein alter Mann stand auf der Straße und starrte die beiden an. Schröder war verunsichert.
"Wer ist der Mann dort?"
Ricardo wandte sich um. "Er wohnt in der Nähe. Mach dir keine Sorgen!"
"Meinst du, er könnte etwas verraten, ich meine, dass ich hier bin?"
"Nein", sagte Ricardo und zischte kurz, "ganz sicher nicht! Der Alte ist schweigsam wie ein Grab, verlass dich drauf!" Schröder nahm einen seltsamen Unterton in Ricardos Stimme wahr.
Durch eine kleine Tür betraten sie den Innenraum. An einem einfachen Holztisch saß eine junge Frau und putzte Gemüse. Sie sah Ricardo lächelnd an, wusch sich die Hände an einem Tuch und stand auf. "Ricardo, was machst du hier?"
Ricardo ging auf sie zu. Dann umarmten sie sich. Er küsste die Frau auf beide Wangen und unterhielt sich intensiv mit ihr. Er schien ihr zu erklären, woher Schröder und er sich kannten.
"Maria, ich habe einen Freund mitgebracht", sagte er auf Deutsch und sah Schröder dabei an.
Sie fixierte Schröder besorgt. Dann nickte sie ein paar Mal mit ihrem Kopf. Sie bot Schröder einen Sessel an, in den er sich dankend fallen ließ.
Maria hatte ein weiches Gesicht, aus dem ihn zwei kastanienbraune Augen ansahen. Ihr schwarzes Haar hing bis auf die Schultern. Sie trug ein blaues Kleid, das eng an ihrem Körper anlag. Sie war eine Frau, die sich nicht bemühen musste, gut auszusehen.
"Wir können erst einmal hier bleiben. Ich habe Maria erzählt, dass du verfolgt wirst. Sie hilft uns, bis das Tragflächenboot hier ist. Sie sagt, mein Cousin fährt heute das zweite Boot. Wir haben also noch Zeit. Bleib hier, du hast hier nichts zu befürchten. Ich werde mich draußen umsehen und die Augen offen halten." Er drehte sich zu Maria. "Übrigens: Maria war auch lange Zeit in Deutschland."
Ricardo verließ das Haus. Schröder starrte ihm hinterher. Nach kurzer Zeit wendete er seinen Kopf zu der jungen Frau, die ihn ernst ansah. Sie tauschten scheue Blicke und begannen zu reden.
"Wie ist das alles passiert?" Der Klang ihrer Stimme legte sich um ihn wie ein warmer Umhang. Schon nach diesen ersten Worten fasste Schröder Vertrauen zu ihr. Er erzählte ihr, was er wusste. Ihr klarer Blick vermittelte Verständnis. Maria rückte näher. Bald redeten sie wie alte Freunde.
"Seit wann kennst du Ricardo?", fragte Schröder schließlich.
"Seit meiner frühesten Kindheit", lachte sie.
"Und woher?" Schröders Neugier wuchs. Diese Frau machte ihn verlegen.
"Wir sind zusammen aufgewachsen", sagte sie schließlich.
"Seid ihr ... befreundet?", fragte er unsicher.
"Ja, sehr." Sie lachte. Es machte ihr Spaß, Schröder im Unklaren zu lassen. Eigentlich ging es ihn nichts an, wie Ricardo zu ihr stand. Sie sprach ruhig und souverän. Er suchte ihre Augen, und sie sprachen weiter. Irgendwann berührte sie zart seine Hand. Für eine Weile schienen ihre Blicke miteinander zu verschmelzen.
Ihre dunklen Augen trafen ihn mit dem Schein
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