Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
spiegelte sich im Wasser. Jede kleine Wellenbewegung ließ das Spiegelbild zerfließen.
Schließlich konnten Giovanna und Giaco den Hafen von San Vincenzo sehen. Giovanna hielt sich krampfhaft an den Planken fest. Giaco legte das Boot gleich am Anfang des Strandes an. Sie gingen die kleine Hafenpromenade entlang bis zu einer Bar, von deren Terrasse sie alles überblicken konnten. Giovanna ließ sich nieder und bestellte Espresso. Giaco schritt weiter den kleinen Hafen ab, um Schröder irgendwo unter den wenigen Leuten zu finden, die sich draußen aufhielten. Er kehrte zurück, setzte sich neben Giovanna und bestellte sich ebenfalls einen Kaffee. Wortlos starrten sie hinunter zum Anlegeplatz.
"Wann kommt die erste Fähre?", fragte Giaco den Kellner.
"In einer Stunde, Signore."
*
Schröder war in Marias Armen eingeschlafen. Durch ihre Liebkosungen war er in eine Wolke von Wohlgefühl geglitten und hatte sich in seine brennende Müdigkeit hineinfallen lassen.
Sie saß am Tisch und streichelte behutsam seinen Kopf, als Ricardo eintrat. "Ich sehe, er schläft!", sagte er streng. In seinem Blick lag Sorge.
"Ja!", hauchte sie.
"Was hast du getan?", fragte er ärgerlich.
"Nichts, was ich bereuen würde!", sagte sie bestimmt. "Er hat mich etwas spüren lassen, was ich so warm noch nie gefühlt habe." Ricardos Züge hellten sich auf.
"Was ist, wenn dein Mann das erfährt; hast du keine Angst?"
"Die hatte ich einmal. Mittlerweile habe ich mich schon daran gewöhnt. Ob ich hier sitze oder ob ich etwas anders mache, er ist und bleibt ein brutales Schwein!"
Ricardo nahm neben Maria Platz und nahm sie in den Arm. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und schluchzte leise. Schröder wachte auf. Sie hatte sich von Ricardo gelöst und wandte sich ab, um Schröder ihre wässerigen Augen nicht zu zeigen.
"Es wird Zeit!", sagte Ricardo. "Verabschiedet Euch. In fünf Minuten komme ich wieder. Wir werden dich in eine Kiste packen. Die zwei geistern draußen am Hafen herum und suchen dich!"
Ricardo verließ das Haus und warf Maria einen strengen Blick zu. Schröder nahm Marias Hand und sagte zu ihr: "Du bist eine wunderbare Frau!"
Traurig blickte sie in seine Augen, "... und ich bin verheiratet." Sie hob ihre Schultern und schwieg. Schröder nickte, ihm war klar, dass er auf Sizilien war, dass hier die Normen vollkommen anders waren als zuhause.
"Mein Mann ist im Moment auf dem Festland. Sieh her!"
Sie zog Ihren Rock hoch und zeigte Schröder ihre Oberschenkel.
"Mein Gott!", sagte er leise. Er sah auf zwei blau geprügelte Beine. Er streichelte ihr Gesicht und spürte die tiefe Zuneigung zu ihr.
"Wir werden uns vielleicht niemals wiedersehen." Ihre Stimme klang schwer.
Schröder drückte sie zart an seinen Oberkörper. Sie legte den Kopf zurück, schloss ihre Augen und atmete tief durch, während Schröder sanft über ihr Haar strich und ihre Wange küsste. Ihr Körper bebte. Endlich, dachte sie, endlich spürte sie die Energie, von der sie gewusst hatte, dass es sie irgendwo gab, die sie aber nie durchflossen hatte. Sie tankte Kraft aus diesen Augenblicken. Und von dieser Kraft, so wusste sie, würde sie lange zehren müssen.
"Es wird Zeit für uns, mein Freund", flüsterte Ricardo, der leise eingetreten war. Er drehte sich zum Eingang hin und winkte zwei Helfer herbei, die eine große Holzkiste in das Haus trugen.
"Für dich!" Ricardo deutete auf die Kiste und sah Schröder reglos ins Gesicht.
"Sieht aus wie eine Sarg", meinte Schröder.
"Ist auch einer. Eine einfache Holzkiste. Darin hat man früher die Armen beerdigt. Der alte Mann, den du heute Morgen gesehen hast, hatte ihn noch im Keller. Er hatte ihn eigentlich für sich vorgesehen. Aber er hat länger überlebt als er dachte."
Schröder verstand nicht, was er sagen wollte. Er fand es aber jetzt nicht unbedingt wichtig.
"Was anderes haben wir nicht gefunden. Ist aber eine gute Tarnung. Tote werden ab und zu mit einem Tragflügelboot nach Sizilien gebracht." Schröder erhob sich und küsste Marias Hand. Ricardo öffnete den Deckel. Schröder versank in dem Verschlag des Sargs wie in einer Gruft.
"Leb wohl", sagte Maria traurig. Ihr Blick ließ Schröder ein letztes Mal einen Schauer bis in die Magengrube spüren.
"Nein, auf Wiedersehen, Maria!", sagte er und legte sich flach in die Holzkiste. Der Deckel wurde über ihm verschlossen. Dann trug man ihn hinaus. Sein Herz schlug laut und stark. Er wusste nicht, ob es vom letzten Anblick Marias oder vor Angst
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