Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
dafür nur bestätigen, dass ich ihm Unrecht getan habe. Genügt Ihnen das?"
Vennmeier sah sie starr an. Dann löste er seinen Blick. "Das genügt!" Er hob sein Glas, blickte in ihre Augen und wartete, bis sie das Gleiche tat, und sagte: "Auf die Wahrheit!"
*
Dreher hielt ein Bier in der Hand, eines jener typischen Pilsener, die mit einer siebenminütig gefestigten Schaumkrone verziert waren. Feldwebel nannten die Aachener diesen weißen Turm aus Luft und Bierbläschen.
Das Einhorn war eine schmale Kneipe, in der alles nur Mögliche mit glänzendem Kupfer beschlagen war. Dreher hatte sich manchmal im Stillen gefragt, ob die Kellnerin mit dem kupferfarbenen Gesicht hinter der kupfernen Theke unter all den Kupfertöpfen an der Wand ihre steifen Körbchen ebenfalls aus Kupfer hatte hämmern lassen.
Man konnte das Einhorn sehen, wie man wollte. Aber wer hier bekannt war, der erfuhr alles, was in Umlauf war. Es waren stets Geheimnisse, selbstverständlich war man jeweils der einzige, der sie erfuhr, bevor sie dem Nächsten ans Ohr getragen wurden. Dreher ging hierher um Neuigkeiten zu erfahren und um Gerüchte in die Welt zu setzen.
"Prost!"
Er hob sein Glas, das nach seinem Geschmack viel zu klein, in dieser Gegend Deutschlands aber die normale Maßeinheit für ein Bier war. Die Runde Bier, die er auf seinen Deckel genommen hatte, war willkommen. Er wusste, dass sie die Zungen der Mitzecher lockern würde.
Neben ihm stand Graeter, ein stadtbekannter Geschäftsmann mit guten Verbindungen nach Holland und Belgien. "Prost Dreher. Wie geht es Ihnen denn?", fragte er.
"Danke der Nachfrage. Besser könnte es nicht sein."
Dieser Spruch kam immer gut an. Das Stammtischgeschwätz nahm seinen Lauf. Man schimpfte über die Penner, die in der Stadt bettelnd herumlungerten und das Stadtbild kränkten, über die gestiegenen Bierpreise und über Frauen in der Politik. Dreher hörte sich alles geduldig an. Er ertrug alles gelassen, und deshalb bestellte er noch eine Runde Bier.
"Was machen eigentlich all die Geschäftsleute, die in den neuen Bundesländern investiert haben. Was für Schweißausbrüche müssen sie ständig haben!", bemerkte Sievens, ein Gärtner, der es durch den Verkauf von Friedhofskränzen, Totengestecken und später auch Särgen am größten Friedhof der Stadt zu erheblichem Wohlstand gebracht hatte. Böse Zungen behaupteten, sein Geld würde nach Verwesung stinken.
"Sievens, du musst dich doch eigentlich freuen, in harten Krisenzeiten müsste doch dein Geschäft besser blühen, als du es dir erträumen kannst", lästerte eine scharfe Stimme und erntete allgemeines Gelächter.
"Ich gehe demnächst auch in den Osten, und dann kassiere ich jede Menge Gefahrenzulage", scherzte Eddi, von dem jeder wusste, dass er beim Arbeitsamt beschäftigt war.
Dreher glaubte, jetzt den richtigen Zeitpunkt erwischt zu haben.
"Aachener Großfirmen sollen ja auch dabei sein, ich meine im Geschäft mit dem Osten."
"Ja, jede Firma, die klug ist, streckt die Fühler aus. Die sind schließlich nicht blöde", antwortete Graeter. "Ist ja grad erst drei Jahre her mit dem Mauerfall. Da ist sicher noch was zu holen."
"Ich hab gehört, dass diese italienische Kühlaggregate-Firma aus Aachen, ICCO heißt die glaube ich, auch Land im Osten gekauft haben soll. Arbeitet Ihr Schwager nicht in deren Verwaltung?"
Graeter nickte bejahend. In der Geschäftswelt kannte er sich aus, und wenn er nickte, so hatte das sicherlich Hand und Fuß. "Ja, das stimmt. Er hat mir so einiges erzählt, warum sie im Osten investieren." Graeter kostete die Sekunden aus, bis Dreher nachhaken würde.
Dreher spielte perfekt den Unwissenden: "Wieso, hat das einen besonderen Grund?"
"Das Problem der ICCO war immer schon die Qualität der Konkurrenz. Aber mit ihrer blendenden Idee vor ungefähr zehn Jahren waren sie so gut wie aus dem Schneider. In letzter Zeit jedoch hat man ihnen da einen Strich durch die Rechnung gemacht, vermute ich", betonte Graeter mit dem Blick eines Experten, aber schon leicht lallend.
Er kam etwas näher und wurde leiser, um dem Kommenden mehr Dramatik zu verleihen. Er setzte den linken Ellbogen auf die Theke, wobei er die dazugehörige Hand in halboffener Haltung langsam hin– und herdrehte und seinem Mund einen verbissenen Ausdruck verlieh. "Heute kriegt man ernsthafte Schwierigkeiten, wenn Müll gar nicht mehr in den Büchern auftaucht. Früher hat kein Hahn danach gekräht."
"Wieso Müll? Das verstehe ich nicht", log Dreher und
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