SchrottT (German Edition)
seinen Leib bearbeiten. Da sind sie, diese unbesiegbaren Herrenmenschen, von denen Hitler geträumt hat. Länglich hat sie gefunden, und ihm ist die Hautfarbe egal. Sehr pragmatisch. Teuflisch. Mörderisch. Wenn der Böse keine Fehler macht, ist er unbezwingbar. Und Fehler macht er nur in Filmen. Sonst gäbe es kein Happy End.
Wieder ein Schuss. Blondy verstummt. Ist sie … Colin kriegt keine Luft mehr. Ihm wird schwarz vor Augen. Er will sich losreißen, dann hört er einen Schrei. Einen Triumphschrei. Blondy. Der Kerl, der sie erwischt hatte, krümmt sich. Manchmal haben die Frauen die besseren Waffen, denkt Colin. Emanzipation ist bidirektional, warum sollte das Frauen vorbehalten sein? Colins Hände haben keinen großen Aktionsradius. Aber dorthin reichen sie. Er greift seinem Nigerianer in den Schritt, packt zu. Kräftig. Noch kräftiger. Er gibt alles, was er hat, quetscht die Hoden zu Brei. Der Mann schüttelt sich, keucht, wimmert, dann muss er loslassen.
Colin ist für einen Moment frei. Wieder fallen Schüsse. Er lässt sich fallen. Orientiert sich. Weiter vorn versucht Tier, einen Nigerianer mit einem Kabeldurcheinaner zu fesseln. Wie eine Spinne.
Dann ein neuer Schrei. »Feuer einstellen!« Eine Frau. Diese Stimme …
Colin fährt herum, seine Augen suchen …
»Bundespolizei, Sie sind alle vorläufig festgenommen!« Mitten auf der Bühne, voll von der Kamera erfasst, steht, in Designerdress, hohen Schuhen, schutzsicherer Weste und Maschinenpistole im Anschlag, eine Frau, die Colin lieber nie kennengelernt hätte.
»Wir verfahren nach Prozess 14 Strich 5«, verkündet Verena, und dann, leiser: »Guten Tag, Herr Weinland. Es freut mich, dass Sie noch leben.«
»Storno bitte«, krächzt Colin. »Shit!«
Die Nigerianer lassen die Waffen sinken, durch den Zuschauerraum drängen noch mehr Bundespolizisten ins Studio, fuchteln mit Schießprügeln und sehen alles in allem wie die Rettung in letzter Sekunde aus.
»Das bringt mir eine hübsche Sonderprämie ein«, freut sich Verena und streicht sich durchs Haar.
»Colin!«
Er rappelt sich hoch, sieht das Gesicht seiner Mutter, er umarmt sie, und er hat den Verdacht, dass er weint.
Als draußen die Kleintransporter vom Roten Kreuz und die gepanzerten Mannschaftswagen der Bundespolizei abfahren, geht gerade die Sonne unter. Offenbar hat sie genug von der ganzen Angelegenheit.
Colin spürt Blondys Hand an seinem Arm.
»Sie wissen noch nicht, ob Spanisch durchkommt«, flüstert sie.
Colin nickt. Beißt sich auf die Lippen. »Ich könnte kotzen.«
»Meine Süße auch«, sagt Tier. »Keine Ahnung, ob ich sie reparieren kann.«
»Meine Fender hat zwei Einschusslöcher«, ergänzt James. Es klingt ein bisschen stolz.
Vom Seiteneingang des Studios aus kommen Verena und Colins Mutter.
»Alles in Ordnung?«, fragt Colin.
»Die Befragung ergab keinerlei Verdachtsmomente«, schnarrt die Polizistin.
»Und das haben Sie ohne experimentelle Drogen herausgefunden?«, sagt Colin verkniffen. »Ich bin wirklich beeindruckt.«
Verena hebt einen Zeigefinger. »Vorsicht, junger Mann! Nach Aktenlage sind Sie ein flüchtiger Zeuge, dessen Befragung noch nicht beendet ist.«
»Wir können unser Gespräch von vor ein paar Tagen gerne hier fortsetzen«, sagt Colin und zieht sich das verschwitzte T-Shirt ein Stück hoch. »Warten Sie, ich glaube hier und hier ist noch Platz für ein paar Narben.«
Alle schweigen betreten, bloß Verena nicht. »Es ist offensichtlich, dass die Sicherheitslage die getroffenen Maßnahmen erforderlich gemacht hat. Wir haben hier eine Verschwörung aufgedeckt, die …«
»Wir?« Colin macht einen Schritt vorwärts. » Wir? Ich sage Ihnen, wer hier irgendwas aufgedeckt hat! Diese Band hier war das, weil sie sich für Freiheit einsetzt und weil sie alles versucht hat, was sie konnte, komplett ohne Maschinenpistolen, Folter oder experimentelle Wahrheitsdrogen! Wir haben dem sauberen Signore Länglich das Handwerk gelegt, obwohl Sie mich tagelang in einer menschenunwürdigen Zelle festgehalten und befragt haben, nicht deswegen . Und auf eins können Sie sich verlassen …« Colin bohrt Verena den Zeigefinger in die schusssichere Weste. »Ich schreibe einen Song über Sie und Ihre fröhlichen Gesellen. Denn auch wenn uns eine Esoterik-Dikatur mit Mafia-SS und Nigeria-SA vorläufig erspart bleibt: Ihre Methoden sind auch nicht die richtigen.«
Verena entgegnet zunächst nichts. Dann huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. »Ohne mich
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