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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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muss es aber irgendwie gerochen haben, sonst hätte der Vatikan nicht auch für Thüringen geboten. Keiner weiß, wieso eigentlich. Vielleicht späte Genugtuung, wegen der Wartburg und so? Waren Sie mal in Thüringen? Nein? Ich schon, nach der Sache in Fraport …«
        
     

Fraport, Aftershow
     
    Colin stöhnte, als Blondy ihm an die Wäsche ging.
    »Lass das, ich hab Kopfschmerzen!«
    »Och, wie schade. Ich hätte dir jetzt so gerne …«
    »Jaaahaa«, unterbrach Colin, weil Blondy immer noch nicht von seiner Boxershorts abließ. »Ich hab immer Kopfweh nach einem Konzert.«
    »Dann hast du dir vielleicht den falschen Beruf ausgesucht, hm?« Blondy piekte Colin zielsicher in den Bauchnabel.
    Der Gemarterte klappte zusammen wie ein Schweizer Messer.
    »Mein Schädel ist eine Nummer zu klein«, brachte Colin heiser hervor, »und du bist sehr müde und möchtest schlafen.«
    Blondy schnaubte und sah sich im bescheidenen Zimmer des Husaren um. Leider war kein alternativer Gesprächs- oder Sexualpartner anwesend. Also machte sie sich wieder an Colin zu schaffen.
    »Lass meine Socken los!«
    »Stell dich nicht so an, ich will dich ausziehen, damit du besser schlafen kannst.«
    »Kann nicht schlafen. Nicht mit dickem Kopf.«
    »Willst du eine Tablette?«
    »Mag keine Chemie.«
    »Ich könnte ein homöopathisches Mittel besorgen. Das besteht nur aus Zucker.«
    »Und deshalb wirkt es nicht.«
    »Dir mangelt es an Glauben!«, versetzte Blondy und versuchte, Colins schlaffe Glieder zu entwirren, um ihm das übel riechende Hemd auszuziehen.
    »Ich glaube an das scheiß Leben«, nuschelte Colin und ließ sich auf den Rücken wälzen.
    »Das ist aus einem der Songs von heute Abend«, stellte Blondy fest und kicherte.
    »Was gibt’s da zu lachen?«
    »Totaler Schwachsinn, dieser Text: Ich glaub an das scheiß Leben, weil der Mond am Himmel klebt. Ist das von dir?«
    Langsam verlor Colin den Kampf gegen den Druck auf sein Hirn, der seine Geduld zu Brei quetschte. »Das ist total geistreich, steht in der Tradition des Crap Metal, und außerdem ist es gerade so lebensbejahend, dass die Girls auf mich stehen und die Kerle mich nicht für ne Schwuchtel halten.«
    »Es ist kein Crap, es ist Quatsch. Das Leben ist irrelevant.«
    »Irrelevant? – Es zieht. Gibt es hier keine Decke?« Colin fror wirklich, wie immer, wenn er Kopfschmerzen hatte. Im Moment hielt er sein Leben unter den gegebenen Umständen für unerträglich, und doch wollte er Blondy nicht zustimmen. »Irrelevant! Jetzt hör mir mal …«
    Blondy warf ihm die Bettdecke über den Kopf. »Nee. Jetzt hörst du mir mal zu.« Sie knöpfte ihre Bluse auf. »Es kommt alles nur drauf an, was das Leben erschaffen tut. Erschafft es nichts, ist es irrelevant.«
    »Studierst du Philosophie?«, fragte Colin, während er sich mit verkniffenem Gesicht unter der Decke hervorkämpfte. »Entschuldige, ich meinte natürlich: Läufst du den ganzen Tag ohne BH rum?« Die Schmerzen quetschten seine Augen zu Schlitzen, aber er sah noch genug.
    »Nein«, sagte Blondy und befreite sich von ihrem Slip. »An der Schule wäre das aufgefallen.«
    »Du gehst noch zur Schule?«
    Blondy boxte Colin in den Solarplexus, sodass der erneut zusammenklappte. »Weiß doch jeder. In Philosophie darf man praktisch nicht selber denken. Man muss bloß die ganzen Wichtigtuer zitieren können. Dabei sind die längst tot und haben keinen Schimmer, was hier läuft! Ich bin lieber Köchin geworden.«
    »Mach das Fenster zu und lass mich schlafen.«
    »Weißt du, was mir Augen und Türen geöffnet hat?«
    »Der Verzicht auf den BH«, vermutete Colin. »Ich schreib einen Song drüber. Morgen, okay?«
    »Nein. Rutsch rüber.« Blondy schlüpfte unter die Decke. Sie klatschte in die Hände, das Licht ging aus. Der Fernseher blieb an und zeigte schweigsam einen Bildschirmschoner mit rotierendem Fraport-Logo. »Meine Kunstgrippe.«
    »Bist du etwa krank?«
    »Vorher waren da nur die Kollegen. Ein paar Kerle wollten mich in ihre philosophische Selbsthilfegruppe lotsen. Vordergründig ging es um Kant. In Wirklichkeit wollten sie nen Gangbang. Aber dann die Kunstgrippe! Plötzlich hatte ich ne Menge Freunde. Die Leute im Wartezimmer, die Facebook-Gruppe, die Freaks bei der Selbsthilfe. Denen ging es um mich! Um mich , verstehst du? Nicht um meine Körperteile.« Sie schob Colin ihre eiskalten Zehen zwischen die Beine und ignorierte sein Stöhnen. »Gut, es ging ihnen auch um sich selbst. Weil ich wie sie war. Keine

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